Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
der Herzog die rechte Flanke der Franzosen den Niederländern überlassen wollte. Aber das kann er jetzt wahrscheinlich vergessen. Die Franzosen brauchen Zeit. Wenn sie diese Zeit gut nutzen, überrennen die unsere rechte Flanke, und nicht wir die ihre. Siehst du das, Henry?«
Der Lieutenant nickte. »Dann müssen wir dafür sorgen, dass ihnen keine Zeit bleibt. Wir haben keine andere Wahl, als genau hier die Stellung zu halten und uns gegen alles zu verteidigen, was die Franzosen auf uns hetzen … das Pack dort eingeschlossen.«
Abermals deutete er auf die französischen Reiter, die von rechts immer weiter die Anhöhe herunterkamen. Sie hatten beinahe den Wasserlauf erreicht, der in den kleinen Fluss mündete, an dessen Ufern das Bataillon Stellung bezogen hatte. Die Kavallerie würde jeden Augenblick da sein.
Steel suchte Slaughters Blick. »Sie kommen, Jacob. Alles bereit machen, um die Kavallerie abzuwehren.«
Während der Befehl von den anderen Sergeants und Corporals im Bataillon weitergegeben wurde, spürte Steel die Angst der Infanteristen angesichts einer bevorstehenden Attacke der Kavallerie. Ein Albtraum für jede Fußtruppe. Steel wusste aber auch, dass eine Infanterieeinheit einen solchen Angriff abwehren konnte, wenn die Männer geistig richtig auf ihre Aufgabe eingestellt waren. Das hatte er im Verlauf des Nordischen Krieges gelernt, als er in schwedischen Verbänden gegen den russischen Zaren ins Feld gezogen war.
Steel hielt es nicht für erforderlich, die Kompanien in Rechteckformation zu bringen. Er wusste, dass Frampton in diesem Punkt seiner Meinung sein würde. Ein unnötiges Manöver. Denn mit den neuen Musketen und dem Peloton-Feuer musste es möglich sein, eine Kavallerieeinheit allein mit Musketenfeuer zu bezwingen. Ohnehin waren die Kavalleristen zu schwer, um in sehr hohem Tempo heranzudonnern. Dennoch, auch mäßig galoppierende Pferde waren eine nicht zu unterschätzende Gefahr.
Früher gerieten die Infanteristen schnell in Nachteil, wenn es zwischen den Salven eine zu lange Pause gab. Doch seit die Briten Zug um Zug im Peloton-Stil feuerten, gehörten diese Bedenken der Vergangenheit an. Ein Soldat musste nun nach einem Schuss lediglich daran denken, die Muskete mit dem aufgeschraubten Bajonett rechtzeitig auf Brusthöhe zu bringen. Auf diese Weise ließe sich jede Kavallerie abwehren.
Gleichwohl spürte Steel seinen Herzschlag, als er den Befehl gab. »Bereit machen für Kavallerie!«
Wie aus einem Guss stellten die Männer der halben Kompanie sich erneut drei Glieder tief auf, wobei die Soldaten in der ersten Reihe den Kolben der Muskete auf dem Boden abstützten. Inzwischen hatte es angefangen zu regnen, und der Untergrund war sichtlich aufgeweicht. Man konnte nun auch das Schlachtfeld nicht mehr so gut in Augenschein nehmen, und während Steel in Richtung der herannahenden Reiter spähte, kam es ihm so vor, als hätten die Gegner haltgemacht. Er rieb sich die Augen, sah noch einmal genauer hin und wandte sich dann an Williams.
»Tom, schaut Euch das an. Dort hinten, was seht Ihr, wenn Ihr in Richtung der Kavallerie schaut?«
Der junge Mann blickte angestrengt in die Richtung, die ihm sein Vorgesetzter vorgab. »Ich sehe feindliche Kavallerie, Sir. Einen ganzen Haufen. Schwer zu sagen, um was für ein Regiment es sich handelt, aber es sieht mir nach den Maison du Roi aus, König Ludwigs Elitereiter. Großer Gott, Sir. Das ist die beste Kavallerie in ganz Frankreich.«
»Gut. Schön zusammengefasst, Tom. Aber sagt mir noch, was macht Eure edle Kavallerie im Augenblick?«
Williams beobachtete die Reiter erneut. »Nichts, Sir. Offensichtlich haben sie haltgemacht.«
Steel spähte aus zusammengekniffenen Augen hinüber zum Gegner. Es stimmte. Die Pferde standen still. Ein neuer und äußerst willkommener Irrsinn in einer Schlacht der großen Überraschungen. Denn eigentlich machte eine zahlenmäßig überlegene Kavallerieeinheit, die sich einer erschöpften Infanterie näherte, nicht halt. Im Gegenteil, unter normalen Umständen trieben die Reiter ihre Pferde an, zogen die Säbel und nutzten die Wucht der Angriffswelle, um über den Feind herzufallen. Sie machten keinen Halt.
Steel versuchte, die Entfernung zu schätzen. Hundert Yards, vielleicht hundertfünfzig. Was, zum Teufel, hatte die Männer bewogen, auf der leichten Anhöhe zu verharren? Wer mochte den Befehl dazu gegeben haben?
Slaughter trat an Steels Seite. »Sir, sollen wir sie mit einer Salve
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