Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
Vom Netzwerk:
»Glückliche«, Ernst Simon, ist Pädagoge, verheiratet, 30 Jahre jünger. Sie schickt ihm Briefe, Gedichte: »Ich liebe dich / Und finde dich / Wenn auch der Tag ganz dunkel wird.
    / Mein Lebelang / Und immer noch / Bin suchend ich umhergeirrt. / Ich liebe dich! / Ich liebe dich! / Ich liebe dich! / Es öffnen deine Lippen sich ... / Die Welt ist taub, / Die Welt ist blind / Und auch die Wolke / Und das Laub – / – Nur wir, der goldene Staub / Aus dem wir zwei bereitet: / – Sind!« Simon appelliert: »Ihre Beziehung zu mir soll mein heimlicher Stolz sein. Sie taugt nicht für die Augen der Welt ...« »Ich weiß, dass ich bald sterben muss, / Es leuchten doch alle Bäume ...« – so beginnt ein seltsam unaufgeregtes Gedicht von Ende 1943.
    »Ich bin weder 17 noch 70 Jahre, habe keine Uhr und keine Zeit. Meine Bücher laufen so herum und werden einmal im Meere ertrinken. Früher habe ich’s manchmal nicht geglaubt, jetzt weiß ich es, ich bin Else Lasker-Schüler – leider.« Am 16. Januar 1945 kommt sie mit einem Herzanfall ins Krankenhaus. Am 22. Januar stirbt die Sprach-Magierin. Auf dem Ölberg wird sie beigesetzt.

Mit elf steht Karoline Blamauer auf der Straße – aus freiem Willen.
    Denn die Betten, in denen sie sich verkauft, sind bequemer als die Holzkiste in der Küche, die »untertags als Bügelbrett Verwendung fand oder auf die man sich setzte, und außerdem machte Mutter darauf Nudeln«, erzählt sie Dekaden später. Und ihre Freier sind allemal netter als ihr Vater, ein abgewrackter Kutscher, der seiner zweiten Tochter nicht verzeihen will, dass »Linnerl«, seine Erstgeborene, fünfjährig gestorben ist.
    Wenn er nachts betrunken nach Hause kommt, muss ihm das »zweite Linnerl« vortanzen und vorsingen und wird verprügelt, weil sie ihm nicht anmutig genug erscheint.
    Karoline sucht Trost bei der Mutter: »Sag mir, dass ich hübsch bin!« – »Nein, Linnerl, hübsch bist du nicht, aber den Männern wirst du gefallen«, lautet Mamas Antwort. Und so entwickelt die Kleine einen starken Lebenswillen, der, gepaart mit kernigem Humor und Robustheit, einen großen Teil ihrer Anziehungskraft ausmacht. Mit sechs balanciert sie in einem Wanderzirkus auf dem Drahtseil, spielt Tamburin und lächelt.
    Eine kinderlose Tante holt sie als 15-Jährige nach Zürich. Die Nichte nimmt Ballettunterricht, übt sich als Statistin und Choristin und wird »immer von Offizieren abgeholt«. Linnerl ist sich für keine Nebenrolle zu schade, Motivationskrisen kennt sie (auch später) nicht.
    Und sie fällt dem Regisseur Richard Révy auf, der ihr den Künstlernamen »Lotte Lenya« verpasst und von Berlin vorschwärmt.
    1921 ist Lotte in Berlin. Sie inhaliert das frivole Flair der Stadt, die niemals schläft, berauscht sich an den »Vibrationen« der Weimarer Republik: Damen-Jazzbands in Strapsen, spektakuläre Theateraufführungen, experimentelle Filme. Hochblüte der Kultur, animalische Energie von Menschen, welche die konventionelle Moral missachten und die Vorboten der Nazi-Schreckensherrschaft ignorieren. Eine Respektlosigkeit, die vor allem eines signalisiert: Ausweglosigkeit. Lotte wird, gegen Kost und Logis, Au-pair-Mädchen in der Familie des Dramatikers Georg Kaiser. Eines Sommersonntags soll sie einen Gast abholen. Während der Überfahrt auf dem See fällt seine Brille ins Wasser. Nachdem sie gefunden ist, bittet der Mann die junge Frau um ihre Hand. Ob diese Anekdote wahr ist? Lotte hat sie unermüdlich erzähltund Kurt Weill niemals dementiert. »Lass mich dein ›Lustknabe‹ sein, das ist mehr als ein Freund – und weniger als ein Gatte«, schreibt er.
    ----
    »Ich bin und bleibe Optimist. Ich liebe das Leben und ich glaube ans Überleben«
----
    Am 28. Januar 1926 heiratet das Paar: Sie ist ein Rotschopf, er hat schon Glatze. Er ist der introvertierte Sohn eines jüdischen Kantors aus Dessau, sie ist lebensklug und temperamentvoll.
    Weill dirigiert Operetten in der Provinz, verdient Geld als Organist in einer Synagoge und arbeitet unter dem Einfluss zeitgenössischer Tanzmusik an eigenen Opernprojekten. »Du weißt doch, dass du gleich nach meiner Musik kommst!«, warnt er. Lotte vergnügt sich unterdessen außerehelich: »Ich bin keine Frau, die allein leben kann. Dafür bin ich zu abhängig von männlicher Gesellschaft, aber ich betrüge Kurt keinesfalls.
    Er weiß ganz genau, was vorgeht.« Und der lässt sich durch das Unverständnis ihrer Umgebung für ihre unkonventionelle Ehe kaum aus der Ruhe

Weitere Kostenlose Bücher