Starship Troopers
aber das machte mir nichts aus. Ich wußte, es war mein letztes Einfrieren.
Am nächsten Morgen mußte ich zum erstenmal seit Monaten mit dem Stock aus meinem Schlafsack geprügelt werden und wäre fast zu spät zur Morgengymnastik herausgetreten. Ich hatte das Kommando zum Wecken überhört.
Es hätte auch keinen Sinn gehabt, vor dem Frühstück um die Entlassung zu bitten, weil man sich dazu erst einmal bei Sergeant Zim melden mußte. Aber er erschien nicht zum Frühstück. Ich bat Bronski um Erlaubnis, den Kompanieführer sprechen zu dürfen, und er meinte: »Sicher. Meinetwegen.« Er fragte mich nicht nach dem Grund.
Aber man kann einen Mann nicht sprechen, der gar nicht da ist. Nach dem Frühstück rückten wir zu einer Marschübung aus, und ich hatte ihn immer noch nicht gesehen. Es war eine Tagesübung mit Hin- und Rückmarsch, und mittags wurden wir per Hubschrauber mit Verpflegung versorgt - ein unerwarteter Luxus, denn wenn vor dem Abmarsch keine Feldrationen ausgegeben wurden, bedeutete das in der Regel einen Hungermarsch, - auf den ich nicht vorbereitet war. Ich hatte zu viele andere Sorgen gehabt und mir keine heimlichen Vorräte mehr an unverderblichen Lebensmitteln angelegt.
Sergeant Zim kam mit dem Verpflegungshubschrauber und brachte die Post für uns mit; das war kein unerwarteter Luxus. In diesem Punkt ließ die M. I. nichts zu wünschen übrig: sie verweigerten einem zwar ohne Vorankündigung das Essen, das Wasser und den Schlaf oder was ihnen gerade so in den Kram paßte, aber sie hielten die Privatpost nicht eine Minute länger als nötig zurück. Das war unser Eigentum, und sie stellten es dir sofort mit jedem dafür geeigneten Transportmittel zu, und du durftest sie auch bei der nächstbesten Gelegenheit lesen, selbst im Manöver. Dieser Service hatte mir bisher wenig bedeutet, da ich (abgesehen von den paar Briefen, die Carl mir schrieb) immer nur Reklamebriefe für den Papierkorb erhalten hatte. Erst seit Mutters Brief zählte dieser Service für mich.
Ich stand jedoch nicht einmal auf, als Zim die Post zu verteilen begann. Ich hatte beschlossen, ihn nicht eher anzureden, bis wir wieder einrückten - wollte nicht eher auffallen, bis das Hauptquartier greifbar nahe gerückt war. Deshalb war ich um so überraschter, als er meinen Namen aufrief und einen Brief hochhielt. Ich trottete im Laufschritt zu ihm hin und nahm ihn in Empfang.
Und das war die zweite Überraschung - ein Brief von Mr. Dubois, meinem Lehrer in Geschichte und Moralphilosophie an der Oberschule. Ich hätte wahrscheinlich eher einen Brief vom Weihnachtsmann erwartet. Und dann, als ich ihn las, schien mir immer noch ein Irrtum vorzuliegen.
Ich mußte den Absender und die Adresse ein paarmal lesen, ehe ich überzeugt warr daß er ihn selbst geschrieben und mir gewidmet hatte.
MEIN LIEBER JUNGE, ich hätte dir schon viel eher geschrieben, um dir meine Freude und meinen Stolz auszudrücken, als ich erfuhr, daß du dich nicht nur freiwillig gemeldet, sondern sogar für meinen eigenen Truppenteil entschieden hast. Aber ich war nicht überrascht, denn das hatte ich von dir erwartet - bis auf diese vielleicht doch unerwartete Freude, die du mir ganz plötzlich mit deiner Entscheidung für die M. I. bereitet hast. Es passiert nicht oft, daß ein sehnlicher Wunsch so in Erfüllung geht und die Mühe eines Lehrers nicht vergebens gewesen ist. Wir müssen sehr viel Sand und Kies durch unser Sieb schütteln, ehe wir einen Goldklumpen finden - doch die Goldklumpen sind die Belohnung für uns.
Nun, inzwischen wirst du den Grund wissen, weshalb ich dir nicht sofort geschrieben habe. Viele junge Männer müssen schon während der Rekrutenausbildung wieder ausscheiden, oft aus Gründen, die man ihnen persönlich nicht anlasten kann. Ich habe gewartet (blieb in Verbindung mit dir über Mittelsmänner) bis ich wußte, daß du über den Berg bist (wie gut wir alle diesen Berg kennen!) und bis ich sicher war, daß jetzt nur noch eine Krankheit oder ein Unfall dich am erfolgreichen Abschluß deiner Ausbildung und deines Wehrdienstes würde hindern können.
Du gehst jetzt durch die härteste Prüfung deines Wehrdienstes ich meine das nicht im physischen Sinn (denn körperliche Entbehrungen werden jetzt keine Anfechtung mehr für dich sein, nachdem du ein gerütteltes Maß davon erlebt hast), sondern die härteste geistige Prüfung ... die tiefen, seelenerschütternden Umstellungen, Neubewertungen der Dinge, die notwendig sind für die
Weitere Kostenlose Bücher