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Starters

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Titel: Starters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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dünne Strahlen, die wie Nadeln über meine Haut liefen.
    Ein Förderband schleuste mich durch eine nur von blauen Lichtern erhellte Kammer und dann durch eine heiße Trockenkabine. Im letzten Raum, der Ähnlichkeit mit einem Untersuchungszimmer hatte, bekam ich einen Bakterien-Scan und wurde als sauber entlassen, bereit für eine Reihe kosmetischer Maßnahmen. Den Anfang machten Laserbehandlungen, die angeblich nur dazu dienten, meine Sommersprossen aufzuhellen und Hautunreinheiten zu entfernen. Aber das Ganze dauerte lange. Sie gaben mir keinen Spiegel, versicherten jedoch, dass ich sehr zufrieden sein würde. Ein Blick auf meine Hände verriet mir, dass sie die Spuren meines Kampfes mit den Renegaten vollständig beseitigt hatten. Anschließend Maniküre, Pediküre und, als sei ich nicht eben erst gründlich geschrubbt worden, ein Ganzkörper-Peeling, dessen Schmerzintensität auf einer Skala von eins bis zehn bei elf lag. Allem Anschein nach hatten sie es darauf abgesehen, mich auch noch meiner letzten Original-Hautzellen zu berauben. Danach brachte mich Doris in den firmeneigenen Frisiersalon. Die Stylistin, die hier wirkte, war die erste Ender, die ihre zu einem stacheligen Kamm aufgerichtete Frisur nicht vollständig weiß oder silbern trug, sondern mit Purpursträhnen aufgepeppt hatte.
    Ich versuchte mich um den Haarschnitt zu drücken.
    »Seien Sie nicht albern.« Doris lehnte am Empfang und trommelte mit den Fingernägeln immer schneller auf der Tischplatte herum. »Sie verpasst Ihnen keine Stoppelfrisur. Ihr schönes langes Haar dürfen Sie behalten. Es wird nur durchgestuft und an den Spitzen geschnitten.«
    Also ließ ich es zu, dass mich die Meisterin in einen Umhang hüllte, aber die Tatsache, dass auch sie es immer noch vermieden, mich vor einen Spiegel zu setzen, verstärkte mein Misstrauen.
    Als sie fertig war, lag auf dem Boden genug Haar, um einen Shih Tzu einzukleiden. Aber niemand ließ mich das Ergebnis sehen.
    Die letzte Tortur übernahm eine Visagistin, die mehr als zwei Stunden damit verbrachte, jeden Quadratzentimeter meines Gesichts mit Make-up und Farbe zu verkleistern. Sie laserte meine Augenbrauen und klebte mir neue Wimpern an. Doris wählte ein paar Klamotten für mich aus, die ich in einer kleinen (spiegellosen) Kabine anzog. Ehe ich auch nur einen Blick an mir hinunter werfen konnte, zerrte sie mich in einen anderen Raum, wo ich vor einer Wand für die Kamera posieren musste.
    Ich versuchte zu lächeln wie das rothaarige Mädchen auf dem Hologramm, das mir Tinnenbaum gezeigt hatte, hatte allerdings das Gefühl, dass ich damit nur mäßig erfolgreich war.
    Als wir den Holo-Raum verließen, war ich restlos fertig. Ich fühlte mich nicht nur überschminkt, sondern auch überfahren.
    »Haben wir jetzt alles hinter uns?«, fragte ich Doris.
    »Für den Moment, ja.«
    »Wie spät ist es?«
    »Spät.«
    Sie sah so erschöpft aus, wie ich mich fühlte. Der Stress machte sie um Jahrzehnte älter. »Ich zeige Ihnen noch Ihr Zimmer.«
    »Hier?«
    »Mit diesem Look können Sie nachts unmöglich heimgehen.« Sie lehnte sich an die Wand und trommelte mit den Fingernägeln.
    Ich fuhr mir mit einer Hand über das Gesicht. War ich so sehr verändert?
    »Ist Ihnen noch nie zu Ohren gekommen, dass es reiche Männer gibt, die hübsche Mädchen entführen lassen?«
    Doch, davon hatte ich gehört. »Und diese Schauermärchen stimmen?«
    »Und ob! Hier sind Sie sicher. Und frisch für den morgigen Tag.«
    Sie drehte sich um. Ich folgte dem Klicken ihrer Absätze den Korridor entlang.
    »Ich weiß nicht mal, wie ich jetzt aussehe«, murmelte ich.
    Minuten später lag ich in einem richtigen Bett. Mit Laken. Und einer wolkenweichen Bettdecke. Ich hatte den Luxus eines sauberen Schlaflagers vergessen. Es war, als schwebte ich im Himmel.
    Ich konnte es nicht lassen, ständig mein Gesicht abzutasten. Meine neue Haut war so glatt. Sie erinnerte mich an Tyler. Als er ganz klein war, hatte ich die Angewohnheit, seine rosigen Wangen zu knuddeln, bis meine Mutter lachend rief, ich würde sie ausleiern.
    Tyler.
    Was tat er jetzt? War der neue Unterschlupf von Michael auch sicher? Hatten sie Decken aufgetrieben, die sie warm hielten? Ich fühlte mich schuldig, dass ich hier in diesem übergroßen Bett mit seinen tausend Kissen lag. Obwohl sich der Raum in einem riesigen Bürogebäude befand, hatten sie ihn wie ein Hotelzimmer eingerichtet. Auf dem Nachttisch stand ein gefüllter Wasserkrug und gleich daneben eine Vase

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