Starters
Wir sind zwei Gehirne in einem Körper.
Sie klang so anders, so ruhig und nachdenklich. Ihre Hektik war vorbei, nun, da sie den Mordplan aufgegeben hatte.
Ruh dich jetzt aus. Wir gehen die Sache morgen an.
Ich legte den Anhänger auf die Kommode und kletterte zurück in ihr großes weiches Bett. Aber der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Ich malte mir aus, wie ich Tyler im Hotel besuchen würde, in einem geheizten Raum mit einem richtigen Bett und Zimmerservice.
Ich knipste das Licht aus. Der Mond tauchte Helenas Schlafzimmer in ein silbriges Blau.
»Helena, was siehst du, wenn ich träume?«
Nichts.
Wenigstens meine Träume und Gedanken gehörten mir noch. Ich lag eine Weile schweigend da.
Callie? Was war deine Mutter für ein Mensch?
Meine Mutter. Meine Erinnerungen waren erfüllt von ihrem Lächeln. Ich wusste nicht, was ich Helena über sie erzählen sollte – es gab zu viel zu sagen.
War sie dir ähnlich?
»Sie hatte eine besondere Ausstrahlung. Jeder, der sie sah, schloss sie sofort ins Herz.«
Ich wette, die Leute mögen dich ebenfalls.
»Aber bei ihr war es anders. Die Menschen behandelten sie wie eine Schwester. Sie kam überall zurecht.« Eine blitzartige Erinnerung wurde in mir wach. »Wenn ich traurig war, machte sie mir Makkaroni mit Käse.«
Komisch, was man so im Gedächtnis behielt.
»Und wie war Emma?«
Emma war eigensinnig. Musste immer ihren Willen durchsetzen. Vielleicht gilt das für alle Sechzehnjährigen, aber bei ihr fiel es besonders auf. Sie wusste genau, was sie wollte. Es war schwer für mich, nach dem Krieg ihre Erziehung zu übernehmen. Ich konnte ihr weder die Mutter noch den Vater ersetzen. Und das machte sie zornig. Was verständlich war. Du erinnerst mich ein wenig an sie.
Helena klang nicht halb so verrückt wie zu Beginn unserer Bekanntschaft.
Ich spürte, wie meine Lider schwer wurden. Ich war erschöpft.
Gute Nacht, Callie.
kapitel 17
kapitel 17 Ich parkte in der Nebenstraße und hielt Ausschau nach Renegaten. Die Umgebung des Bürogebäudes wirkte verlassen, aber in jedem Hauseingang konnte jemand lauern. Entschlossen schnappte ich mir den Karton mit Lebensmitteln und Medikamenten, den ich mitgebracht hatte, und rannte los. Ich betete, dass Helenas Anhänger die Leute von Prime tatsächlich fernhielt.
Ich erreichte ungehindert die Eingangshalle. Hoffentlich waren Michael und Tyler noch da. Bei diesem Leben auf der Straße musste man im Zweifel Hals über Kopf die Flucht ergreifen. Auf Zehenspitzen schlich ich zum Empfang, um mich zu vergewissern, dass sich kein Wachtposten hinter den Schreibtisch duckte, um mich beim Vorbeigehen anzuspringen.
Die Luft war rein. Ich wandte mich der Haupttreppe im Zentrum der Eingangshalle zu.
Als ich die Stufen in dem fensterlosen Treppenschacht erklomm, merkte ich, dass ich meine Handleuchte nicht dabeihatte. Es war zu dunkel, um sich hier zurechtzufinden. Wie kam es nur, dass ich so schnell vergessen hatte, welche Dinge das Überleben auf der Straße erleichterten? Ich tastete mich den Treppenabsatz entlang. Dann fiel mir ein, dass ich ein Handy hatte. Helenas Handy. Ich kramte es aus meiner Tasche und schaltete es ein. Die Display-Beleuchtung wies mir den Weg zu einem langen Korridor. Ich fragte mich, ob ich mich nach links oder rechts wenden musste.
Unvermittelt öffnete sich eine Tür, und ein verwahrloster Typ tauchte auf. Er hielt eine Eisenstange umklammert und schien von meinem gepflegten Äußeren ebenso verblüfft wie ich von seiner gammeligen Erscheinung. Normalerweise begegnete man in den dunklen Schlupflöchern der Hausbesetzer keinen sauberen, gut gekleideten Leuten.
»Freund!«, rief ich hastig. »Ich suche Tyler und Michael.«
Er deutete ans Ende des Korridors.
»Danke.«
Bei meinem letzten Besuch hier hatte Tinnenbaum darauf bestanden, dass Rodney mich begleitete. Aber das schien sich in einem anderen Leben abgespielt zu haben. Als ich den Raum betrat, sah ich, dass einiges verändert war. Sie hatten die Möbel verrückt und eine Menge neuer Sachen besorgt. Alles wirkte gemütlicher. Es gab sogar eine provisorische Tischdecke mit Acrylblumen darauf.
Gedämpftes gelbes Licht sickerte durch die geblümten Stoffbahnen, die vor die Fenster gespannt und mit Heftklammern am Rahmen befestigt waren.
»Tyler?«, rief ich.
Ich umrundete die Büromöbelfestung. Da saß er, neben einem Mädchen, das sich über ihn beugte. Ich ließ den Rucksack fallen.
»Was machst du da?«, fragte ich. Bewusst
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