Staubige Hölle
hätte fast einen Bus zurück ins Tal genommen, wo er getötet worden wäre.
Als er vier Jahre später sein Leben endlich wieder in die Hand nahm und nach Hause zurückkehrte, um seine Mutter zu beerdigen, da hatte er sie gesehen. Sie lebte in einer Hütte auf dem Berg, verheiratet mit einem Mann, der den gröÃten Teil des Jahres in Durban verbrachte, und wienerte die SteinfuÃböden weiÃer Frauen auf Hochglanz. Thandi sagte Zondi, sie habe keine Kinder. Eine unfruchtbare Frau , sagte sie. Eine Enttäuschung für ihren Ehemann.
Natürlich schlief Zondi mit ihr. In ihrer Lehmhütte auf einer Decke auf dem Dungboden. Anders als die Joâburg-Mädels, die ihre Lust zur Decke hinausschrieen, war Thandi passiv und still. Je tiefer Zondi in sie eindrang, desto weiter glitt er fort. Er hatte ein Stipendium für ein Studium der politischen Wissenschaften in Johannesburg bekommen und verkehrte mit Intellektuellen und Radikalen. Thandi blieb, gestrandet in einem Tal, in dem sich seit Jahrhunderten nichts geändert hatte. Düsenflugzeuge donnerten über den Himmel, doch die Menschen in ihren Schatten lebten immer noch ganz genauso, wie ihre UrgroÃeltern gelebt hatten.
Zondi ging nach Johannesburg zurück, ohne ihr Lebewohl zu sagen. Und kehrte nie mehr zurück. Fünf oder sechs Jahre später hatte er gehört, dass sie und ihr Mann wegen irgendwelcher Stammesfehden ermordet worden waren. Und hörte, dass Thandi ganz und gar nicht unfruchtbar gewesen war.
Seine Tochter kam zu ihm, kniete sich hin und bot ihm eine tönerne Kalebasse zum Trinken an. Beinahe hätte er sie angesprochen. Doch er hielt sich zurück. Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Er trank einen Schluck von dem sauren Hirsebier. Ein Geschmack, der ihn an die Armut seiner Kindheit erinnerte. Seine Zunge war heute auf Single Malt eingestellt.
Er gab die Kalebasse zurück, und sie blickte schräg von unten zu ihm auf, murmelte ein »vielen Dank« auf Zulu und huschte davon. Zondi hatte rasendes Kopfweh. War kurzatmig. Hatte Engegefühle. Er duckte sich durch die niedrige Tür der Hütte und richtete sich in der trockenen Hitze auf, die ihn schwindlig machte.
Kapitel 36
»Warum musstest du ihn umbringen?«
Die Stimme seines Sohnes weckte Goodbread, und als er mit einem Husten die Augen öffnete, war er wieder in seiner staubigen Kindheit, im Wüstenhochland des texanischen Westens. Das durch die Dürre völlig verbrannte Land. Brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass dies eine andere trockene Landschaft war, die durch die Windschutzscheibe des Trucks verschwommen vorbeizog.
»Was hast du gesagt, Junge?«
»Du hast mich schon verstanden«, antwortete Dell.
Goodbread räusperte sich und tat sich schwer, die unbefriedigenden Worte auszusprechen. »Schätze, er hat mir keine andere Wahl gelassen. Er könnte uns verraten.«
»Der Junge wird es ihnen sowieso sagen.«
»Was soll er ihnen sagen? Der war vielleicht acht Jahre alt. Was soll er schon mehr sagen, als dass wir zwei Männer in einem weiÃen Pick-up sind?«
»Und dieser Bulle in der Stadt, der hat uns auch gesehen.«
»Ich wette, der hat von der Muschi seiner Freundin geträumt. Könnte keine Personenbeschreibung geben, die auch nur einen Furz was taugt.« Goodbread hatte seit Stunden nichts gesagt. Und vom Sprechen tat ihm der Hals weh. Er trank einen Schluck Wasser und steckte sich eine Zigarette an. Inhalierte den Rauch.
»Ist dir das eigentlich schon immer so beschissen leicht gefallen?«
»Wovon zum Teufel redest du denn jetzt schon wieder, Sohn?«
»Das Töten.«
Goodbread antwortete nicht. Rauchte und starrte auf die StraÃe hinaus.
»Ach, scheià drauf«, sagte Dell und fummelte am Autoradio herum, auf der Suche nach einer Nachrichtensendung. Er wartete nervös auf Berichte über ihren möglichen Aufenthaltsort. Eine Stimme schnitt durch das Rauschen, mit diesem knirschenden, gutturalen Akzent der Kapregion. Der Sprecher berichtete von einem weiteren Mord auf einer Farm. Nördlich von Kapstadt.
Als Goodbread den Namen Althea Vorster aufschnappte, drehte er die Lautstärke hoch. Die Frau, ihr Sohn, seine Frau und drei Kinder. Alle tot. Und er wusste mit absoluter Sicherheit, wessen Werk das war.
Ein Hustenkrampf schüttelte Goodbread, und er spürte Blut, feucht und warm, in seinem Mund und in der Hand, die er sich
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