StasiPolka (German Edition)
schätzte es wohl als Raubüberfall ein. Also lebte Ron, wahrscheinlich war er nur verletzt. Vincent würde später nachfragen. Der Verkehr floss jetzt lebhafter, ein Taxi hielt auf sein Winken hin an. Er nannte den Bahnhof als Fahrtziel.
„Ja?“ Helens Stimme klang entspannt.
„Störe ich gerade?“
„Ach wo, ich sehe fern. Haben Sie am Ende doch einen Transportwunsch?“
„Könnte man so sagen, wenn das Angebot noch steht. Kleine Tour übers flache Land. Richtung Cambridge.“
„Gemacht. Wo sind Sie jetzt?“
„Im Taxi.“
„Lassen Sie sich zur Auffahrt der A 11 bringen und warten Sie dort. Der Taxifahrer wird wissen, wo. Ich bin in zehn Minuten bei Ihnen.“
„Kann sein, dass wir diesmal über ein paar Landstrassen ausweichen müssen.“
„Noch besser.“ Sie hörte sich vergnügt an. „Bis gleich.“
Der Taxifahrer nahm das neue Ziel wortlos zur Kenntnis und bog im nächsten Kreisverkehr nach rechts ab. Kurze Zeit später hielt er links am Straßenrand, vor ihnen lag ein weiterer Kreisel mit der Auffahrt zur A 11. Vincent rundete den Fahrpreis um fünf Pfund nach oben auf und bat den Fahrer noch etwas zu warten. Noch bevor der Mann sein Geld verstaut hatte, stop pte Helens Wagen bereits hinter ihnen.
Sie trug einen hellgrauen Jogginganzug, dazu weiße Turnschuhe, hatte eine Bri lle auf der Nase und schien erfreut, Vincent zu sehen.
„Ich hatte die Kontaktlinsen schon heraus genommen“, sagte sie und wies auf i hre Brille.
„Sie verleiht Ihnen was Intellektuelles.“
Helen lachte. „Wo soll es denn nun hingehen.“
Vincent gab ihr Julianes Wegbeschreibung. Sie nickte. „Ich nehme erst mal die Aut obahn, dann sehen wir weiter.“
Sie fädelte in den südwärts fließenden Verkehr ein, beschleunigte und wechse lte auf die rechte Spur. Als sie in stetigem Tempo dahin rollten, rief er im Krankenhaus an. Nigel holte tief Luft, als er Vincents Stimme erkannte.
„Hallo John, sorry, dass ich mich nicht bei Ihnen gemeldet habe. Ron, ein alter Freund, ist hier auf dem Besucherparkplatz überfallen worden. Er hatte Glück. Eine Platzwunde an der Stirn und eine Beule im Genick. Er ruht jetzt.“ Nigel hob die Stimme. „Ich bin völlig durch den Wind. Diese Übergriffe auf ältere Leute! In welchen Zeiten leben wir eigentlich?“ Gut gemacht. Jemand saß an seinem Bett und hörte mit, aber offenbar glaubte man die Legende mit dem Raubüberfall.
„Bei mir eilt es nicht so“, sagte Vincent, „morgen melde ich mich wieder.“
„Danke, das wäre nett“, sagte Nigel.
Helen fuhr zügig. Ab und zu überholten sie einen Lastwagen, aber der Verkehr war nicht allzu stark. Vincent sah, dass sie immer wieder in den Rückspiegel blickte.
„Denken Sie an einen bestimmten Verfolger?“ fragte sie.
„Nicht unbedingt, es kann auch ein Motorrad sein.“
„Bis jetzt ist da nichts Auffälliges. Aber ich gebe acht.“
Vincent starrte auf die Fahrbahn. Ihm reichte es langsam. Jemand wollte ze igen, dass er ihm jederzeit über war. Dass er besser Räuber und Gendarm spielte, und sich nicht abschütteln ließ. Sollte er doch. Vincent gab lieber weiter den Trottel ab, bis er wusste, dass Rea in Sicherheit war. Danach würde er neues Geld in den Topf werfen und frische Karten verlangen. Zum Glück hatte er genug Geld. Plötzlich dachte er an das bevor stehende Gespräch mit Rea. Er wusste nicht recht, wie er ihr alles beibringen sollte. Helen riss ihn aus seinen Gedanken.
„Wir könnten die nächste Ausfahrt nehmen, wenn Sie wollen. Bis jetzt ist noch alles sauber.“
„Entscheiden Sie“, sagte er, „nach dem was mir ein alter Freund über Ihre Fahrkünste erzählt hat, könnte ich gar nicht besser aufgehoben sein.“ Er gab Rons Witz über ihren Strafzettelrekord zum Besten.
„Maßlos übertrieben“, sagte Helen. „Die Polizisten in dieser Gegend haben ein Auge auf uns Mädels, weil sie meinen, Frauen sollten in ihrer Freizeit nicht mit Autos um Strohballen hetzen, sondern kochen, putzen und die Federbetten warm ha lten.“
„Der Meinung sind wahrscheinlich viele Männer. Woher kommt eigentlich Ihr italien ischer Nachname?“
„Das erzähle ich Ihnen beim nächsten Mal.“ Sie gab plötzlich Gas. Jetzt auf den stillen Landstrassen holte sie aus der kleinen Kiste heraus, was sie konnte. Man sah ihr die Freude am Fahren an, und Vincent machte es ebenfalls Spaß. Bis auf ein Motorrad hätte ihnen niemand folgen können. Sie streiften eine kleine Ortschaft, dann bog Helen nach Süden
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