Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
Vom Netzwerk:
die Akustik besser.» Sie winkten die Bedienung herbei, zahlten. Winters Reflex war, «zusammen» zu sagen, aber im gleichen Moment wurde ihm klar, dass die Feministin Aksoy es wahrscheinlich für eine Chauvi-Anmaßung hielte, wenn er ihr den Tee bezahlte. Bevor er allerdings «getrennt» sagen konnte, hatte Aksoy selbst schon «zusammen» gesagt und hielt das eigene Portemonnaie auf. «Wenn ich jetzt protestiere, bin ich bestimmt wieder ein Frauenfeind», sagte Winter. Sie lachte bloß und zahlte. «Aber das nächste Mal bin ich dran», sagte er schließlich, als ob es ein nächstes Mal geben werde. Es war schon ein komisches Gefühl, sich von einer Frau einladen zu lassen. Einer Kriminalkommissarin noch dazu.
    Gemeinsam setzten sie sich in Winters Wagen. Winter betätigte die Rückruftaste und schaltete die Freisprechfunktion ein.
    «So, Frau Manteufel», begann er, als die Anwältin dranging. «Ich sitze hier mit der Kollegin Aksoy. Dann berichten Sie mal.»
    «Gut. Sie erinnern sich wahrscheinlich, dass mehrere Anwohner behauptet haben, an dem Morgen, als das tote Mädchen gefunden wurde, hätten sie bei der Staustufe eine Frau schreien hören.»
    «Ja», schaltete sich Aksoy ein, «bloß war das keine Frau. Der Zeuge Stolze hat gesagt –»
    «Es war doch eine Frau», unterbrach sie die Manteufel. «Ich habe nämlich heute mit ihr gesprochen. Eine Frau Amelie Schmidtmann, um die fünfzig, wohnt in der Straße Alt-Griesheim, geht jeden Morgen zwecks Sport eine Stunde am Main entlang. Sie war die ganze Woche über in München und hat von den Entwicklungen im Fall der Mainleiche nichts mitbekommen. Sonst hätte sie sich von selbst bei der Polizei gemeldet, sagt sie.»
    Winter und Aksoy sahen sich an.
    «Und wie kommen Sie jetzt an diese Frau Schmidtmann?», fragte Winter.
    «Ich hab rumgefragt in der Nachbarschaft, wer seinen Frühsport am Main macht.»
    Keine schlechte Idee.
    «Gut. Sehr gut. Was sagt diese Frau Schmidtmann denn nun?»
    «Folgendes: Sie marschierte am Samstag früh zwischen sieben und halb acht am Main entlang Richtung Staustufe. Es war wohl sehr einsam wegen des stürmischen Wetters. Von weitem schon sind ihr die vielen Möwen aufgefallen, die sich um etwas im Wasser stritten. Als sie auf etwa zehn, zwanzig Meter heran an der Staustufe war, musste sie an dieser Baubude am Ufer vorbei. Dahinter entdeckte sie einen großen Mann am Ufer. Er hatte da wohl schon länger gestanden, jedenfalls hatte sie aus der Ferne schon den Eindruck gehabt, dass sich hinter der Hütte jemand verstecke. Der Mann habe sich dann schlagartig umgedreht, sie böse angesehen und einen Schritt zu ihr hin getan, als wollte er sie angreifen. Das war der Moment, in dem sie laut schrie. Sie ist dann in die Richtung davongelaufen, aus der sie gekommen war. Sie hat den Mann für einen Vergewaltiger gehalten. Was sicher Unsinn ist. Aber auf jeden Fall hat sich Frau Schmidtmann bedroht gefühlt. Und die Frau wirkt nicht gerade wie eine Mimose. Der Mann trug nach ihrer Beschreibung enge Sport-Funktionskleidung. Meiner Meinung nach handelt es sich um den Zeugen Stolze. Dessen Aussage zu demselben Vorfall liest sich allerdings ganz anders. Unter anderem will er oben auf der Brücke gestanden haben, als er sie sah, und nicht unten am Ufer.»
    «Das mag ja sein», wandte Winter enttäuscht ein. «Aber so ist das nun mal mit Zeugenaussagen. Sie werden keine zwei Leute finden, die dasselbe Erlebnis gleich berichten.»
    «Ich weiß. Da kenne ich mich aus. Nichtsdestotrotz finde ich es bemerkenswert, dass Herr Stolze auf Nachfrage zu dem Schrei behauptet, er habe selbst geschrien. So als will er verbergen, dass da jemand Angst vor ihm hatte.»
    «Und das ist alles?»
    Winter war schwer enttäuscht.
    «Nein, das ist noch nicht alles. Das Mädchen ist meines Wissens mit einem großen, stumpfen und rauen Gegenstand erschlagen worden, wahrscheinlich einem unbehauenen Stein. Geschätztes Gewicht fünfzehn Kilogramm. So einen dicken Stein findet man nicht so leicht. Haben Ihre Ermittlungen irgendwas ergeben, wo der Stein herkam?»
    Winter sah Aksoy fragend an. «Nein, das wissen wir nicht», antwortete sie statt seiner.
    Manteufel redete weiter: «Der Garten der Familie Stolze ist ein Steingarten. Da liegen mehrere große Brocken in dem Kaliber rum. Und an einer Stelle, wo ein Stein hinpassen würde, ist ein Fleck mit auffällig unvermooster Erde.»
    Winter sah Aksoy entsetzt und vorwurfsvoll an. «Das ist Ihnen nicht aufgefallen?», zischte er

Weitere Kostenlose Bücher