Steam & Magic 01 - Feuerspiel
Miss Bristol lächelte freundlich. »Ich bin nur zu Besuch hier, fürchte ich. Aber ich bin mir sicher, dass euer Vormund die perfekte Lehrerin für euch findet.«
»Nein, wir wollen Sie«, beharrte nun auch Jamie. »Sie haben gesagt, Sie würden mit uns spielen.«
Miss Bristol biss sich auf die volle Unterlippe, dann leckte sie einen Krümel weg. Ihrem Appetit nach zu schließen, hatte sie wohl den ganzen Tag nichts zu sich genommen. Zum Teufel, wahrscheinlich brauchte sie die Anstellung allein schon, um zu überleben.
»Nein, Jamie. Ich sagte, jede gute Gouvernante spielt mit euch.«
»Kinder, seid ihr euch alle einig?« Dorothy blickte in die Runde. Alle nickten und Merrick stöhnte innerlich. Er hatte so das Gefühl, dass seine Einwände nicht gelten würden. Aber merkwürdigerweise kümmerte es ihn nicht. Etwas an dieser Frau schien einfach in diesen neuen chaotischen Haushalt zu passen. Zumindest hatte sie es fertiggebracht, dass die Kinder zehn Minuten lang stillgesessen waren – und allein das grenzte an ein Wunder.
Dorothy nickte bestimmt. »Dann schlage ich vor, dass ihr alle wieder hochgeht und versucht, ein paar Minuten lang nichts zu zerschlagen. Euer Vormund und ich müssen uns privat mit Miss Bristol unterhalten.«
Merrick war erstaunt, wie schnell die Kinder gehorchten und Miss Bristol nacheinander höflich noch einen guten Tag wünschten, bevor sie aus dem Zimmer verschwanden.
Als sich die Tür hinter ihnen schloss, lachte Dorothy. »Tja, Merrick, ich glaube, du schuldest mir eine Entschuldigung für deine Zweifel an meiner Urteilskraft.« Sie wandte sich an Caroline. »Er wollte mir nicht glauben, dass ich jemanden kenne, der sie so schnell zur Ruhe bringen könnte.«
Merrick schüttelte den Kopf. »Das tue ich wohl. Miss Bristol, das war großartig. Egal, welcher Lohn Ihnen vorschwebt, betrachten Sie ihn als verdoppelt, wenn Sie sich unserer erbarmen und bleiben.« Jetzt blieb ihm nur noch eine Hoffnung, in Anbetracht einer Schönheit wie Miss Bristol im Haus nicht den Verstand zu verlieren. Dorothy hatte erwähnt, dass Miss Bristol der Lehrberuf laut eigener Aussage wichtiger sei als eine Ehe. Und überhaupt, vielleicht war sie ja wie Dorothy geartet und hatte gar nichts für Männer übrig. Obwohl sich diese Vermutung durch keinerlei Beweise stützen ließ, klammerte er sich wie ein Ertrinkender daran fest. Wer hätte gedacht, dass er einmal froh darüber sein könnte, wenn eine begehrenswerte junge Frau womöglich andere Frauen vorzog.
»Ich glaube nicht, dass ich –«
»Nun kommen Sie, Caroline. Sie brauchen doch dringend eine Anstellung.« Dorothys Tonfall war ungewöhnlich grob, aber Merrick vertraute auf das Gespür seiner Tante und sagte nichts, um ihre harten Worte abzumildern. Einen Moment später übernahm Dorothy das selbst. »Und Sie sehen ja, dass es keine normalen Kinder sind. Diese Kinder brauchen Sie, Caroline. Nicht einfach irgendeine Gouvernante, sondern eine mit Ihrem Einfühlungsvermögen. Genau das brauchen sie ziemlich dringend.«
Miss Bristol saß still mit im Schoß gefalteten Händen da und überlegte. Schließlich nickte sie leicht. »Also gut. Wenn Sie so freundlich sein könnten und eine Kutsche schicken, kann ich meine Sachen noch heute packen und morgen früh zurück sein.«
Merrick hörte ein entferntes Scheppern und verzog das Gesicht. »Wir schicken einen Diener, der Ihnen beim Packen hilft. Dann können Sie schon bis zum Abendessen eingerichtet sein.«
Dieser ganze Tag entpuppte sich als einer, den Caroline so schnell nicht vergessen würde. Voller Staunen blickte sie sich in dem luxuriös eingerichteten Gästezimmer um, das man ihr zeigte.
»Aber das kann doch unmöglich für mich gedacht sein.« Sie drehte sich nach Miss Hadrian um, die sie persönlich zu ihrem neuen Zuhause geführt hatte. »Da muss es sich um einen Irrtum handeln.«
»Sie werden sehen.« Kleine Fältchen um die dunklen Augen der Dame des Hauses bezeugten deutlich ihr Vergnügen. »Das ist exzellent. Tommy ist im Zimmer nebenan und wenn nächste Woche sein neuer Hauslehrer einzieht, kommt er auf die andere Seite. Die Kinderzimmer und der Unterrichtsraum sind gleich gegenüber.«
»Aber sicher gibt es doch neben dem Unterrichtsraum eine Stube für die Gouvernante?«
»Die gibt es. Aber die Mädchen haben sie für sich beansprucht – obwohl ihnen dieses Zimmer zur Wahl gestellt wurde. Außerdem fürchte ich, geschätzte Caroline, dass Ihre Anstellung in diesem Haus keine
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