Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
mir leid, Monsieur. Wie gesagt, ich glaube nicht, dass wir einander vorgestellt wurden.«
Steel nickte. »Captain Johnson, Monsieur. Aus Clares Regiment der Dragoner, in Diensten Frankreichs.«
Der Mann wirkte erstaunt und trat einen Schritt zurück, um Steels Aufzug zu mustern. »Oh, Ihr seid Soldat?«
»In der Tat.«
Der Mann betrachtete ihn eingehend. »Ihr werdet entschuldigen müssen, aber Ihr seht nicht wie ein Soldat aus, Monsieur. Eure Kleidung, zum Beispiel …«
Steel unterbrach ihn. »Was ich zu tragen pflege, wenn ich nicht im Dienst bin, Monsieur, bleibt mir überlassen. Es geht niemanden etwas an.«
»Ganz recht. Aber Ihr werdet zugeben, dass es kaum die Kleidung eines Soldaten ist.«
Steel antwortete unüberlegt und bedauerte seine Reaktion sogleich: »Sucht Ihr mich zu beleidigen, Monsieur?«
»Nicht im Mindesten. Ich bin der Letzte, der Streit suchen würde. Ich bin lediglich ein Beobachter.«
»Dann bitte ich Euch, nicht mich zu beobachten, Monsieur. Oder Ihr bezahlt einen Preis wie jene Offiziere, die sich nicht die Zeit nahmen, ihre Situation in der letzten Schlacht abzuwägen.«
Der Mann erstarrte sichtlich. »Ihr wart in Oudenaarde?«
»Ich hatte die Ehre, Monsieur.« Kaum waren ihm die Worte über die Lippen gekommen, erkannte er mit Schrecken, dass seine allzu clevere Bemerkung bei seinem Gegenüber womöglich den Eindruck hinterließ, er sei auf der Seite der Sieger gewesen. Rasch versuchte er, die Dinge klarzustellen, indem er hinzufügte: »Ich meinte damit, dass Marschall Vendôme das Beste aus einer unerträglichen Situation gemacht hat.«
Der Mann lächelte hinter seiner Maske, und Steel fragte sich, ob der Fremde ihm die Geschichte abkaufte. »In der Tat. Wenn er mehr erreicht hätte, wäre vielen von Frankreichs Söhnen ein schreckliches Schicksal verschont geblieben.«
»Demnach seid Ihr gegen diesen Krieg, Monsieur?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Das will ich nicht sagen. Ich bin gegen alles, was unnötiges Leid verursacht. Aber seid versichert, Monsieur, dass ich für all die Dinge bin, die gut und gerecht sind, und wenn der König erklärt, dass dies ein gerechter Krieg ist, dann muss ich ihm beipflichten. N’est-ce pas? «
»Ganz recht.«
Der Mann fuhr fort: »Die Schlacht war lediglich ein Rückschlag, habe ich recht? Die Paris Gazette sagt, dass es an Entschlusskraft mangelte. Nicht all unsere Kräfte seien in den Kampf verwickelt gewesen. Ich denke, die Briten schreiben sich einen Sieg auf die Fahne, der so überzeugend nicht war. Leider hat diese eine Niederlage unser Oberkommando gespalten, was uns Gefahr beschert. Wenn Marlborough und seine Verbündeten wüssten, in welche Verwirrung diese Affäre Ludwig und seine Generäle gestürzt hat, würden die Briten geradewegs nach Paris marschieren, das steht fest. Und das wäre dann das Ende.«
Steel bemühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken. Hier hatte er den Beweis für den Auftrag in der französischen Hauptstadt. Es stimmte also. Die Franzosen waren gespalten und reif für die Kapitulation. Ihm war klar, dass er dieses Gespräch fortsetzen musste. »Wen trifft die Schuld bei der Niederlage, was denkt Ihr? Marschall Vendôme oder den Herzog von Burgund?«
Der Mann lachte, lauter diesmal. »Meint Ihr das ernst, Captain? Nun, die Schuld trägt natürlich Vendôme. Dieser Ansicht ist zumindest der König, soweit ich weiß.«
»Und Ihr schließt Euch natürlich der Ansicht des Königs an?«
»Marschall Vendôme hat diese Katastrophe heraufbeschworen, und ich habe keine Zweifel, dass er die Folgen wird tragen müssen. Wie kann man an der Schuld eines Mannes zweifeln, dessen persönlicher Sekretär einen Brief schreiben musste, um seinen Herrn zu entlasten? Was für ein Lügengespinst. Habt Ihr den Brief gelesen? Er wurde mehrfach kopiert. War in jedem Kaffeehaus und Bordell in Paris zu lesen.«
Steel schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Brief dieser Art zu Gesicht bekommen. Ich weiß nur so viel: Hätte man den französischen Reitern nicht gesagt, das Marschland sei unpassierbar, hätten Rantzaus Hannoveraner nicht den linken Flügel vernichten können.«
Der Mann spähte leicht hinter seiner Maske hervor. »Der linke Flügel? Sicher meint Ihr den rechten?«
Steel verbiss sich einen Fluch. Er hatte clever sein wollen und sich doch nur wieder in Gefahr gebracht. Natürlich, der linke Flügel der Alliierten war aus Sicht der Franzosen der rechte Flügel. Kopfschüttelnd und mit einem Lächeln erwiderte
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