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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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gebotenen Entschlossenheit und so schnell, wie unsere Linien es erlauben.«
    »Ganz recht, General Overkirk. Aus strategischer Sicht müssten wir die Franzosen verfolgen oder zumindest Marschall Berwicks Armee ablenken und angreifen. Normalerweise. Aber wie mein Freund Cadogan hervorgehoben hat, dies war kein gewöhnlicher Sieg. Frankreich liegt wehrlos und offen vor uns. Offen, Gentlemen. Ist Euch bewusst, was das bedeutet? Wenn wir klug sind, werden wir nur einen Kurs verfolgen. Ich weiß von Cadogans Spionen, dass König Ludwig des Krieges überdrüssig ist. Einige Kenner sprechen sogar davon, er sei geradezu erpicht auf Frieden, und es seien allein Stolz und seine Generäle, die ihn weiterhin aufs Schlachtfeld drängen. Doch seine Streitkräfte und die Blüte des Adels seines Landes gehen auf diesen Schlachtfeldern zugrunde. Gentleman, ich habe eine Idee.«
    Er gab einem Laufburschen ein Zeichen, der daraufhin vortrat und eine Karte von Flandern und Nordfrankreich entrollte. Marlborough bewegte den Zeigefinger von der Position bei Oudenaarde in südwestliche Richtung über die Karte. »Was würdet Ihr davon halten, wenn wir auf direktem Weg nach Paris marschierten? Wir runden diesen Sieg ab und begeben uns in die Hauptstadt, halten uns gar nicht groß mit der eigentlichen Verfolgung auf und lassen die Überreste von Vendômes Armee links liegen.«
    »Sind wir dazu in der Lage?«, fragte Overkirk kritisch nach.
    Marlborough wandte sich an Cadogan. »Wie denkt Ihr darüber, William?«
    Cadogan nickte. »Ich glaube, das könnten wir schaffen, Sir. Wir verfügen über die Männer und die Ressourcen. Und ich weiß, dass Euer Plan noch weitergeht.«
    Der Herzog fuhr fort: »Paris ist eine offene Stadt. Sie hat keine Verteidigungsanlagen. Ludwig hatte immer schon so viel Vertrauen in seine Armeen, dass er die Mauern bereits vor dreißig Jahren einreißen ließ. Wie der Stolz einen Mann doch zu Fall bringen kann! Aber das hat uns nicht sonderlich zu interessieren. Wir müssen diese Stadt nicht einnehmen. Wir können vor den Toren die Lager aufschlagen, worauf Ludwig uns um Friedensverhandlungen ersuchen wird – insbesondere, wenn seine Kundschafter ihm mitteilen, dass unsere neue Armee aus England übersetzt und in Abbeville an Land geht.«
    »Ist das so?«
    »Noch nicht, aber das ist Teil meines Vorhabens. Lieutenant-General Erle hat bereits mit seinen Verbänden die Isle of Wight verlassen, eskortiert von unseren Kriegsschiffen. Sobald Ludwig davon erfährt, und das wird er, wird er in Versailles vor Furcht zittern. Derweil werden wir uns in Abbeville mit Erle vereinigen. Dann verfügen wir über hunderttausend Mann samt Vorräte, die wir über die Küste beziehen. Ein rascher Vorstoß entlang des Flusses Lys, und schon haben wir die Forts von Menin und Courtai umgangen. Auf diese Weise ersparen wir uns den Aderlass, der uns bevorstünde, wenn wir erneut eine von Monsieur Vauban konstruierte Festung belagern müssten. Wir marschieren an Lille vorbei und wenden uns nach Süden«, abermals wanderte sein Finger über die Karte, »immer weiter ins Inland bis zur Hauptstadt. Und so, Gentlemen, wird Flandern frei sein, unsere Männer brauchen nicht umsonst zu sterben. Unsere Feinde daheim werden sich verwirrt die Augen reiben, und der Sieg wird uns gehören.«
    Marlborough wartete auf die Reaktionen seiner Berater. Die Generäle blickten erstaunt auf die Karte, mancher mit offenem Mund. Soeben hatten sie den kühnsten Plan gehört, der ihnen je unterbreitet worden war – zweifellos der kühnste Plan der britischen Militärgeschichte.
    Cadogan räusperte sich. »Ein Meisterstück, Euer Hoheit. Eine brillante Strategie.«
    Die Berater nickten zustimmend, nur Prinz Eugen nicht, der nach wie vor auf die Karte starrte und seine Meinung für sich behielt. Marlborough indes lächelte, rief nach Wein und hielt dann den großen, mit Silber überzogenen Kelch hoch, den Königin Annes Goldschmiede aus einer echten Kokosnuss gefertigt hatten und den er stets auf Feldzügen mitnahm. Feierlich wandte er sich an den Generalstab: »Ein Toast, Gentlemen. Denn mein Entschluss steht nun fest. Kommende Woche marschieren wir gen Paris.«

4.
    Henrietta Vaughan räkelte sich nackt auf dem zerwühlten Laken und bog anmutig den Rücken durch. Als sie merkte, dass ihr Mann sie von seinem Platz aus nicht sehen konnte, erhob sie sich mit geschmeidigen Bewegungen und schlang die Arme um das Kopfende des Bettes, wobei sie darauf achtete, dass ihre

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