Stefan Bonner und Anne Weiss
berichtet sie. »Viele reden zwar andauernd über Sex, weil das Thema in den Medien omnipräsent ist. Aber wirklich aufgeklärt sind sie nicht – gerade bei der Verhütung gibt es große Wissenslücken.« Früher sei wesentlich eher und häufiger über das Thema Sex in den Familien gesprochen worden. Wer erinnert sich nicht an Aufklärungsbücher wie Peter, Ida und Minimum , die unsere Siebzigerjahre-Eltern uns mit bemüht lockerem Lächeln vor-gelesen haben?
Die Eltern der Generation Doof dagegen vertrauen ganz auf die Schule und die Öffentlichkeit. Leider ein Problem, das sich fort-pflanzt: Wer heute nichts über Sex weiß, der wird es morgen ver säumen, die eigenen Kinder aufzuklären.
Dass die Generation Doof den Sex aus der Schmuddelecke in die Öffentlichkeit zerrt, bedeutet also nicht automatisch, dass wir in Liebessachen die Experten sind, die wir vorgeben zu sein. Wir sind bemüht, erwachsen zu wirken – und machen dabei eine schlechte Figur. Immer so zu tun, als wüsste man alles, weil man zu cool ist, um Wissenslücken zuzugeben, ist eine kindische Stra tegie, die voller Tücken ist. Zudem nehmen wir dem Thema Sex die Spannung. Sex wird immer langweiliger werden, wenn wir ständig darüber reden, und bald überblättern wir Tests wie »Welcher Sextyp sind Sie?« in unserer Lieblingszeitschrift nur noch. Dann kennen wir schon alles – ob Analverkehr oder Aquasutra, bei dem man beispielsweise das Sexpotenzial des menschenleeren Hotelpools entdecken soll.
Machen wir uns also keine Sorgen über das kontaminierte Schwimmbecken unseres Dreisternehotels an der türkischen Rivi era: Den Ferkelchen wird die Lust wahrscheinlich bald vergehen. Genauso wie denjenigen, die ihr Glück in der kuscheligen Zwei samkeit suchen. Denn ein Partner, der nur Zierde ist, kann auf Dauer doch nicht glücklich machen. Oder?
Zweite doofe Liebesregel: Kuscheln, bis der Arzt kommt
»Ein Intellektueller ist jemand, der etwas Interessanteres als Sex gefunden hat« – diese interessante Erkenntnis soll Edgar Wallace einmal formuliert haben, und zwar lange bevor er der Generation Doof mit der Filmkomödie Der Wixxer ein Begriff wurde, einer Parodie auf die Edgar-Wallace-Verfilmungen der fünfziger und sechziger Jahre.
Falls Sie sich für intellektuell halten, überprüfen Sie im Geiste an dieser Stelle Ihr Sexleben. Sie halten sich für gefühlvoll und mal tiefgründig, Sex ist Ihnen nicht so wichtig? Aha.
Sie gehören ganz eindeutig zum hyperromantischen Teil der Generation Doof. Hyperromantiker träumen davon, sich in ein Wunderland zurückzuziehen und den grauen Alltag auszusperren, allein mit sich und dem Schatz, den sie so eifrig hüten. Das ist Bal sam für ihre Seele. Keiner verlässt das Haus, aber dafür bleibt auch die Unbill der Welt draußen.
»Am Wochenende will ich mir mit meinem Süßen ein Nest bauen« sagt Svenja, die Ende zwanzig ist und schon seit ihrer Ausbildung als Sachbearbeiterin im Finanzamt arbeitet. »Da schauen wir Fil-me, machen uns was Leckeres zu essen und sperren die Welt ein fach mal aus.«
So wie ihr geht es vielen.
Die konservative Kuscheldecken-Zweisamkeit, bei der man sich wieder altmodisch verlobt, Reisen ins Pauschalferienparadies plant und gemeinsam Zukunftspläne schmiedet, bietet für viele Paare einen Panzer gegen die Kälte des Alltags, in dem sie mit sexueller Unverfrorenheit (»Poppen?«) und kühlem oder langweiligem Arbeitsalltag (»Haben Sie die Akten für Meyerdirks schon rausge-sucht?«) zu kämpfen haben.
Die Lösung der Generation Doof: Rückzug in die eigenen vier Wände und knuddeln, was das Zeug hält. Rosamunde Pilcher wäre stolz auf uns.
Viele von uns wollen im Privaten eine Auszeit von einer Welt, die sich immer schneller dreht und in der wir stets beherrscht, präsent und wachsam sein müssen, damit sie uns nicht über den Kopf wächst.
Die Zeit mit dem Partner wird zum Pausenknopf, mit dem man den Lauf der Dinge zumindest abends und am Wochenende für eine Weile anhalten kann. Und man ist nicht alleine. Denn dann müsste man sich ja vielleicht mit sich selbst auseinandersetzen oder sich – was für eine schreckliche Vorstellung! – ein Hobby suchen. In einer Beziehung hat man dafür Schatzi sei Dank keine Zeit. Das ist was für Singles.
»Ich hab Sie nun zu den Akten gelegt und hoffe durch meine Hoppy’s wieder abstand von IHR zu gewinnen. Ich hoffe auch bald eine neue Stelle zu finden, wo keine Frau mehr ist die einen den Kopf verdreht.«
User B12 auf
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