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Starters

Starters

Titel: Starters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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umgab den Komplex. Ich stand am Tor und sprach durch eine Öffnung in einem schmutzigen Metallgitter mit dem Pförtner.
    »Callie Winterhill«, sagte ich. »Ich habe wegen einer Kleiderspende angerufen.«
    Der Ender ging eine Liste durch, bis er den Namen gefunden hatte. Er drückte auf einen Knopf, und das Tor schwang mit einem lauten Knirschen auf. Ich erstarrte. Meine Füße verweigerten den Dienst.
    Los doch!
    Ohne diese Ermahnung hätte ich es nicht geschafft. Nervös trat ich über die Schwelle. Hinter mir fiel das Tor zu. Metall dröhnte auf Metall, so hart, dass meine Zähne schmerzten. Eine Straße führte direkt zum Verwaltungsbau des Waisenhauses, dessen dunkelgraue Wände sich bedrohlich vor mir aufrichteten.
    »Reizende Umgebung«, murmelte ich.
    Langsam folgte ich dem Fußweg, der neben der Straße verlief.
    Da vorne musst du rechts laufen.
    Ich folgte ihren Anweisungen und hielt auf die Wohngebäude zu. Sämtliche Fenster waren vergittert.
    »Aber wird man mich nicht in der Bürozentrale erwarten?«, fragte ich Helena leise.
    Doch. Aber zuerst müssen wir dieses Mädchen finden,Sara. Mir wurde gesagt, dass sie im ersten Wohnblock lebt. Mach schnell, bevor dich jemand aufhält.
    Ich erklomm ein paar Stufen und stieß die schweren Türen auf. Im Innern sah ich einen kurzen Korridor, der zwei Flure miteinander verband. Der säuerliche Geruch, der mir entgegenströmte, überwältigte mich. Überall blätterte die Farbe ab. Putzbrocken lagen auf dem nackten Betonboden.
    »Was jetzt?«, wisperte ich beklommen.
    Geh in den ersten Flur.
    Ich wandte mich nach rechts und öffnete die erste Tür. Sechzehn Metall-Stockbetten waren in einen grauen Raum gepfercht. Neben jedem Bett befand sich eine offene Holzkiste mit der armseligen persönlichen Habe der Insassen – hier eine alte Haarbürste, dort ein zerfleddertes Buch. Die trostlosen olivgrünen Decken, die zusammengefaltet am Fußende der Betten lagen, erinnerten mich an Kasernen. Nur war das hier viel schlimmer, denn die Kids, die hier lebten, hatten keine Familie, zu der sie eines Tages zurückkehren konnten.
    Alles, was sie besaßen, lag in diesen Kisten.
    »Niemand hier.«
    Weiter.
    Ich blickte in mehrere Räume, alle leer. Am Ende des Flurs angekommen, wollte ich schon aufgeben und umkehren, als ich zwei Füße unter einem Bett hervorblitzen sah.
    Ich bückte mich. Ein Mädchen lag auf dem Boden und versuchte sich zu verstecken.
    »Hallo«, begann ich.
    Sie rutschte weg von mir, in den hintersten Winkel.
    »Du musst keine Angst haben«, erklärte ich. »Ich habe ein paar Sachen zum Anziehen mitgebracht.«
    Ich richtete mich auf und wartete.
    »Was für Sachen?« Die Stimme, die unter dem Bett hervorkam, klang dünn.
    »Hosen und Röcke und Pullover.« Ich stellte die Taschen ab und zog einen Pullover heraus. »Schau mal! Rosa Kaschmir.«
    »Kaschmir?«
    Sie kroch aus ihrem Versteck und stand auf. Sie wirkte wie zwölf, hatte ein hübsches Gesicht und eine kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen. Ihre Uniform, eine schwarze Hose und eine schäbige weiße Bluse, hing auf einem viel zu mageren Körper. So sahen fast alle Kinder aus, die keine Angehörigen mehr hatten. Aber dieses hier lebte nicht mehr auf der Straße. Es war offensichtlich, dass sie die Kids hier nicht überfütterten.
    Frag sie, wie sie heißt.
    Ich reichte ihr den Pullover, und sie streichelte ihn wie ein Kätzchen.
    »Weich.« Sie drückte ihn an die Wange.
    »Du kannst ihn behalten.«
    »Echt? Du schwindelst mich nicht an?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Oh, danke.« Sie streifte ihn über. »Danke.«
    »Wie findest du ihn?«
    Sie gab keine Antwort, sondern presste die rechte Faust auf ihre Brust, legte die linke Hand darüber und ahmte ein schlagendes Herz nach.
    »Das heißt, ich liebe ihn«, sagte sie. »Horch, das klingt wie ein Herz. Versuch mal selbst!«
    Sie nahm meine Hände und bewegte sie so, wie sie vorgemacht hatte. Ich kam mir ein wenig albern vor.
    »Noch mehr wie ein Herzschlag – so ungefähr«, sagte sie. »Es geht besser, wenn du die Faust gegen die flache Hand schlägst.« Sie zwang meine Hände, das Pochen zu imitieren.
    »Okay, ich hab’s verstanden.« Ich schob ihre Hände weg. »Wie heißt du?«
    »Sara.«
    Mein Puls beschleunigte sich. Helena sog Luft ein, so laut, dass ich es hörte.
    »Wie lange lebst du schon hier?«
    »Fast ein Jahr.«
    »Wo sind die anderen?«
    »Die müssen heute Büsche schneiden.« Sie setzte sich auf die Bettkante.
    »Aber du

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