Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
zweiter Mann meldete sich zu Wort, einer der wenigen echten Schotten im Regiment. »Wie habt Ihr die Franzosen überhaupt sehen können, Sergeant? Ihr wart doch gar nicht in ihrer Nähe. So wie wir.«
»Das zweite Gesicht, Mr. Macrone. Das zweite Gesicht. So was hat man im Blut, oder? Und das solltest du dir merken. Wenn du wieder mal mit einer verbotenen Beute liebäugelst.«
Sie gingen an den Toten und Verwundeten vorbei und nahmen alles an sich, was sie an Ausrüstung und Munition verwerten konnten. Noch unbenutzte französische Kugeln und Kartuschen wanderten in die Munitionstaschen. Die französischen Kugeln waren etwas leichter und kleiner, daher passten sie nicht exakt in die britischen Gewehrläufe und flogen aufgrund des Abstandes zwischen Lauf und Kugel nicht präzise genug, aber im Verlauf eines langen Feuergefechts konnten die erbeuteten Kugeln des Gegners entscheidend sein, wenn man in einem verzweifelten Moment keine eigene Munition mehr hatte.
Erst jetzt war Zeit, über Gefangene nachzudenken, doch man musste vorsichtig sein: Es war klüger, den am Boden liegenden Gegnern das Bajonett in die Rippen zu drücken, um sicherzugehen und keine bösen Überraschungen zu erleben. Steels Blick schweifte zurück. Unten, am Fuß der Anhöhe, wimmelte es auf den Pontonbrücken nur so von grau uniformierter Infanterie: Niederländer, die sich dem linken Flügel der Alliierten anschlossen.
Die Brigade stand nun beiderseits eines Wasserlaufs, der bergab in die Schelde floss, und mehrere Männer bückten sich, um zu trinken. Slaughter sah es und rief: »Würde ich nicht machen, Cussiter. Man weiß nie, was im Wasser war.«
Taylor bekräftigte den Ratschlag des Sergeants. »Aye, Dan. Da werden die Franzmänner reingepisst haben. Oder sie haben noch Schlimmeres ins Wasser gekippt.«
Cussiter spie aus und fluchte. Die anderen, die eben noch in Richtung Wasser gestrebt waren, überlegten es sich noch einmal anders.
Steel musste lachen. »Ja, diese Arbeit macht durstig, was, Männer? Aber vergesst nicht, was ich euch versprochen habe. Ale so viel ihr wollt, wenn ihr die Anhöhe nehmt, und ich begleiche die Zeche. Haltet mir die Franzosen nur vom Dorf fern und jagt sie zurück nach Paris. Oder gleich geradewegs zur Hölle.«
3.
Steel sah nach rechts, überblickte einen Teil des breiten Schlachtfelds und erkannte, nicht ohne Verdruss, dass sowohl die Grenadiere als auch ein beträchtlicher Teil der Bataillonskompanien aus Farquharsons Regiment im Vergleich zum Rest der alliierten Linie auf der Flanke zu weit vorgerückt waren. Jene Flanke bildeten hauptsächlich hessische und Hannoveraner Infanteristen, die teilweise von den Franzosen zurückgedrängt worden waren. Binnen kurzer Zeit, so überlegte Steel, könnte der Feind erneut vorrücken. Er sah, wie die grau uniformierten Franzosen weiter rechts und mittig durch das Dorf strömten. Wie es schien, waren sie in der Lage, die Linie der Alliierten bis in die Schelde zurückzudrängen, wenn sie ungehindert vorwärtsdrängten.
Auch Hansam wurde auf das Problem aufmerksam. »Wie es aussieht, sind wir ein wenig zu weit vorgestoßen, Jack.«
»Stimmt, Henry. Und jetzt frage ich mich, wie der Herzog damit umgehen wird. Wir haben Marschland und den Fluss im Rücken. Wir können uns nicht einfach so zurückziehen. Die linke Flanke sieht stark genug aus, aber sieh dir das da mal an.«
Er deutete weiter nach rechts auf das ansteigende Gelände, wo ein großer Trupp Kavallerie in scharlachroten und goldenen Farben unaufhaltsam hinter der Infanterie vorrückte. In diesem Moment ließ eine aufkeimende Unruhe von weiter hinten die beiden Männer herumfahren. Sie hörten Schreie und das charakteristische Geräusch von zersplitterndem Holz. Steel glaubte zuerst, den Franzosen sei es gelungen, die Pontonbrücken mit Artilleriefeuer zu zerstören, doch dann erkannte er, dass zwei der Brücken unter dem schieren Gewicht der Soldaten auseinandergebrochen waren. Gemeinsam mit Hansam verfolgte er das Durcheinander am Fluss und sah, wie Hunderte niederländische Infanteristen in voller Montur in die Schelde stürzten. Die Männer verloren ihre Waffen und Teile der Ausrüstung und hatten alle Mühe, sich über Wasser zu halten. Einige hatten weniger Glück und überlebten das Desaster nicht.
Steel wurde nachdenklich. »Jetzt wird Marlborough etwas unternehmen müssen, Henry. Seine Pläne dürften ins Stocken geraten. Wir müssen den Gegner von hier aus in Schach halten. Schätze, dass
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