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Staunen über den Erlöser

Staunen über den Erlöser

Titel: Staunen über den Erlöser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Lucado
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hingerichtet wurde. Sie versagten jämmerlich. Was für Worte, was für Sätze hätten die Gefühle der Beteiligten angemessen ausdrücken können?
    Nein, diese Aufgabe blieb den Tränen überlassen.
    Was machen Sie, wenn keine Worte kommen wollen? Womit kommunizieren Sie, wenn sämtlichen Substantiven und Verben die Luft ausgeht? Was tun Sie, wenn selbst die erhabensten Sätze ins Stottern geraten? Sind Sie einer der Glücklichen, die sich nicht schämen, das Reden den Tränen zu überlassen? Können Sie so glücklich sein, dass Ihre Augen nass werden und Ihre Kehle sich schließt? Können Sie so stolz sein, dass Ihre Pupillen beschlagen? Und wenn Sie trauern, lassen Sie dann die Tränen die Enge in Ihrer Brust und den Knoten in Ihrer Kehle lösen?
    Oder lenken Sie Ihre Tränen um und lassen sie nur innerlich fallen?
    Nicht viele von uns sind gut darin, ihre Gefühle zu zeigen. Besonders wir Männer. O, wir können schreien und fluchen und rauchen, das können wir gut! Aber Tränen? Ist das nicht nur etwas für Schwächlinge?
    Es täte uns gut, einmal innezuhalten und uns die tränenverschmierten Gesichter anzuschauen, die wir unter dem Kreuz sehen.
    Petrus. Der stämmige Fischer. So muskulös, dass er ein ganzes Netz voller Fische aus dem Wasser ziehen kann. Mutig genug, um dem schlimmsten Sturm zu trotzen. Der Mann, der erst vor ein paar Stunden den Soldaten, die Jesus gefangen nehmen wollten, alleine mit dem Schwert entgegentrat. Und jetzt … Er weint, nein, er heult. In einer Ecke zusammengekauert, das Gesicht in den schwieligen Händen vergraben. Macht ein richtiger Mann so etwas? Seinen Fehler zugeben? Sein Versagen bekennen? Um Vergebung betteln? Frisst ein richtiger Mann das nicht besser in sich hinein? Hat er nicht nach Entschuldigungen und Erklärungen zu suchen, »Haltung zu bewahren«, wie es so schön heißt? Hat Petrus seine Männlichkeit verloren? In den Augen der Welt vielleicht, in denen Gottes ganz sicher nicht – im Gegenteil.
    Oder Johannes. Schauen wir uns seine Tränen an. Sein Gesicht nass verschwollen vor Trauer, als er die blutigen Füße seines gekreuzigten Herrn vor sich sieht. Zeigt seine Ergriffenheit und Verzweiflung einen Mangel an Mumm?
    Und dann Jesus’ Tränen. Sie kamen in dem Garten, und ich bin sicher, sie kamen auch am Kreuz. Sind sie ein Zeichen von Schwäche? Bedeuten die nassen Flecken auf seinen Wangen, dass er kein Feuer im Leib hatte?
    Natürlich nicht.
    Worum geht es? Nicht um die Tränen als solche, sondern um das, wofür sie stehen. Sie drücken das Herz, den Geist und die Seele eines Menschen aus. Meine Gefühle unter Verschluss zu halten heißt, einen Teil meiner Christusähnlichkeit zu begraben!
    Vor allem, wenn wir nach Golgatha kommen.
    Es ist unmöglich, vor das Kreuz zu treten und nur mit dem Kopf zu nicken und nicht mit dem Herzen. So funktioniert das nicht. Golgatha ist keine Studienfahrt der grauen Zellen, keine intellektuelle Übung. Es ist keine göttliche Rechenaufgabe, kein kaltes theologisches Prinzip.
    Es ist ein Erlebnis, das uns das Herz zerreißt und die Gefühle durcheinanderwirbelt.
    Verlassen Sie Golgatha nicht mit trockenen Augen und unbewegt. Ziehen Sie nicht höflich räuspernd die Krawatte oder die Jacke zurecht. Steigen Sie nicht kühl und gelassen von diesem Hügel herab.
    Bitte – nehmen Sie sich Zeit. Schauen Sie hin, noch einmal.
    Das da in den Händen sind Nägel.
    Der da an dem Kreuz ist Gott.
    Und Sie und ich, wir haben ihn darangenagelt.
    Petrus wusste das. Johannes wusste das. Maria wusste das.
    Sie wussten, was für ein Riesenpreis am Kreuz gezahlt wurde. Sie wussten, wer es eigentlich war, der dem Heiland in die Seite stach. Und sie ahnten, dass hier die Geschichte der Menschheit neu geschrieben wurde.
    Und darum weinten sie.
    Sie sahen den Erlöser.
    Gott, mögen wir nie so »gebildet« sein, so »reif« oder so »fromm«, dass wir deine Passion ohne Tränen anschauen können.

Teil III
    Das Kreuz: Seine Weisheit

Kapitel 21
    Er lebt!
    Der Weg. Die Dunkelheit. Sterne. Schatten. Vier. Sandalen. Gewänder. Stille. Spannung. Garten. Bäume. Allein. Fragen. Angst. »Vater!« Schweiß. Gott. Mensch. Gott-Mensch. Auf dem Boden. Blut. »NEIN!« »Ja.« Engel. Trost.
    Schritte. Fackeln. Stimmen. Römer. Schock. Schwerter. Kuss. Verwirrung. Verrat. Angst. Lauft weg! Gefesselte Hände. Abgeführt.
    Hof. Priester. Lampen. Der Hohe Rat. Kaiphas. Spott. Seide. Hochmut. Bart. Ränke. Barfuß. Seil. Ruhig. Stöße. Tritte. Hannas. Empörung.

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