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Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
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Kronen, aber nörgelt: »Ich weiß den eigentlichen Grund nicht, aber ich stelle sie mir immer nur als eine Säuferin vor.« Er irrt, denn Alkohol konnte sich Else einfach nicht leisten.
    In ihrem Buch Theben (das sie, wie alle ihre Bücher, selbst illustriert) bezeichnet sich Else erstmals als »Prinz Jussuf«. Vielleicht um klarzustellen: Für mich wie für ihn, den alttestamentarischen Josef, zählen Träume nicht weniger als Zahlen. Der Prinz erhebt seine Freunde in seinen Gedichten zu Mitbewohnern seiner »Residenz« Theben: Franz Marc ist »der blaue Reiter«, Karl Kraus »Dalai Lama«, Gottfried Benn »Giselheer, der Barbar«. Die Dichterin kleidet sich wie Jussuf – behängt mit auffallendem unechtem Schmuck – und wird wegen dieser Aufmachung mehrfach verhaftet. Ihre Parallelwelten beginnen zu verschmelzen. »Ich weiß nicht, dass mein Hände so verschiedene Dinge tragen, in der rechten halte ich Sonnenblumen, in der linken eine Peitsche.« Der Erste Weltkrieg reißt die Künstlerkreise auseinander und setzt auch dem Bohème-Leben ein Ende. Am 7. Juli 1921 erscheint in der Weltbühne eine gehässige Parodie über eine fiktive Begegnung zwischen Else Lasker-Schüler und Hedwig Courths-Mahler. Als Else mit einem verärgerten Leserbrief reagiert, löst sie eine Reaktion aus, die das »Hepp, Hepp«-Gebrüll ihrer Kindheit echot: »Wir wissen kaum, wer Lasker-Schüler ist, (aber) der wirkliche Deutsche sieht, wie die jüdische Saubande sogar mit seiner Sprache Schindluder treibt.« Gezeichnet: der bayerische Schriftsteller Ludwig Thoma. Noch kann sie nicht glauben, dass der Antisemitismus mörderische Ausmaße annehmen wird. Schließlich sind Juden wie Sigmund Freud, Albert Einstein, Alfred Döblin, Max Reinhardt oder Kurt Tucholsky aus dem deutschen Geistesleben nicht wegzudenken.
    Als ihr Sohn Paul an Tuberkulose erkrankt, holt sie ihn nach Berlin: »Ich klagte ihm: ›Wäre ich doch lieber eine einfache bürgerliche Muttermit Haus und Herd!‹ Dann sagte er jedes Mal dieselben zwei Worte: ›Nur nicht!‹« Paul stirbt, seine Mutter verliert den Halt: »Ich weine oft, bin so müde, ich bin ohne Strand, ich bin haltlos, verkommen in meinem Herzen – verwirrt, verdorben und lange schon gestorben.«
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    »Wär ich doch lieber eine bürgerliche Mutter mit Haus und Herd!«
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    1932 erhält sie noch den Kleist-Preis, aber der Völkische Beobachter empört sich: »Wir meinen, dass die rein hebräische Prosa der Else Lasker-Schüler uns Deutsche gar nichts angeht.« Elses Kunst gilt als »entartet«, sie selbst wird von den Nazis verprügelt.
    Wenige Wochen nach Hitlers Machtübernahme flieht sie in die Schweiz. »Ich hatte beide Hände halb erfroren und voll Rissen, da ich ja erste Tage am See unter einem Baum versteckt schlief.« Sechs Jahre bleibt sie. Sie findet Mäzene, im Dezember 1936 wird im Schauspielhaus Zürich Elses Stück Arthur Aronymus und seine Väter uraufgeführt.
    Das Thema: Dialog der Kulturen. Ein Rabbi und ein Kaplan diskutieren über Gott und Welt, wie einst Elses Großvater, der Oberrabbiner, und der Bischof von Paderborn. Klaus Mann notiert, nachdem er sie erlebte: »Spuren legitimen dichterischen Wahnsinns.« 1938 wird Else Lasker-Schüler die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Deutschfeindlich war sie nie – eine erklärte Nazi-Gegnerin hingegen schon. Else klagt: »Ich habe keine Ruhe, immer unstet, kein Zuhaus. Ich wollte, ich wäre jemand sein Kind. Und es ging jemand mit mir in alle Spielläden und kaufte mir Schaukelpferde, kleine Bären, Schachteln voll Häuschen und Bäumchen ...« Jetzt träumt sie davon, ihre »geistige Heimat, das Land des Prinzen Jussuf«, kennenzulernen: Palästina.
    Mitte 1939 reist die 70-Jährige nach Jerusalem, der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verhindert die vorgesehene Rückkehr. »Auch war ich eigentlich nicht verreist, aber immer unterwegs.« Arm wie stets, besitzt sie dennoch genügend Lebensenergie, um Lesungen zu halten, und veröffentlicht 1943 ihren letzten Lyrikband Mein blaues Klavier . Aber Else fehlen die Freunde, die Sicherheit der Muttersprache. Prinz von Theben bleibt ein Fremder. »Ich bin verzweifelt in der Einsamkeit.« Kinder verspotten die Alte, die eine breite Fellmütze, alsokein Kopftuch wie andere Frauen trägt. Und doch verstummt sie nicht.
    Schreibend hält sie sich am Leben. Das Alterswerk (ein mit Galgenhumor gespicktes Theaterstück) trägt den Titel IchundIch .
    Und dann – verliebt sie sich! Der

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