Starters

einmal, als sie sahen, dass ich nicht nur mit dem Gewehr, sondern auch mit den unterschiedlichsten Pistolen umgehen konnte. Vielen Dank, Dad.
    Auf der Rückfahrt rümpfte Tinnenbaum seine Nase schon weniger. Er hielt den Sockel seines Mini schräg, damit ich den auf dem Airscreen abgebildeten Vertragstext lesen konnte.
    Ich übersprang das Kleingedruckte und kam gleich zum Wesentlichen – dem Honorar bei insgesamt drei Buchungen. Das Geld würde reichen, um zwei Jahre lang eine Wohnung zu bezahlen. Und einen Erwachsenen zu bestechen, der für uns den Mietvertrag unterzeichnete.
    »Die Höhe des … Stipendiums ist die gleiche wie vor dem Test.«
    »Gewiss, was hatten Sie erwartet?«
    »Wäre bei meinen Fertigkeiten nicht eine höhere Einstufung angebracht?« Einen Versuch ist es allemal wert, dachte ich.
    Das Lächeln verging ihm. »Für eine Minderjährige verhandeln Sie ganz schön zäh.« Er seufzte und setzte einen höheren Betrag ein. »Nun gut, wie finden Sie das?«
    Ich erinnerte mich an die Ratschläge, die mir mein Vater eingeschärft hatte. »Gibt es irgendwelche Risiken, die ich kennen sollte?«, erkundigte ich mich. »Was kann bei der Geschichte schiefgehen?«
    »Ganz ohne Risiken ist nichts auf der Welt. Aber wir haben jede nur erdenkliche Maßnahme zum Schutz unserer Wertanlagen getroffen.«
    »Zu meinem Schutz also?«
    Er nickte. »Ich kann Ihnen versichern, dass wir seit Einführung unseres Unternehmens vor zwölf Monaten nicht ein einziges Problem hatten.«
    Ich wusste, dass das keine allzu lange Erprobungszeit war. Doch ich brauchte das Geld mehr als eine bessere Antwort. Was würde mein Dad zu allem hier sagen? Ich verdrängte den Gedanken.
    »Den schwierigsten Teil haben wir bereits hinter uns«, sagte er. »Was jetzt noch kommt, ist ähnlich einfach wie sich abends hinzulegen und einzuschlafen.«
    Wir hätten ein richtiges Heim. Mein Bruder müsste nicht mehr frieren. Und das nach nur drei Buchungen. Ich berührte den Airscreen, und mein Fingerabdruck erschien auf dem Kontrakt. Der Handel war besiegelt. Tinnenbaum blickte aus dem Seitenfenster der Limousine. Er gab sich alle Mühe, locker zu wirken, aber ich bemerkte das nervöse und unkontrollierbare Zucken seines Oberschenkels.
    Als wir in die Body Bank zurückkehrten, fragte ich mich, ob Mr. Tinnenbaum mich mit dem hochgewachsenen Mann, seinem Vorgesetzten, bekannt machen würde. Aber er war nirgends zu sehen. Stattdessen reichte er mich an Doris weiter.
    »Sie werden staunen, was Doris für Sie bereithält.« Gut gelaunt verschwand er am Ende des Korridors.
    »Es wird Zeit, dass wir Sie ein wenig verschönern.« Doris machte eine Handbewegung, als schwenke sie einen Zauberstab.
    »Verschönern?«
    Doris musterte mich von oben bis unten. Ich berührte instinktiv mein strähniges Haar, in der Angst, sie könnten es mir abschneiden.
    »Glauben Sie im Ernst, dass wir Sie so unseren Kundinnen vorstellen können? Ihr Äußeres wird von Kopf bis Fuß aufpoliert, auf Kosten des Hauses natürlich. Sie sind ein echtes Glückskind.«
    Sie nahm meine Hand und musterte sie prüfend. Ihre Nägel schimmerten irisierend wie die Perlmuttschicht im Innern einer Abalone-Schnecke. Meine Finger dagegen wirkten, als hätte ich im Schlick eines ölverseuchten Strands gewühlt.
    »Es gibt eine Menge zu tun«, stellte sie fest.
    Nun ja, wenn man auf der Straße lebte, sammelte sich eben der Dreck. Aber das hieß noch lange nicht, dass ich ein Schlammungeheuer war.
    Doris schob mich mit spitzen Fingern auf eine Doppeltür zu. »Sie werden sich nicht wiedererkennen, wenn wir mit Ihnen fertig sind.«
    »Das befürchte ich auch.«
    Die erste Station war eine Art Menschenwaschstraße. Ich stand nackt auf einer rotierenden Plattform und hielt mich an einem Bügel fest, der über meinem Kopf baumelte. Eine winzige Schutzbrille bedeckte meine Augen, während ein Gebläse scharf riechende chemische Substanzen auf meinen Körper schoss. Die Verzerrung der Brille ließ alles noch surrealer erscheinen, einschließlich Doris, die mich durch ein Beobachtungsfenster anstarrte. Große Schaumstoffkissen näherten sich bedrohlich aus den Seitenwänden des Tunnels, bis ich den Atem anhielt, weil ich befürchtete, sie würden mich ersticken. Aber das weiche Material passte sich meinem Körper an und schrubbte ihn von oben bis unten. Endlich hatten die Schwämme ihr Werk vollendet und wanderten zurück. Gleichzeitig begann unter hohem Druck aus allen Richtungen Wasser zu sprühen,