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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Großauftrag des Kultusministeriums saß. Auf dieser Basis hatte Winter Fock überzeugt, dass die Computer und Akten aus dem Wohnhaus des Vermissten und aus seiner Firma gesichert werden mussten. Fock ließ seine Kontakte spielen. Die Leute vom Kommissariat für Wirtschaftskriminalität hatten dann gestern Nachmittag eine Razzia durchgeführt. Kartonweise Akten und Rechner waren sichergestellt worden und mussten bearbeitet werden. Winter selbst bekam eines von nicht weniger als fünf privaten Notebooks zugeteilt, die Konstantin Herbold gehört hatten. Winter hatte mal eine IT-Fortbildung gemacht, wo man lernte, gelöschte Daten auf der Festplatte Verdächtiger zu lesen. Deshalb bekam er solche Dinge häufig auf den Tisch, wenn die regulären Spezialisten überlastet waren.
    Das Notebook war, wie ein Blick in die Log-Dateien zeigte, in letzter Zeit in Benutzung gewesen. Herbold gehörte erfreulicherweise zu den Leuten, die ihre Passwörter speichern ließen. Nachdem Winter das Notebook ans Netz angeschlossen hatte, bekam er ohne Probleme Zugang sowohl zu Bankdaten (Unsummen wurden da verschoben) als auch zu zwei Maildiensten. Gegen Mittag kam ihm die Schnapsidee, Herbold könnte weitere Mailadressen bei freien Webanbietern haben. Er rief einfach ein paar bekannte Seiten auf und versuchte ein Login. Tatsächlich tauchte ein weiteres Mailkonto mit anonymer Adresse auf.
    Hier machte der Mailverkehr seinem Namen Ehre. Der letzte Austausch zwischen Herbold und einer anonymen weiteren Person («shyboy47») war eine Verabredung zum «Absamen» in einem Frankfurter Hotel. Und zwar dem Hotel, in dem der Kultusminister gestorben war, für genau den Abend seines Todes.
    Als Winter das gelesen hatte, ließ er den Bildschirm, wie er war, und begab sich mit dem Gerät geradewegs zu Fock. Fock war begeistert. Seine Wangen nahmen die Farbe seiner Fliege an. Das war die erste brandheiße Spur im Fall Krawatte.
    Nachdem Winter alle Mails des fraglichen Mailkontos gelesen hatte, war er überzeugt, dass es sich bei «shyboy 47» tatsächlich um den Kultusminister handelte und dass dessen Tod ein Unfall gewesen war. Die Experten für Wirtschaftskriminalität jedoch fanden in den Akten zum Großprojekt «NetSchool2050» schon bei kursorischer Prüfung so viele Ungereimtheiten, dass sie der Ansicht waren, es könne sich auch um gezielten Mord gehandelt haben, eine genutzte Gelegenheit, den Kultusminister zum Schweigen zu bringen. Bei der Staatsanwaltschaft entwickelte sich derweil Zwist und helle Aufregung, weil zumindest einer der Herren der Ansicht war, dass auch Akten im Kultusministerium gesichert werden müssten. Wie es schien, war der Auftrag zu dem Großprojekt nicht gerade an den billigsten Anbieter gegangen. Untreue im Amt stand im Raum.
    Am Nachmittag wurde außerdem noch ein gewisser Kreppel verhaftet, ein Teilhaber von Herbolds Firma, der in den letzten Tagen per Lastschrift auf ein Konto Herbolds zugegriffen und riesige Transfers auf das eigene vorgenommen hatte. Nun war sogar unsicher, ob sie es nicht auch im Falle Herbolds mit einem Tötungsdelikt zu tun hatten. Aus der Gerichtsmedizin hieß es, Herbold habe zum Todeszeitpunkt einen Alkoholpegel von über drei Promille gehabt. Auf dem Gurt des Beifahrersitzes in Herbolds Wagen fanden sich Kreppels Fingerabdrücke. War Kreppel dabei gewesen, als der Betrunkene auf die Brücke fuhr und dort anhielt – möglicherweise weil ihm übel war? Hatte Kreppel dem Hilflosen die Beine weggezogen, als der sich über die Brüstung beugte?
    Jetzt hatte Winter Kopf und Hände so voll mit der Sache Herbold/Kultusminister, dass er für das Mainmädchen kaum einen Gedanken erübrigen konnte. Zwischendurch bekam er mit, wie Aksoy Kettler erzählte, der Gentest aus Marl sei da, die Identität des Mainmädchens stehe endlich fest. Sie sei wirklich die vermisste Jessica Gehrig. Die Eltern würden jetzt wegen Kindesmisshandlung angeklagt. Doch so richtig drängte sich das Mainmädchen erst gegen vier wieder in Winters Bewusstsein. Da begann die Abschlussbesprechung.
    Winter fühlte sich unvorbereitet. Was aber andererseits auch wieder egal war. Denn er war ja laut Hildchen nur als «stiller Teilnehmer» geladen.
    Im kleinen Konferenzzimmer traf er Fock, die Herren Pietsch und Freimann vom Erkennungsdienst, den Staatsanwalt Nötzel sowie Aksoy und den fröhlichen, garantiert nur oberflächlich mit dem Fall vertrauten Kettler. Focks gepflegtes Silberhaar hatte nach den Aufregungen des Tages genau wie

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