Steam & Magic 01 - Feuerspiel
steckte vereinzelte Haarsträhnen hinter ihre kleinen spitz zulaufenden Ohren.
Sie seufzte, lächelte zu ihm auf und blinzelte. »Ich glaube, ich bin gerade für eine Sekunde eingeschlafen.«
»Le petit mort. Das passiert manchmal, wenn die Empfindungen besonders intensiv sind.« Er küsste ihre Wange und ihre Nasenspitze und gluckste. »Es war mir ein Vergnügen.«
Sie dämpfte ihr Lachen an seiner Schulter. »Danke. Und danke, dass du daran gedacht hast …«
Sein Lachen erstarb und er blickte ihr tief in die Augen. »Ich werde immer auf dich aufpassen, Caro. Solange Blut durch meine Adern fließt, werde ich nie etwas tun, das dich verletzt.«
»Versprich nichts, was du nicht halten kannst, Merrick. Eines Tages werden wir getrennter Wege gehen müssen, aber du sollst wissen, dass ich nichts bereue.«
»Wir müssen nicht, nicht, wenn du mich heiratest.« Verdammt, so hatte er sich seinen Antrag eigentlich nicht vorgestellt.
Ihre Unterlippe zitterte, als sie ihn liebevoll anlächelte. »So galant. Danke, aus tiefstem Herzen. Diesen Moment werde ich bis ans Ende meiner Tage hüten wie einen Schatz. Aber du weißt, dass es unmöglich ist.«
Er war zu träge und müde, um jetzt mit ihr zu streiten, aber er hatte nicht vor aufzugeben. »Das werden wir sehen.« Er küsste sie wieder, dann stieg er aus dem Bett, um sich des benutzten Kondoms zu entledigen. Als er zurückkehrte, war sie bereits mit einem seligen Lächeln auf den Lippen eingeschlafen. Er stellte seinen inneren Wecker auf die Stunde vor der Dämmerung, stieg zu ihr ins Bett und löschte die Lampe. »Bald schon, meine Liebe, werde ich bis zum Morgen bei dir bleiben können. Warte es nur ab.«
Sie wachte nicht auf, sondern schmiegte sich nur wieder an seine Brust, in seine Arme – wo sie schließlich auch hingehörte.
Der erste Mai in diesem Jahr war ein Großereignis in London, denn an diesem Tag eröffnete Prinz Albert die Great Exhibition, die erste Weltausstellung, im funkelnden Kristallpalast aus Eisen und Glas im Hyde Park. Zur Freude der Kinder hatte Merrick Karten für alle besorgt, und sie würden begleitet von Dorothy und ihm und zusammen mit Tommy und seinem Lehrer zu den großen Eröffnungsfeierlichkeiten gehen. Die Kinder waren sehr aufgeregt bei der Aussicht darauf, nicht nur den Prinzgemahl, sondern auch die Königin selbst zu sehen und vielleicht sogar ein paar der Königskinder – neben der Ausstellung, versteht sich.
Tausende von Menschen drängten sich im Hyde Park und um die Spazierwege und Straßen, aber die Polizei hielt eine Trasse für die Besitzer von Karten frei. Caroline konnte genauso wenig wie die Kinder fassen, eine der »wenigen« Privilegierten zu sein, die durch diese Gasse aus roten Mänteln fuhr. Sie saß mit Dorothy und den Mädchen in der zweiten Kutsche und beobachtete die Menge fast genauso neugierig, wie die Menge die Kutschen beobachtete.
Im Kristallpalast führte Merrick sie erstaunlich dicht an das Podium mit dem roten Teppich unter dem hängenden violetten Baldachin in der Haupthalle. Unter den zweitausendfünfhundert Besuchern waren sie unter den zweihundert, die am nächsten standen. Umringt vom höchsten Adel des Landes war Caroline sehr dankbar für das jadegrüne Promenadenkleid mit den elfenbeinfarbenen Borten, zu dem Dorothy sie überredet hatte. Ihr modischer Hut war mit dazu passenden Seidenbändern und cremefarbenen Seidenrosen dekoriert, so dass sie sich selbst wie eine Prinzessin fühlte.
Wink hatte man erlaubt, ein langes Kleid mit kleinem Reif zu tragen und das Haar hochzustecken, während Tom wie der perfekte Gentleman aussah in seinem neuen, dunkelgrauen Anzug. Wie immer stellten Merrick und Dorothy Caroline als eine Freundin der Familie vor, und zum ersten Mal präsentierte Merrick seine neuen Mündel in der Öffentlichkeit. Tommy blinzelte, als er als Tom Devere vorgestellt wurde, aber in den drei Tagen seit seinem Besuch bei Sir Andrew schien er sich gut an seine neue Situation gewöhnt zu haben. Als die Feierlichkeiten begannen, hob Merrick Piers auf die Schultern, damit er besser sah, und Tommy machte das Gleiche mit Jamie. Schließlich brummte Mr. Berry etwas und bückte sich mit einem Seufzer, um die federleichte Nell auf seine Schultern zu nehmen. Caroline und Wink stellten sich auf Zehenspitzen, als die königliche Familie das Podium betrat.
So standen sie als Gruppe zusammen – fast wie eine Familie, dachte Caroline wehmütig – und sahen zu, wie Prinz Albert der Königin
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