Starters
nicht?«
Sie deutete auf ihr Herz. »Kaputte Klappe.«
Ich murmelte, dass es mir leidtat. Etwas Besseres fiel mir nicht ein.
»Ist schon okay. Tut nicht weh und verschont mich von schwerer Arbeit.« Sie schlang die Arme um ihren dünnen Oberkörper und strich über den Pullover. »Hat der dir gehört?«
Ich schüttelte den Kopf. »Einer Freundin. Er steht dir gut. Sie würde sich freuen, dass du ihn jetzt trägst.«
Sie strahlte. »Er fühlt sich toll an.« Sie deutete auf das Bett. Ich sank auf der Matratze ein, als ich mich neben Sara setzte. Die Decke war kratzig und roch modrig.
»Als ich in den Schlafsaal kam, hast du dich versteckt«, sagte ich. »Warum?«
Sie zuckte die Achseln. »Hier drinnen kann man nie wissen«, murmelte sie, ohne mich anzusehen.
Ich kramte eine Supertruffle-Praline aus meiner Handtasche und bot sie ihr an. Sie zog die Augenbrauen hoch.
»Für dich!«
Sie nahm die Köstlichkeit mit beiden Händen und biss hinein. Ich fragte mich, wann sie zum letzten Mal eine richtige Mahlzeit bekommen hatte.
»Sara, es heißt, dass du ein Mädchen namens Emma kennst. Sie sah so aus.« Ich zeigte ihr das Foto auf meinem Handy. »Erinnerst du dich an sie?«
Ihre kleinen Finger umklammerten das Handy. Sie musterte die Aufnahme und nickte. »Die kam mal als Freiwillige hierher, vor einem halben Jahr vielleicht. Sie hat mir die Haare gemacht. Wie auf einer Schönheitsfarm.«
Sie gab mir das Handy zurück.
»Zwei Wochen später sah ich sie dann noch einmal. Ich hatte ein gebrochenes Handgelenk – frag nicht – und musste ins Krankenhaus zum Röntgen. Auf der Straße sah ich Emma, aber sie verhielt sich total komisch.«
»Wie meinst du das?«
»Sie erkannte mich nicht. Ich rief ihren Namen – Emma! Sie blickte mir mitten ins Gesicht, aber sie schien sich nicht an mich zu erinnern. Sicher, sie sah etwas verändert aus, hübscher als zuvor, aber ich wusste, dass sie es war. Sie trug den gleichen Schmuck wie beim ersten Mal. Schätze, sie schämte sich. Wollte nicht mit mir gesehen werden.« Sie zupfte an ihrem Pullover herum. »Und das, nachdem wir so einen schönen Tag zusammen verbracht hatten.«
Ich hätte Sara so gern gesagt, dass sie sich täuschte. Dass sie nicht der echten Emma begegnet war, sondern einer fremden Ender-Lady, die Emmas Körper gemietet hatte.
»Kannst du dich erinnern, wo du sie gesehen hast?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Nicht weit von hier, in Beverly Hills.«
Ich verstaute mein Handy. »Schade.« Mein Bedauern galt Helena. Es tat mir leid, dass ich nicht mehr über ihre Enkelin herausgefunden hatte.
»Macht doch nichts.« Sara rückte näher an mich heran. »Darf ich dir jetzt mal eine Frage stellen?«
»Klar.«
»Findest du mich hübsch?«
»Natürlich. Du hast ein sehr schönes Gesicht. Warum?«
»Wir haben letzte Woche von einem Sonderprogramm erfahren. Sie wollen einige von uns aufstylen und uns Jobs vermitteln, bei denen wir gut verdienen können. Und nun hoffe ich natürlich, dass sie mich auswählen. Es wäre so wichtig für mich. Ich bin schon eine Ewigkeit hier, und ich will endlich raus!«
»Wann wird das geschehen?«
»Ich weiß nicht.« Sie zuckte erschrocken zusammen. »Aber es hieß, dass wir morgen duschen dürfen. Normalerweise duschen wir nur sonntags.«
Ihr Ausdruck veränderte sich. Ich las Furcht in ihren Zügen. Ihre Augen starrten einen Punkt hinter mir an. Ich drehte mich um und sah eine bösartige Ender in der Tür stehen. Vielleicht war sie früher mal eine elegante Erscheinung gewesen, aber nun trug sie eine strenge graue Uniform. Und einen Zip-Taser an der Hüfte.
»Was suchen Sie hier?« Sie betrat den Schlafsaal.
Ich erhob mich und deutete auf die Taschen. »Ich habe eine Kleiderspende vorbeigebracht.«
Auf ihrer Dienstmarke stand: MRS. BEATTY, OBERAUFSICHT .
»Alle Spenden sind bei der Leiterin des Hauses abzuliefern. Sie können nicht einfach durch die Gegend laufen und Geschenke verteilen wie bei einem Karnevalszug.« Sie nahm die beiden Taschen an sich. »Das würde nur zu Neid und Streitereien führen, und davon haben wir bereits mehr als genug.«
Ich war naiv genug zu hoffen, dass Saras Pullover ihrer Aufmerksamkeit entgehen würde. Aber er war nicht schwarz oder grau wie die Heimtracht, sondern von einem auffälligen Pink. Natürlich stach er Mrs. Beatty sofort ins Auge.
Sara verschränkte die Arme in einem vergeblichen Versuch, ihn zu verbergen.
»Zieh den Pullover aus«, befahl Mrs.
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