Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Alliierten und seine Gesundheit. Wenn er doch nur besser aufgelegt gewesen wäre, anstatt tagaus, tagein unter diesen Kopfschmerzen zu leiden! Dann wäre es ihm vielleicht gelungen, die Niederländer von seinem Plan zu überzeugen. Aber er war müde, entsetzlich müde. Als er spürte, dass ihm fast die Augen zufielen, stieß er einen Seufzer aus und schaute in die Runde seiner Generäle.
»Gentlemen, ich kann nicht glauben, dass Prinz Eugen – der stets mein engster Verbündeter und wahrer Freund gewesen ist – sich in diesem Punkt der Meinung der Niederländer angeschlossen hat und unser Vorhaben, nach Paris vorzurücken, nicht gutheißen will.«
Steel vernahm die Worte und blickte den Herzog erstaunt an. Das also war seine Absicht gewesen – der Marsch nach Paris, um die französische Hauptstadt einzunehmen. Ein unglaublich verwegener Plan, ein meisterlicher Schachzug, der diesen Krieg gewiss beendet hätte. Aber warum, so überlegte Steel, hatten die Niederländer sich dagegen ausgesprochen?
Marlborough fuhr fort: »Stattdessen, Gentlemen, schlägt Seine Hoheit, unser niederländischer Berater, der gute Goslinga, vor – feiner Stratege, der er ist …«, einige Herren konnten ihr Lachen nicht unterdrücken, »dass wir den Herzog von Burgund verfolgen sollen, um die Franzosen in Gent und Brügge festzusetzen.«
»Sein Plan hat auch seine Vorzüge, Euer Hoheit«, meldete Cadogan sich zu Wort.
Marlborough bedachte seinen Vertrauten und Stellvertreter mit einem finsteren Blick. »Leider, William, muss ich zugeben, dass Ihr recht habt. Aber diesen Plan sollten wir nicht verfolgen. Lieber höre ich auf Prinz Eugens Rat und belagere Lille. Mit diesem Schritt werden wir Ludwigs Zorn erregen und ihn gleichzeitig so sehr in Angst und Schrecken versetzen, dass er in Friedensverhandlungen einwilligen wird. Wir werden nicht mehr als zehn Tage Artilleriefeuer benötigen. Sobald die Stadt uns gehört, widmen wir uns der Zitadelle. Danach werden wir in der Lage sein, unseren Marsch auf Paris fortzusetzen. Ich werde erst dann in Erwägung ziehen, das Winterquartier aufzuschlagen, wenn wir Marschall Vendôme überzeugt haben, seine Position in Gent aufzugeben.«
Orkney ergriff das Wort. »Aber glaubt Ihr wirklich, dass die Eroberung Lilles ausreicht, Ludwig dazu zu bringen, in Friedensverhandlungen nach unseren Bedingungen einzuwilligen?«
»Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, dass der französische König den Wunsch hegt, diesen Krieg zu beenden. Er weiß, dass sein Land bei unseren Siegen immer weiter ausbluten wird. Nicht zum ersten Mal – und ich wage zu behaupten, auch nicht zum letzten Mal – wird die Blüte des französischen Adels auf den Schlachtfeldern Flanderns geopfert. Außerdem, meine Herren, beabsichtige ich, Nordfrankreich zu verwüsten, wie wir es bereits in Bayern getan haben.«
»Ihr gedenkt, die Provinz Artois niederzubrennen?«, hakte Orkney nach.
Der Herzog nickte. »Glaubt mir, diese Entscheidung fällt mir nicht leicht, wie schon damals in Bayern, aber ich sehe keine Alternative. General Lumley, Ihr nehmt Eure Dragoner und so viele niederländische Reiter, wie Ihr bekommen könnt, und dringt tief ins Artois ein. Und gleich in die Picardie, wenn es sein muss. Binnen fünfzehn Tagen möchte ich fünfzig Schwadronen samt Infanterie und Kanonen tief in Frankreich stehen haben. Ihr wisst ja, dass wir in der vergangenen Woche einige Dragoner bis nach Armentières geschickt haben.«
Er deutete auf die Karte und strich mit einer ausladenden Geste über das Gebiet der Picardie. »Wir halten die Stadt St. Quentin, auf halbem Weg zwischen Lille und Paris. Arras und Lens gehören so gut wie uns. Doullens und Péronne werden bald auch in unsere Hände fallen. Wir haben bereits französische Geiseln genommen, und Ihr, Lumley, werdet zweifellos noch mehr nehmen. So viele, wie es Euch richtig erscheint. Aber pickt Euch die Würdenträger und hohen Amtspersonen heraus. Ludwig wird ein solches Vorgehen nicht tolerieren. Ich habe das Brandschatzen ausdrücklich genehmigt: Häuser, Felder, Vieh. Die Menschen sollen verschont bleiben. Niemandem soll grundlos Leid an Leib und Leben widerfahren. Auf diese Weise werden wir den König zu Verhandlungen zwingen.«
Cadogan hüstelte. »Uns erreichen indes einige Berichte, Euer Hoheit, dass die Niederländer ein wenig zu übereifrig waren.«
Marlboroughs Stirn sah zerfurcht aus. »Nun, solche Berichte lassen sich nicht vermeiden. Aber was bleibt uns anderes übrig,
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