Starke Kinder
erläutert, welches Ihnen helfen kann, die Risiko- und Schutzfaktoren eines Missbrauchs besser zu verstehen.
AbschlieÃend folgen Ãbungsvorschläge und Materialien zu diesem Themenbereich. Diese Ãbungen bieten Eltern bzw. Erziehenden die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu reflektieren und Anregungen für den Umgang mit dem Kind zu erhalten. Die Ãbungen richten sich hauptsächlich an den Leser dieses Ratgebers. In einzelnen Ãbungen werden auch andere Angehörige eingeladen, sich an der Ãbung zu beteiligen. Aber natürlich soll jeder selbst entscheiden!
Die Ãbungen stellen ein Angebot dar. Da Menschen unterschiedlich sind, mögen manche für die eine Person besonders hilfreich sein, andere für eine andere Person. Zu Beginn werden die wichtigsten Ãbungen aus Sicht der Autorinnen genannt.
7    Welche Rolle spielt die Familiengeschichte für einen möglichen Missbrauch?
âIn meiner Familie war Gewalt an der Tagesordnung. Mein Vater war aggressiv. Auch meine Mutter schlug mich. Als ich ungefähr neun Jahre alt war, drängte mich mein GroÃvater in sein Schlafzimmer und begann mich zu befummeln. Ich war total schockiert. Ich habe meiner Mutter erzählt, was passiert ist. Schlimmer war, was sie sagte: Es sei ihr auch passiert und ich soll mich doch nicht so anstellen.â
âIn meiner Familie wurden die Kinder immer geschlagen. Gründe gab es mehr oder weniger. Wir haben uns alle bemüht, unseren Vater nicht aufzuregen. Wenn wir ihn âärgertenâ, schlug er rasch zu. Meine Mutter konnte uns nicht schützen. Sie erhielt selbst Schläge. Warum sie bei ihm geblieben ist, weià ich nicht. Sobald ich konnte, ging ich von dort weg und heiratete meinen ersten Freund. Zuerst war er nett zu mir. Zumindest schlug er mich nicht. Nachdem wir geheiratet hatten, fing er an mich zu schlagen. Als ich schwanger wurde, hatte ich die Hoffnung, er würde aufhören, aber er schlug mich weiterhin. Ich hätte nicht gewusst, wohin. Zu meinen Eltern zurück konnte ich nicht. Also blieb ich. Ein anderer Mann hätte mich wahrscheinlich auch geschlagen. Ich muss es verdient haben.â
âMein GroÃvater begann, mich zu missbrauchen, als ich acht Jahre alt war. Ich wollte nicht mehr zu ihm gehen. Eigentlich hätte ich auch nicht gehen müssen. Meine Geschwister sollten aber trotzdem zu ihm. Ich hatte groÃe Angst, dass er, wenn ich nicht käme, meine Schwester anfassen würde. Ich habe mich all die Jahre nicht getraut, mit ihr darüber zu sprechen. Letzte Woche habe ich es getan. Meine Mutter war dabei. Er hatte es trotzdem getan. Er hatte sie trotzdem angefasst. Obwohl ich doch hingegangen bin und sie nicht alleine habe gehen lassen. Meine Mutter hat sehr viel geweint. Er hat sie auch missbraucht, als sie klein war. Er hatte ihr versprochen, uns niemals anzufassen. Meine Mutter hat ihm geglaubt. Sie hat nicht mehr daran denken wollen, was passiert war.â
Was sollten Sie wissen?
Eine Möglichkeit zu lernen ist, andere Menschen zu beobachten und sie nachzuahmen. Diese Form des Lernens ist eine sehr wichtige, wenn es um den Umgang mit anderen Menschen geht. Unser Verhalten in unserer Familie ist abhängig von dem, was wir im Laufe unseres Lebens bei wichtigen Bezugspersonen gesehen und erlebt haben. Das erste Modell einer familiären Beziehung, das wir kennenlernen, ist die Beziehung unserer Eltern.
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Frau L. wuchs in einer Familie mit sehr traditioneller Rollenverteilung auf. Ihre Mutter kümmerte sich um die Kinder und den Haushalt. Der Vater brachte das Geld nach Hause und wollte nach getaner Arbeit seine Ruhe haben. Die wesentlichen Entscheidungen wurden allein von ihm getroffen. Die Mädchen der Familie wurden sehr streng erzogen. Auszugehen und Freundschaften mit Jungen waren ihnen verboten. Da sie heiraten und Kinder haben würden, wurde eine weitere Ausbildung wie eine weiterführende Schule oder gar Studium als unnötig erachtet. Eine frühe Heirat mit ihrem ersten Freund ermöglichte Frau L. die Flucht aus dem Elternhaus mit all seinen Zwängen. Frau L. lernte keine anderen Beziehungsmodelle kennen. Ohne eine weitere Ausbildung wird sie sich finanziell bald abhängig von ihrem Mann fühlen. Angenommen, der gewählte Ehemann hat eine gewisse Ãhnlichkeit mit ihrem Vater. Wie denken Sie, wird Frau L. vermutlich ihre eigene Beziehung
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