Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
wieder ein.«
»Das will ich nicht hoffen, Captain. Ich bin mehr als glücklich mit meiner Arbeit hier.«
Steel fragte sich, wie diese Arbeit aussehen mochte, und blickte den Mann erwartungsvoll an. »Warum habt Ihr mich so ausstaffiert? Diese absurden Kleider! Welchem Zweck dient das?«
Simpson trat einen halben Schritt zurück und lächelte. »Ja, mein Junge, das habe ich gut gemacht, nicht wahr? Ihr seht wahrlich wie ein Beau aus. Ein Beau, müsst Ihr wissen, ist eine Art Narziss, der sich in seinen eigenen Schatten verliebt hat. Schaut Euch nur um, dann seht Ihr viele dieser Exemplare. Ja, seht sie Euch nur an. Sie hassen alle, die ihnen nicht mit Schmeicheleien begegnen. Sie verabscheuen es, ein Wort mit jemandem wechseln zu müssen, der kein Adliger und somit unter ihrer Würde wäre. Herzöge sind ihre Vertrauten, von denen sie alle Geheimnisse bei Hofe erfahren. Das, mein lieber Captain, ist der Grund, warum ich die Gesellschaft dieser Leute suche. Und ich bin sicher, dass mit den Jahren etwas von dem Gehabe bei Hofe auf mich abgefärbt hat. Ich bin fast schon einer von ihnen. Übrigens, Ihr habt eine gute Wahl getroffen. Das Gold steht Euch gut zu Gesicht. Nur der Hut ist vielleicht ein wenig de trop .« Er kicherte aufdringlich.
»Missbilligt Ihr all dies hier?«
»Oh, nein. Oh, keineswegs, mein lieber Junge. Ihr werdet eine gute Figur machen.«
»Aber Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet. Warum das alles?«
Simpsons Miene war mit einem Mal ernst. »Ich habe meine Methoden, Captain, und meine Gründe. Ich verlange von Euch lediglich, dass Ihr mir vertraut und meine Ratschläge aufs Wort befolgt. Dies ist mein Land. Ihr seid hier ein Fremder. Aber jetzt kommt.«
Sie verließen die Eingangshalle und gingen über eine gewundene Treppe aus hellem Stein in die obere Etage. Von einem langen, prachtvollen Gang, an dessen Wänden Spiegel und Gemälde hingen, gingen links und rechts weitere Räume ab.
Simpson hakte sich bei Steel unter. »Kommt, Captain Johnson, wir stärken uns ein bisschen, ehe wir eintreten. Ein Glas Wein und ein klein wenig zu essen?«
Sie betraten den Raum zu ihrer Rechten, und Steel verschlug es den Atem. Im Verlauf der letzten zehn Jahre war er fast ausschließlich auf Feldzügen gewesen, sodass er sich kaum noch erinnern konnte, wann er zuletzt eine solche Zurschaustellung von Reichtum und Prunksucht gesehen hatte. Entlang der Wände, an denen vergoldete Spiegel und Ölgemälde prangten, standen Tische, überladen mit Speisen aller Art: Ein Ragout aus Truthahnfleisch, geröstetes Lammfleisch, gebratene Kapaune und Rebhühner, Salate, Schweinezungen, Ente, Austern, Muscheln, Pasteten, Artischocken, frische Erbsen – die Bandbreite kannte keine Grenzen. Steel musste einen Augenblick an seine Männer denken. Was hätten sie darum gegeben, nur einen Bissen von diesen Köstlichkeiten zu ergattern.
Erst da bemerkte er, dass eine Dame neben ihnen stand.
»Chéri. Mein lieber St. Colombe, ich brauche Euren Rat für die Farbe dieser Seide. Denkt Ihr, ich habe einen furchtbaren Fehler gemacht? Ist der Stoff zu blass, um es in Worte zu fassen? Kommt und sagt es Eurer Madame de Soubise.« Sie sah Steel mit ausdruckslosen Augen an. »Oh, entschuldigt, Monsieur. Ich muss mir Euren Freund einen Moment ausleihen. Er ist der geborene Stilberater, die einzige Quelle des Rates in tout Paris .«
Simpson zog eine Braue hoch und schien Steel fragen zu wollen, was er tun solle. »Die Pflicht ruft, mein Lieber. Nur einen Augenblick, Captain Johnson. Bleibt genau hier stehen und sprecht mit niemandem, es sei denn, Ihr werdet angesprochen.«
Steel sah Simpson nach und wandte sich wieder dem Speisezimmer zu. Eins der Gemälde an den Wänden erregte seine Aufmerksamkeit. Es war ein exquisites Ölgemälde, das Nymphen und Schäfer zeigte, die um eine Statue eines Kalbes tanzten. Fasziniert betrachtete er das Bild und verlor sich in der Tiefe der Farben, als er ein Hüsteln neben sich vernahm.
»Ich glaube, ich hatte noch nicht das Vergnügen, Eure Bekanntschaft zu machen.«
Es war die Stimme eines Mannes. Als Steel sich umdrehte, sah er sich einer Person gegenüber, die ungefähr so groß war wie er. Das Gesicht jedoch konnte er nicht sehen, da der Mann sich hinter einer Maske aus Pappmaschee versteckte, die nur die Mundpartie frei ließ. Die Maske stellte eine Teufelsfratze dar, mit einer gebogenen Nase und einer Sonne oberhalb und unterhalb der Augen.
Der Mann sprach ihn erneut an. »Es tut
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