Steam & Magic 01 - Feuerspiel
der anderen flog. Er entdeckte eine Eiche mit einer Gabelung und kletterte hinauf, bevor Caroline ihn sah und zu ihm eilte.
»Seamus McCann, du kommst sofort wieder runter. Es fängt jeden Moment an zu –« Ein Blitz zerteilte den Himmel, Donner krachte und eisiger Regen trommelte herab, »– regnen.«
Jamie schwankte und Caroline fing ihn hinten am Hemd auf und stützte ihn. Wann hatte er seinen warmen Mantel und die Kappe abgelegt? Graupel brannte auf Carolines Wangen. »Jamie, komm.«
Diesmal glitt er gehorsam in ihre Arme.
»Hol deine Sachen.« Sie setzte ihn auf dem Rasen ab und drehte sich nach den anderen um, die hektisch in ihre Mäntel schlüpften. Wink hatte einen Schirm geöffnet und zog Piers darunter, während Tommy Schläger und Ball einsammelte. Nell und Jamie teilten sich den anderen Schirm und Caroline winkte Tommy unter ihren. Sie erreichten den Rand des Karrees, bevor ein Windstoß alle drei Schirme umstülpte.
»Schnell.« Caroline sah nach rechts und links, dann scheuchte sie die Kinder über die Straße. Doch bevor sie in der Mitte waren, kam eine geschlossene Kutsche in halsbrecherischer Geschwindigkeit um die Ecke gerast und donnerte auf sie zu.
Die kaputten Schirme und die Sportausrüstung fielen zu Boden, als alles vor der nahenden Kutsche floh. Piers war ein bisschen zurückgefallen, aber Tommy packte ihn und zog ihn mit einem Ruck von der Straße, gerade als die Kutsche vorbeipreschte und Caroline von Kopf bis Fuß mit Matsch bespritzte – so knapp war es gewesen. Nass, frierend und jetzt auch noch verschreckt drängten sie sich an der Häuserecke und rangen nach Atem.
»Eine Unverschämtheit«, presste Caroline zwischen klappernden Zähnen hervor. »Jetzt müssen wir keine Straßen mehr überqueren. Rennt einfach.« Und damit lüpfte sie ihre Röcke und folgte ihrem eigenen Rat, wobei sie dank ihrer rutschigen Schuhe und der vielen Unterröcke noch hinter Piers war. Die Straße runter und um die Ecke rannten sie, dann die Marmorstufen empor zum Eingang von Haus Hadrian, wo Tommy mit der Faust gegen die Tür hämmerte und Eintritt verlangte. Johnson öffnete unverzüglich und hob kaum eine Braue angesichts der nassen, matschbespritzten Bande, die da hereinstolperte. Als Caroline ins Foyer schlitterte, schloss der kräftige Diener die Tür hinter ihr und gab sich redlich Mühe, sein Grinsen zu unterdrücken.
»Bitte tragen Sie Sally auf, heiße Schokolade in die Kinderstube zu bringen.« Zumindest wollte sie das sagen. Doch aufgrund der Kälte brachte sie es nur stotternd hervor. Caroline und Johnson bückten sich beide, um den Kindern aus den durchweichten Mänteln zu helfen.
»Was hat dieser Tumult zu bedeuten?« Die dünne, näselnde Stimme war kultiviert, aber es war nicht Sir Merricks dröhnender Bariton.
Caroline blickte wütend auf. »Ich würde sagen, die Umstände sprechen für sich. Nicht, dass es Sie etwas angehen würde, Sir.« Der Sprecher war von stattlicher Größe und früher vielleicht einmal kräftig gewesen, obgleich jetzt ziemlich mager, mit tiefen Falten im Gesicht und einem Halbkreis grauer Haare um eine Glatze. Sir Merrick stand mit ausdrucksloser Miene neben ihm.
»Schmutzige Straßenkinder benutzen den Kücheneingang, wenn sie denn unbedingt in ein Haus gelassen werden müssen.« Der ältere Herr stieß zur Betonung seinen Spazierstock mit der Messingspitze in den Teppich.
»Der Vordereingang war näher.« Caroline hatte Piers von seinem Mantel befreit und reichte ihn Johnson. Durch den Ärger wurde ihr schnell warm. »Und mindestens zwei dieser Kinder sind gesundheitlich angeschlagen, daher galt meine größte Sorge ihnen und nicht den Teppichen. Doch wenn Sie jetzt gestatten, Sir Merrick, werden wir uns zurückziehen und trockene Kleidung anziehen.«
Sir Merrick nickte den Kindern zu. »Ich muss mit Tommy und Miss Bristol sprechen. Der Rest von euch kann gehen.«
Die Kinder folgten auf der Stelle und rannten rumpelnd die Treppe hoch. Caroline reichte Johnson ihren eigenen schlichten Umhang und stand in steifer Haltung da und bemühte sich um ein höfliches Gesicht. Neben ihr stand Tommy, beinahe unnatürlich reglos, obwohl sie spürte, dass er alles beobachtete und jede Bewegung in seinem Umfeld registrierte. Auch dieser Junge besaß eine besondere Gabe, obwohl sie noch herausfinden musste, was es war.
»Miss Bristol, Tom, erlaubt mir, Mr. Edwin Berry vorzustellen, Tommys zukünftigen Hauslehrer. Edwin, das ist Miss Caroline Bristol, die
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