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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ganz allein dablieb, darum bin ich bis halb acht in der Princeton Street und um den Red Lion Square herum auf und ab gegangen. Dann sah ich ihn das Licht löschen und nach Hause gehen. Am anderen Morgen bemerkte ich dann, daß ein paar Blatt Papier, die ich unter der Hülle meiner Schreibmaschine hatte liegenlassen, durcheinandergebracht waren. Daraus habe ich geschlossen, daß er auf der Maschine geschrieben haben muß.«
    »Vielleicht hat die Putzfrau die Papiere durcheinandergebracht?«
    »Bestimmt nicht. Die rührt nicht einmal den Staub an, geschweige die Hülle.«
    Wimsey nickte.
    »Sie haben das Zeug zu einer erstklassigen Detektivin, Miss Murchison. Sehr schön. In diesem Falle müssen wir es tun. Also – sagen Sie, Ihnen ist doch klar, daß ich Sie bitte, etwas Ungesetzliches zu tun?«
    »Ja, das ist mir klar.«
    »Und es stört Sie nicht?«
    »Nein. Ich nehme an, wenn ich dabei erwischt werde, übernehmen Sie alle anfallenden Kosten.«
    »Natürlich.«
    »Und wenn ich ins Gefängnis muß?«
    »Ich glaube nicht, daß es dazu kommt. Zugegeben, es besteht ein kleines Risiko – das heißt, wenn das, was ich glaube, nicht zutrifft –, daß Sie wegen versuchten Diebstahls und Besitz von Einbruchswerkzeug angezeigt werden, aber das ist das Äußerste, was Ihnen passieren kann.«
    »Nun, das gehört wohl dazu.«
    »Ist das wirklich Ihre Meinung?«
    »Ja.«
    »Ausgezeichnet. Nun – Sie kennen ja die Dokumentenkassette, die Sie an dem Tag, an dem ich da war, in Mr. Urquharts Zimmer gebracht haben?«
    »Ja. Die mit der Aufschrift ›Wrayburn‹.«
    »Wo steht sie? Im Vorzimmer, wo Sie herankommen können?«
    »Ja – auf einem Regal, mit etlichen anderen.«
    »Gut. Wäre es Ihnen möglich, an irgendeinem Tag für – sagen wir – eine halbe Stunde allein im Büro zu sein?«
    »Na ja – zur Mittagszeit gehe ich immer um halb eins weg und komme um halb zwei wieder. Danach geht Mr. Pond essen, aber Mr. Urquhart kommt manchmal zurück. Da könnte ich nicht sicher sein, daß er mich nicht überrascht. Und wenn ich abends nach halb fünf noch länger dabliebe, sähe es wahrscheinlich komisch aus. Ich könnte höchstens so tun, als ob ich einen Fehler gemacht hätte und ihn noch korrigieren wollte. Das ginge. Ich könnte morgens früher kommen, wenn die Putzfrau da ist – oder stört es, wenn sie mich sieht?«
    »Nicht sehr«, sagte Wimsey bedächtig. »Sie würde wahrscheinlich glauben, Sie brauchten etwas aus der Kassette für Ihre Arbeit. Ich überlasse die Wahl des Zeitpunkts Ihnen.«
    »Aber was habe ich zu tun? Soll ich die Kassette stehlen?«
    »Nicht ganz. Können Sie ein Schloß knacken?«
    »Ich fürchte, davon verstehe ich nichts.«
    »Manchmal frage ich mich, wozu wir zur Schule gehen«, meinte Wimsey. »Wir lernen dort nie etwas wirklich Nützliches. Ich bin selbst ganz gut im Schlösserknacken, aber da die Zeit knapp ist und Sie eine intensive Ausbildung brauchen, nehme ich Sie wohl besser mit zu einem Experten. Würde es Ihnen etwas ausmachen, sich Ihren Mantel wieder anzuziehen und mit mir einen Freund zu besuchen?«
    »Nicht das mindeste. Es wäre mir ein Vergnügen.«
    »Er wohnt in der Whitechapel Road, ist aber ein sehr netter Kerl, wenn Sie über seine religiösen Ansichten hinwegsehen. Ich persönlich finde sie ziemlich erfrischend. Bunter! Rufen Sie uns bitte ein Taxi.«
    Auf dem Weg in den Osten der Stadt sprach Wimsey von nichts anderem als von Musik – sehr zu Miss Murchisons Beunruhigung; allmählich witterte sie hinter seiner beharrlichen Weigerung, mit ihr über den Zweck ihrer Fahrt zu sprechen, gefährliche Hintergedanken.
    »Übrigens«, unterbrach sie Wimsey, der ihr gerade etwas über die Fugenform erzählte, »hat diese Person, die wir besuchen wollen, auch einen Namen?«
    »Jetzt, wo Sie danach fragen – doch, ich glaube, er hat einen, aber so nennt ihn niemand – Rumm. Aber er benutzt den Namen nie mehr, seit er Abstinenzler ist.«
    »Wie soll ich ihn denn nennen?«
    »Ich nenne ihn Bill«, sagte Wimsey, als das Taxi vor einem schmalen Hof anhielt, »aber als er noch aktiv war, nannte man ihn Blindekuh-Bill. Er war zu seiner Zeit ein großer Mann.«
    Nachdem er den Taxifahrer bezahlt hatte (der sie offenbar für Fürsorgebeamte hielt, bis er die Höhe des Trinkgelds sah, und von diesem Augenblick an nicht mehr wußte, was er von ihnen halten sollte), steuerte Wimsey seine Begleiterin durch einen schmutzigen Eingangsweg. Am Ende wartete ein kleines Haus, aus dessen erhellten

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