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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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was ganz Besonderes.»
    «Kann ich schwer nachvollziehen», befand Heinrich.
    «Wir gar nicht», mischte sich wieder Wuttke ein. «Aber bei uns hat sie ihren Charme auch nicht spielen lassen. Hier wollte sie eh nie bleiben, es war bloß Danny, dem sie volles Rohr Zucker gegeben hat. Sagen Sie, Herr Kommissar, kennen Sie die Geschichte von Kaspar Hauser?»
    «Wie?» Heinrich war verblüfft. «Sie meinen diesen Jungen, der bis zum sechzehnten Lebensjahr in einem Verlies gehalten wurde und eigentlich ein Prinz war?»
    «Natürlich war er in Wahrheit kein Prinz. Aber eben das ist der Punkt. Er wirkte auf die Leute ebenfalls so, als ob er was ganz Besonderes sein müsste. Zufällig wollte ich mal eine Magisterarbeit über Kaspar Hauser schreiben und habe die ganzen Quellen gelesen, also das, was die Leute, die ihn kannten, geschrieben haben. Mit Kaspar Hauser muss es so ähnlich gewesen sein wie mit unserem Prinzesschen hier. Einige trockene Beamtentypen hat der so in seinen Bann geschlagen, dass sie die Welt für ihn in Bewegung gesetzt haben, statt ihn ins Armenhaus zu stecken, wo er eigentlich hingehörte. Der Hauser war natürlich auch irgendwie gestört. Sonst hätte er hinterher nicht – egal, ich sehe, das interessiert Sie nicht.»
    Heinrich verabschiedete sich alsbald. Er war hier der Lösung des Falles sicher nicht nähergekommen. Seiner Meinung nach war es unwahrscheinlich, dass Daniel Depuhl oder ein anderer aus der Gruppe etwas mit dem Tod der Kleinen zu tun hatte. Aber interessant war die Vernehmung schon gewesen. Ganz was anderes, als nachts auf Streife Betrunkene einzusammeln.
    Doch als Polizeikommissar Patrick Heinrich gegen halb elf, zu spät für die Mainmädchenbesprechung, im Präsidium eintraf, stellte sich heraus: Seine Karriere als Kriminaler war schon wieder beendet.

    Als Winter früh am selben Morgen das Büro betrat, spürte er drückende Kopfschmerzen. Er hatte in der Nacht kein Auge zugetan. Nach dem, was er von Aksoy gehört hatte, hatte er gestern Abend Sara in der Mainmädchensache ausfragen wollen. Doch das Gespräch war vom ersten Moment an ins falsche Fahrwasser geraten. Die Sorge, dass Sara mit dem Mörder liiert sein könnte, hatte Winter undiplomatisch beginnen lassen. Sara hatte explosiv reagiert, so wie es in letzter Zeit öfter vorkam. Sie hatte dabei das Wort «Scheiß-Bullerei» verwendet, das Winter seinerseits auf die Palme brachte. Nach seinem Ausbruch hatte Sara völlig zugemacht. Erfahren hatte Winter gar nichts. Im Gegenteil, jetzt konnte er sicher sein, dass Sara sich auch an Aksoy nicht mehr mit Informationen wenden würde. Und dann gab es noch das kleine Problem, dass Aksoy herausfinden könnte, es handele sich um seine Tochter. Er hätte es natürlich gestern Abend sofort sagen müssen. Andere hätten dann entschieden, ob eine Interessenkollision vorlag, die ihn für den Fall untragbar machte – wahrscheinlich ja nicht. Die Wahrheit war, er hatte geschwiegen, weil ihm seine Tochter peinlich war. Jeder, der Sara erlebte, so wie sie im Augenblick war, musste sich doch fragen: Was war da im Elternhaus falschgelaufen?
    Der neue Arbeitstag begann mit einer Mail von Fock, die verkündete, die Ermittlungen im Fall Mainmädchen seien eingestellt, das Briefing gestrichen. Nino Benedetti werde angeklagt. Er sei schon in U-Haft, wo er auf seinen Prozess warte. Eleni Serdaris sei heute früh freigelassen worden.
    Der Fall Mainmädchen war beendet.
    Winter hatte es fast geahnt. Pro forma rief er bei Fock an, obwohl er wusste, dass es nichts brachte. Um diese Uhrzeit erreichte man ihn am besten.
    «Ach, Winter! Ich wusste, dass Sie anrufen würden. Ja, ja, aber Sie wissen doch, wie das ist. Wir haben einen Täter. Klar, ich weiß, das Geständnis stinkt, und er will vielleicht nur die Serdaris schützen. Sprechen Sie ruhig mal mit Nötzel; die Staatsanwaltschaft überlegt momentan, ob sie die Serdaris nicht auch noch anklagt. Aber es ist ja nicht meine Schuld, dass wir gegen die Dame nichts in der Hand haben, nicht wahr. Sie waren es doch, der die Serdaris zweimal vernommen hat – ohne Ergebnis. Nun haben wir eben den Schlamassel. Zum Glück ist die Frau nicht gemeingefährlich. Eine Wiederholungstat ist ja wohl kaum zu befürchten. Ja, ja, so ist es eben. Wir sehen uns um neun Uhr fünfzehn zum Tagesbriefing für die SoKo Krawatte. Die Kollegin vom KDD bringen Sie bitte auch mit. Die ist für den Rest der Woche noch bei uns. Und, Winter, der Kollege von der Schupo, Heinrich

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