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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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sie eines Tages in die Finanzwelt einsteigen sollten. Und dann hab ich Lady Levy schließlich herumgekriegt, indem ich gemeint habe, jetzt hätte ich fast sieben Jahre um Rachel gedient – das war doch ziemlich raffiniert von mir, findest du nicht?«
    »Noch zwei Whisky, James«, sagte Lord Peter. »Das war ein genialer Einfall, Freddy. Wie bist du darauf gekommen?«
    »In der Kirche«, sagte Freddy, »bei Diana Rigbys Hochzeit. Die Braut kam fünfzig Minuten zu spät, und ich brauchte was zu tun, und da hatte jemand seine Bibel in der Bank liegenlassen. Da hab ich das gelesen – dieser Laban war schon ein übler Kerl, nicht? – und hab mir gesagt: ›Das bringe ich an, wenn ich das nächstemal hingehe.‹ Das hab ich getan, und die alte Dame war darüber maßlos gerührt.«
    »Und der langen Rede kurzer Sinn ist, daß du an der Kette liegst«, sagte Wimsey. »Also, auf euer Wohl. Darf ich Brautführer sein, Freddy, oder macht ihr’s in der Synagoge?«
    »Also, ja – es soll schon in der Synagoge sein – damit mußte ich mich einverstanden erklären«, sagte Freddy, »aber ich glaube, irgendwas mit einem Freund des Bräutigams machen die auch. Du wirst an meiner Seite stehen, altes Haus, ja? Aber vergiß nicht, daß du den Hut aufbehalten mußt.«
    »Ich werd’s mir merken«, sagte Wimsey, »und Bunter wird mir die ganze Prozedur erklären. Er weiß sicher darüber Bescheid. Er weiß alles. Aber paß auf, Freddy, das mit der kleinen Erkundigung wirst du mir nicht vergessen, klar?«
    »Keine Angst, alter Junge – ich gebe dir mein Wort darauf. Sobald ich etwas höre, kriegst du Bescheid. Aber ich glaube, du kannst wirklich schon mal davon ausgehen, daß da was faul ist.«
    Das tröstete Wimsey ein wenig. Auf jeden Fall schaffte er es, sich so weit zusammenzureißen, daß er etwas Leben in die reichlich unterkühlte Festlichkeit in Duke’s Denver brachte. Herzogin Helen indessen bemerkte ziemlich bissig zum Herzog, daß Peter für die Rolle des Clowns doch allmählich zu alt sei und daß es Zeit für ihn wäre, das Leben ernst zu nehmen und seßhaft zu werden.
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte der Herzog. »Peter ist ein komischer Vogel – man weiß nie, was er gerade im Schilde führt. Jedenfalls hat er mir einmal aus der Klemme geholfen, und ich werde ihm nicht dreinreden. Laß ihn in Ruhe, Helen.«
    Lady Mary Wimsey, die erst spät am Heiligabend gekommen war, sah die Sache noch aus einem ganz anderen Blickwinkel. Am zweiten Weihnachtstag ging sie nachts um zwei zu ihrem Bruder ins Zimmer. Nach dem Diner hatte man getanzt und Scharaden gespielt und war ziemlich erschöpft. Wimsey saß im Morgenmantel vorm Feuer und grübelte.
    »Sag mal, Peter«, sagte Lady Mary, »du kommst mir etwas fiebrig vor. Ist was los mit dir?«
    »Zuviel Plumpudding«, sagte Wimsey, »und zuviel liebe Nachbarn. Ich bin ein Märtyrer – mit Kognak flambiert, um das Fest der Familie zu verschönern.«
    »Ja, das ist gräßlich, nicht? Aber wie geht’s denn so? Ich habe dich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Du warst so lange fort.«
    »Ja – und du scheinst ganz in deinem Dekorationsgeschäft aufzugehen.«
    »Der Mensch muß schließlich was zu tun haben. Ich bin es ziemlich leid, so nutzlos in den Tag zu leben.«
    »Richtig. Sag mal, Mary, siehst du manchmal noch unsern guten alten Parker?«
    Lady Mary starrte ins Feuer.
    »Ich bin ein paarmal mit ihm essen gegangen, als ich in London war.«
    »Wirklich? Er ist ein feiner Kerl. Zuverlässig, häuslich, solide. Nicht direkt amüsant.«
    »Ein bißchen zu solide.«
    »Du sagst es – ein bißchen zu solide.« Wimsey zündete sich eine Zigarette an. »Ich möchte nicht, daß ihm etwas Häßliches widerfährt. Er würde es sich sehr zu Herzen nehmen. Ich will sagen, es wäre nicht nett, mit seinen Gefühlen zu spielen und so.«
    Mary lachte.
    »Machst du dir Sorgen, Peter?«
    »N-nein. Aber ich möchte, daß er fair behandelt wird.«
    »Nun, Peter – ich kann nicht gut ja oder nein sagen, bevor er mich fragt, oder?«
    »Kannst du nicht?«
    »Jedenfalls nicht bei ihm. Meinst du nicht, das liefe seinen Vorstellungen von Etikette zuwider?«
    »Wahrscheinlich ja. Aber es erginge ihm sicher nicht anders, wenn er dich fragen müßte. Für ihn hat die bloße Vorstellung, ein Butler würde euch als ›Kriminal-Chefinspektor und Lady Mary Parker‹ anmelden, schon etwas Ungehöriges.«
    »Eine echte Pattsituation also?«
    »Du brauchtest nicht mehr mit ihm auszugehen.«
    »Das wäre

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