Starke Kinder
leichter der Fall sein kann, gilt das Leben in einer solchen Familie als ein Risikofaktor für einen Missbrauch.
6.5    Kann die Art, miteinander zu sprechen, ein Kind schützen oder gefährden?
Haben Familienmitglieder Schwierigkeiten, Gefühle, die sie empfinden, zu zeigen und miteinander zu sprechen, so erhöht sich die Gefahr eines sexuellen Missbrauchs. Dies kann dann geschehen, wenn Familienmitglieder z. B. denken, dass sie sich so gut kennen, dass man nicht immer alles ausführlich erklären muss. So kann es sein, dass Informationen nicht klar und verständlich weitergegeben werden. Konflikte können entstehen, die wiederum dazu führen, dass Kinder sich alleingelassen fühlen.
In solchen Familien fehlt häufig das Mitgefühl für die Situation anderer. Jeder meint, der andere müsse doch erkennen, was er möchte â gleichzeitig sind die Familienmitglieder nicht in der Lage, die Gefühle eines anderen Mitgliedes wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren. Eine wirkliche Annäherung an die andere Person, ein nahes Beieinandersein durch z. B. Kuscheln ist gar nicht oder nur schwer möglich. Unterschiede in der Art zu denken, zu handeln oder zu fühlen können nur schwer akzeptiert werden.
Ungelöste Konflikte gelten als wichtige Risikofaktoren für einen möglichen sexuellen Missbrauch eines Kindes. Zu den Risikofaktoren gehören auÃerdem Partnerschaftsprobleme der Erwachsenen. Offene Konflikte zwischen den Erwachsenen, in der extremen Form körperliche Gewalt, sexuelle Probleme in der Beziehung, emotionale oder finanzielle Abhängigkeit unter den Erwachsenen und ständige gegenseitige Grenzverletzungen (z. B. keine Akzeptanz der Intimsphäre) sind solche schwerwiegenden Partnerschaftsprobleme. Psychische Probleme der Erwachsenen, insbesondere Alkohol- und Drogenabhängigkeit, aber auch eine Tendenz zur Aggressivität und ein geringes Selbstwertgefühl, erhöhen ebenfalls die Wahrscheinlichkeit von familiären Konflikten und gehören damit zu den Risikofaktoren für sexuellen Missbrauch der betreuten Kinder.
6.6    Kann eine Vertrauensperson ein Kind schützen oder gefährden?
Eine stabile emotionale Beziehung zu (mindestens) einer Bezugsperson und deren zuverlässige Verfügbarkeit gelten als ein wichtiger Schutzfaktor. Entsprechend ist auch eine positive Eltern-Kind-Beziehung hilfreich. Negativ wirkt sich die Abwesenheit einer Bezugsperson oder aber auch mangelnde elterliche Betreuung und ein geringes Maà an positiver Zuwendung aus. Dies kann auch durch die sogenannte Wohlstandsverwahrlosung der Fall sein. Dann nämlich, wenn den Kindern materiell alle Möglichkeiten gegeben werden, sie gleichzeitig jedoch seelisch vernachlässigt werden. Als Folge werden die emotionalen Bedürfnisse der Kinder unangemessen erfüllt und dies macht sie zu leichteren Opfern.
Besteht ein positives soziales Netzwerk neben der Familie, wie die erweiterte Familie, ein Freundeskreis, und/oder gibt es in diesem Netzwerk eine erwachsene Vertrauensperson, so unterstützen diese Menschen das Kind derart, dass es weniger wahrscheinlich Opfer sexuellen Missbrauchs wird. Die Existenz und Bereitschaft der Vertrauensperson, das Kind zu unterstützen und ihm eigene oder professionelle Hilfe anzubieten, ist wichtig. Eine Integration des Kindes in z. B. Jugendgruppen wirkt ebenfalls schützend.
6.7    Ist ein Kind mit starker Persönlichkeit eher geschützt oder gefährdet?
Einen Risikofaktor für einen sexuellen Missbrauch stellt das weibliche Geschlecht dar. Statistisch gesehen werden häufiger Mädchen sexuell missbraucht als Jungen. Auch wurde das Temperament als Risikofaktor für Missbrauch untersucht: Ein sogenanntes positives Temperament als Säugling (flexibel, robust, aktiv, offen, kontaktfreudig) wird als ein schützender Faktor für einen möglichen Missbrauch gewertet. Als besonders geschützt zeigten sich Menschen, die als Säuglinge von ihrer Umgebung als aktiv, gutmütig und liebevoll bezeichnet wurden.
Kognitive Fähigkeiten ermöglichen Kindern Probleme zu lösen. Gute soziale Kompetenzen, die dem Kind helfen, sich bei Konflikten mit anderen Menschen zu wehren oder durchzusetzen, sind ebenfalls schützende Faktoren. Ein Kind dagegen, welches Angst hat, sich einem Erwachsenen zu widersetzen, den Wunsch eines anderen Menschen abzulehnen oder das
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