Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
einfacher rangniedriger Offizier.
Steel straffte die Schultern und nahm Haltung an. »Es tut mir außerordentlich leid, Mylord. Ich habe Euch nicht erkannt. Eure ganze … Erscheinung, Eure Uniform, ich …«
Argyll musste plötzlich lachen. »Ich bin enttäuscht. Aber wenn ich mich jetzt im Spiegel betrachten müsste, würde ich mich wahrscheinlich selbst nicht wiedererkennen. Ich fürchte, dass ich mit keiner edlen Erscheinung aufwarten kann. Aber das ist im Augenblick wohl nicht von Bedeutung. Mir geht es vielmehr darum, den Franzosen das Dorf Ramillies zu entreißen. Und ich fürchte, dass wir noch einmal dorthin müssen.« Steel merkte, dass der Herzog über irgendetwas nachdachte. Schließlich fragte er: »Sagtet Ihr Steel? Jack Steel, nicht wahr? Ihr seid doch der Offizier, der Sir James’ Standarte bei Blenheim gerettet hat.«
Zum zweiten Mal an diesem Tag musste Steel bestätigen, dass ihm tatsächlich diese Ehre zuteil geworden war.
Argyll lächelte breit und klopfte Steel auf die Schulter. »Dann seid Ihr wahrlich tapfer, Steel. Und in diesem heiklen Augenblick brauche ich jeden mutigen Mann, den ich finden kann. Wo seid Ihr jetzt gerade positioniert?«
Steel zeigte kurz in Richtung der Grenadiere, die zwanzig Schritte hinter ihm standen. »Wir stehen im Moment unter niederländischem Kommando, Mylord, und warten auf den Angriffsbefehl. Wenn es überhaupt dazu kommt«, fügte er ein wenig ernüchtert hinzu. »Bislang habe ich nur den Befehl, hier zu warten.«
»Nun, Captain Steel, Euer Warten hat ein Ende.«
Eine feindliche Kanonenkugel flog über ihre Köpfe hinweg, mit ungewissem Ziel. Steel sah, wie die jüngeren Grenadiere zusammenzuckten und die Köpfe einzogen, während die Veteranen vorgaben, die Gefahr einfach zu ignorieren. Slaughter stützte sich auf seinem Spieß ab und ließ seine Männer keinen Moment aus den Augen.
»Ich habe meine Befehle, Sir«, betonte Steel.
Campbell lächelte ihn an. »Ich bin jetzt Euer Befehl, Captain. Kommt. Ich bin nicht bereit, hier auf den Tod zu warten, und ich habe das Gefühl, dass wir, Ihr und ich, aus demselben Holz geschnitzt sind. Der Kampf findet dort drüben statt, Captain Steel. Ihr seid Schotte, wie ich höre, und Sir James Farquharsons Mann, ein Offizier, von dem er in höchstem Lob spricht. Es sind Männer wie Ihr und ich, die in den Kampf ziehen, um eine neue Welt zu schaffen. Wir sind Briten, Steel, aber vergesst nicht, dass wir auch Schotten sind. Wir, vor allen anderen, schützen den Glauben unserer Heimat. Ich nehme an, Steel, dass auch Ihr den Wunsch verspürt, diese französischen Papisten mitsamt ihren jakobitischen Spießgesellen zur Hölle zu schicken, oder?«
Steel war überrascht, mit welcher Leidenschaft der Herzog aus dem Stegreif seine politischen Ansichten kundtat. Auch wenn er mit Argyll nicht in jedem Punkt einer Meinung war, so glaubte er dennoch an die Idee der politischen Union. Da er nicht sicher war, wie er antworten sollte, besann er sich der Diplomatie und nickte bloß.
Argyll lächelte weiterhin. »Wusste ich es doch. Dann holt Eure Männer. Wir müssen ein Dorf einnehmen.«
Während der Herzog sich seiner Brigade anschloss, wandte Steel sich mit grimmiger Miene Slaughter zu. »Sergeant, wie es scheint, müssen wir das Dorf angreifen. Lasst die Männer antreten. Gefechtsformation.«
»Habt Ihr den Befehl erhalten, Sir? Ich dachte, Major Cutzem wollte, dass wir hier warten.«
»Erstens bin ich es, der hier denkt, Sergeant, nicht Ihr. Zweitens können wir davon ausgehen, dass Major van Cutzems Befehl nicht bis zu uns durchgedrungen ist. Meint Ihr nicht auch?«
Slaughter musste lachen. »Ein Befehl, Sir? Ich kann mich nicht erinnern, je einen Befehl vom Major erhalten zu haben.«
»Seht Ihr. Überlasst mir das Denken.« Steel wandte sich an die Kompanie. »Grenadiere. Mir nach!«
Hansam gesellte sich zu ihm. »Aber ist das auch klug, Jack? Einen Befehl so offenkundig zu missachten? Ein solches Vergehen kann zu einem Kriegsgericht führen.«
»Ich übernehme die volle Verantwortung. Ich bin der ranghöhere Offizier, Henry. Keine Sorge. Dich trifft keine Schuld. Wir müssen das Dorf einnehmen. Wir können nicht von den Herren im Generalstab verlangen, dass sie jede Entwicklung im Kampfgeschehen im Detail verfolgen. Wie es scheint, ist der Herzog am linken Flügel in eine große Kavallerieattacke verwickelt. Jetzt sind Männer wie du und ich gefragt, Henry. Du weißt doch, dass es in den kritischen Situationen die
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