Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Das ist kein Ort für eine Dame.«
»Aber die Frauen, Sir, sind – wenn Ihr erlaubt, Sir – keine Damen. Das wollte ich Euch ja die ganze Zeit verdeutlichen.«
»Wartet, Sergeant. Lasst mich raten, wer diese Frauen sind und warum sie hier sind.«
»Nun, sieht ganz danach aus, als hätten wir ihr Zuhause genommen, Sir.«
»Das Zuhause der Frauen? Die Schänke, nehme ich an?«
»Ganz recht, Sir. Die Schänke, die wir zunächst für eine Schänke gehalten haben. Tatsächlich handelt es sich aber um ein Haus … von zweifelhaftem Ruf, Sir. Um ein Bordell. Schätze, die Mädchen haben gehört, dass Soldaten anrückten, und glaubten, es wäre gut für’s Geschäft. Als dann die Schlacht begann, war’s zu spät für sie, die Flucht zu ergreifen. Deshalb haben sie sich unten im Keller versteckt.«
»Großer Gott. Ihr solltet dafür sorgen, dass nicht auch noch die anderen Jungs die Frauen entdecken.«
»Tja, Sir, dafür ist’s ein bisschen spät.«
»Ich lasse jeden, der sich an einer der Frauen vergreift, vor aller Augen auspeitschen, Jacob.«
»Das würde nicht viel bringen, wenn ich so sagen darf, Sir.«
»Ach nein?«
»Nein, Sir. Denkt dran, Ihr habt den Jungs alles versprochen, was in der ›Schänke‹ auf der Speisekarte stand, sozusagen.«
»Das habe ich also gesagt?«
»Habt Ihr, Sir.«
»Verflucht, Jacob. Die britische Armee trägt einen ruhmreichen Sieg davon, und welche Rolle spielt dabei meine Kompanie? Wir befreien ein elendes Hurenhaus!«
»Aber wir haben auch eine Fahne erbeutet, Sir.«
Steel musterte seinen leicht zerknirschten Sergeant. Er wusste, dass es nur einen Ausweg gab. »Ihr wisst, dass ich ein Mann bin, der zu seinem Wort steht, Sergeant.«
»Ihr seid Eurem Wort immer treu, Sir, durch und durch.«
»Dann sorgt dafür, verdammt noch mal, dass sonst niemand davon erfährt, weder Major Frampton noch der Colonel. Und ehe die Männer sich auf meine Kosten vergnügen, sollten sie zunächst schön brav die Waffen einsammeln. Liegen ja genug davon herum.«
»Sehr gut, Sir. Die Männer werden begeistert sein.«
»Niemand, Sergeant, niemand darf davon erfahren, verstanden? Und wenn sich einer der Männer ansteckt, werfe ich ihn aus der Kompanie. Jeder kann entscheiden, welche Risiken er eingehen will.«
»Jawohl, Sir.«
»Und Ihr solltet Mr. Williams mit der Fahne nach hinten schicken, sobald die Männer sie gesehen haben. Er soll sich auf die Suche nach Marlborough begeben und dem Herzog mitteilen, welches Regiment sie erbeutet hat. Er soll ihn daran erinnern, dass es Captain Jack Steels Kompanie war.«
***
Falls Steel geglaubt hatte, seine Trophäe würde dem Herzog gleichsam auf dem silbernen Tablett präsentiert, so irrte er. Ein Stück weit ostwärts, hinter der letzten Position von Farquharsons Grenadieren, stand Marlborough vor einer kleineren Gruppe von Offizieren, neben ihm Prinz Eugen, der im Verlauf der Schlacht den rechten Flügel befehligt hatte. Die Herren blickten auf etwas, das zu Füßen des Oberbefehlshabers lag: Ein ganzer Berg französischer Fahnen, der von Minute zu Minute wuchs.
Cadogan hatte ein Lächeln aufgesetzt und bückte sich, um die Seide eines der erbeuteten Banner zu berühren, ehe er sich zum Herzog umwandte. »Ein großartiger Sieg, Euer Hoheit. Ein Sieg, der seinesgleichen sucht. Nun hat man in London wieder etwas, über das man sprechen kann. Und welch eine Ehre für die Königin. Wie ich erfuhr, hat der Feind fünfzehntausend Mann verloren, vielleicht sogar zwanzigtausend. Weitere zehntausend sind desertiert und Hals über Kopf nach Frankreich geflohen. Auf unserer Seite haben wir lediglich dreitausend Verluste zu beklagen, ungefähr eintausend Mann ließen ihr Leben. Ein eindrucksvoller Sieg, Euer Hoheit.«
»Ja, William, eindrucksvoll, in der Tat, aber um ehrlich zu sein, für meinen Geschmack war es sehr knapp. Hättet Ihr den Feind drunten am Brückenkopf nicht so eisern aufgehalten, wäre das Ganze mit Sicherheit anders ausgegangen. Aber so hatten wir Zeit, unsere Truppen eine nach der anderen ins Spiel zu bringen.«
»Und Ihr seid rechtzeitig gekommen, Sir. Jetzt liegt Frankreich offen vor Euch.«
Marlborough zog die Stirn in Falten. »Aye, da habt Ihr recht. Ganz Frankreich. Wir brauchen es uns nur zu nehmen. Aber wie könnten wir unseren Sieg am besten nutzen, was meint Ihr?«
Ein weiterer Stabsoffizier, Overkirk, meldete sich zu Wort, noch ganz trunken vom Triumph: »Wir sollten den Franzosen nachsetzen, Mylord. Mit aller
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