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Steh dir nicht im Weg

Titel: Steh dir nicht im Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dehner , Ulrich Dehner
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lassen, der Arme braucht mich doch!
Ich muss helfen.
Ich habe Angst, abgelehnt zu werden, wenn ich Nein sage.
    Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir wollen hier keinen hemmungslosen Egoismus predigen! Aber in unseren Augen sollte jemand die Wahl haben, ob er in einer bestimmten Situation die eigenen Interessen in den Vordergrund stellen will oder nicht. Wer unter dem Zwang dieses Antreibers steht, hat diese Wahl nicht. Meist nimmt er die eigenen Bedürfnisse schon gar nicht mehr wahr, da er so daran gewöhnt ist, sich auf die Bedürfnisse der anderen einzustellen. In unserem christlich geprägten Umfeld sagen Menschen mit |216| dem »Sei gefällig«-Antreiber häufig, sie seien eben nach dem Motto »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« erzogen worden, und daran sei ja nichts Schlechtes. Wir geben ihnen darin völlig recht, weisen nur darauf hin, dass wir in dem Fall ungern ihr Nächster wären – wenn wir dann genauso schlecht behandelt würden, wie sie sich selbst behandeln.
    Manchmal löst das schon genug Nachdenken aus, um sich wenigstens nicht mehr ganz so schamlos ausnutzen zu lassen, wie es manchen Leuten mit diesem Antreiber ergeht. Denn natürlich trifft jemand, der es allen anderen recht machen will, ganz schnell auf Menschen, die überhaupt kein Problem damit haben, die eigenen Lasten auf andere abzuwälzen – Menschen, die ihre eigenen Forderungen sehr klar artikulieren können und auf ein zaghaft oder indirekt vorgebrachtes »Eigentlich passt es mir gerade nicht so besonders gut« gar nicht reagieren.
    Solche Menschen sind dann auch die ersten, die mit Kritik auf die betroffene Person reagieren, wenn diese versucht, sich aus der Umklammerung des Antreibers zu lösen. Dann kommen zum Beispiel Rückmeldung wie »Du hast dich in letzter Zeit aber sehr zu deinem Nachteil verändert! Früher warst du viel netter!« Klar, früher haben sie ja auch enorm von dieser »Nettigkeit« profitiert. Solche Kommentare erschweren es den Überangepassten natürlich, ihre eigenen Belange als gleichberechtigt anzuerkennen und sie standhaft zu verteidigen, denn dadurch wird die Angst geschürt, nicht mehr akzeptiert zu werden, wenn man nicht bedingungslos für die anderen da ist.
    Wirkliche Freunde jedoch werden erleichtert sein, denn es macht jede Beziehung einfacher, wenn man klar sagen kann, was man will beziehungsweise nicht will. Einem Menschen mit dem »Sei gefällig«-Antreiber nützt es gar nichts, wenn er mit einem »Gleichgesinnten« zusammentrifft: Wenn sie Pech haben, will jeder so sehr die Wünsche des anderen erfüllen, dass sie beide leer ausgehen. So erging es zwei Freundinnen, die gemeinsam nach Italien in Urlaub fuhren.

    |217| Beispiel: Da sie beide sehr kulturbeflissen waren, vermutete jede von der anderen, dass die gar keine Lust darauf hätte, einfach nur am Strand zu faulenzen. Also überboten sie sich gegenseitig an Vorschlägen, welche Museen, Kirchen oder Ausstellungen man besuchen könnte – und jede bestätigte so der anderen, dass sie wohl Recht habe mit ihrer Vermutung. Es wurde ein ziemlich anstrengender Urlaub, den beide viel lieber mit Lesen am Strand und entspanntem Herumtrödeln verbracht hätten. Aber das wollte keine der beiden der anderen zumuten! Da macht man sich das Leben doch bedeutend einfacher, wenn man seine Bedürfnisse klar zum Ausdruck bringen kann. Und wenn man noch akzeptiert, dass andere das auch tun, braucht keiner für seine Wünsche und Bedürfnisse ein schlechtes Gewissen zu haben.
    Streng dich an
    Wenn ein Kind lieber liest und spielt, statt sich mit seinen Hausaufgaben zu beschäftigen, fragen die Eltern in den seltensten Fällen, was die Schule eigentlich verkehrt macht, um dem Kind so gründlich die natürliche Freude am Lernen auszutreiben. Stattdessen hagelt es eher Sanktionen – besonders dann, wenn aufgrund des mangelnden Lerneifers die Schulnoten nur durchschnittlich ausfallen. Es gibt ein großes Drama zu Hause und bei den Eltern wächst die Angst, dass das Kind zum Schulversager werden könnte.
    Um das zu verhindern, wird dem Kind also zum Beispiel befohlen: »Von jetzt ab wirst du jeden Nachmittag von drei bis sechs an deinem Schreibtisch sitzen und lernen!« Das Kind ist gewitzt genug, sich seinen
Winnetou
oder
Harry Potter
unter die Schulhefte zu legen und verbringt die Nachmittage zur allseitigen Zufriedenheit: Es hat etwas Spannendes zu lesen und die Eltern sehen, dass das Kind sich anstrengt. Zwar werden die Schulnoten nicht besser, aber die

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