Steh dir nicht im Weg
natürlich entgegen. Trotz unzähliger brillanter Feuilleton-Artikel über den Wert der Ruhe und des Müßiggangs findet der Vielbeschäftigte, der immer unter Zeitdruck steht, mehr soziale Akzeptanz als der Gemächliche (wahrscheinlich weil die Leute es alle viel zu eilig haben, um brillante Feuilleton-Artikel zu lesen).
Das Paradoxe daran ist, dass man eigentlich alles sehr viel schneller geregelt bekommt, wenn man es mit Ruhe angeht. Diese Erfahrung haben Sie bestimmt schon gemacht: Wenn Sie sich einer Sache |223| ruhig widmen können, watscheln Sie nicht als lahme Ente durchs Leben, sondern kommen konzentriert und zügig vorwärts! Das schafft der Hektiker jedoch nicht, denn seine automatisierten negativen Gedanken drängeln ihn, noch mehr Gas zu geben:
Wenn ich mich jetzt nicht wahnsinnig beeile, schaffe ich das nie im Leben.
Das muss schneller gehen, ich habe keine Zeit mehr.
Wenn ich jetzt nicht aufs Tempo drücke, kriege ich ein Riesenproblem.
Dazu malt er sich in lebhaften Farben aus, welche Katastrophen ihn erwarten, wenn er wegen der knappen Zeit nicht fertig wird. Er erhöht dadurch seinen inneren Stress und damit auch seine Fehlerquote, was ihn zusätzlich unter Druck bringt. Das legt die Vermutung nahe, dass der »Beeil dich«-Antreiber meist einhergeht mit der Einschärfung »Schaff’s nicht«: Durch erhöhtes Tempo will man dem »Schaff’s nicht« entgegenwirken und trägt so gerade zu seiner Erfüllung bei.
Vielleicht trägt der »Beeil dich«-Antreiber ja auch eine Mitschuld an der mitunter rücksichtslosen Drängelei auf deutschen Straßen und Autobahnen. Inzwischen gibt es reichlich Zahlenmaterial darüber, dass es eine Illusion ist zu glauben, man käme durch Raserei schneller ans Ziel, da sich die zeitlichen Einsparungen selbst auf längeren Strecken nur im Minutenbereich bewegen. Trotzdem wird weiterhin riskant überholt, ungeduldig die Lichthupe betätigt und viel zu nah aufgefahren. Statt sich über einen Drängler zu ärgern, sollte man ihm wahrscheinlich Mitleid entgegenbringen – er wird schließlich von seinem Antreiber vorwärts gepeitscht:
Geht das denn nicht schneller! Was sind das denn für lahme Krücken, die hier herumschleichen!
Jetzt mach doch mal vorwärts da vorne, sonst schaffe ich meinen Termin nicht!
Ich bin schon wieder so spät dran und die trödeln da so herum.
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|224| Geben Sie sich selbst die Erlaubnis
In den vorangegangenen beiden Kapiteln haben Sie eine Menge über Einschärfungen und über Antreiber gelernt und sich wahrscheinlich auch in einigen der beispielhaften Schilderungen wiedergefunden. Sie fragen sich jetzt möglicherweise, ob man eine Einschärfung oder einen Antreiber nicht ganz direkt mit der Check-your-Mind-Methode angehen kann. Doch da sich Einschärfungen und Antreiber immer nur in ganz konkreten Situationen zeigen, ist das schlecht möglich. Das heißt, Sie werden Ihre Einschärfungen oder Antreiber immer anhand eines Ereignisses, das Ihnen zustößt oder zugestoßen ist, bearbeiten.
Wenn jemand unter dem Einfluss einer Einschärfung oder eines Antreibers handelt, so kann man ganz generell sagen, dass ihm die entsprechende innere Erlaubnis fehlt. Bei den Einschärfungen, die ja eigentlich Verbote sind, liegt auf der Hand, welche Erlaubnis jeweils fehlt.
Doch auch bei den Antreibern spielt der Mangel an Erlaubnis eine entscheidende Rolle. Wer einen »Sei perfekt«-Antreiber hat, dem fehlt die Erlaubnis, Fehler zu machen. Jemand mit dem »Sei gefällig«-Antreiber hat keine Erlaubnis, sich selbst wichtig zu nehmen. Wer vom »Streng dich an«-Antreiber beherrscht wird, dem fehlt die Erlaubnis, Dinge mit Leichtigkeit zu machen und das, was ihm leicht gefallen ist, als Erfolg anzuerkennen. Wer einen »Sei stark«-Antreiber hat, darf keine Schwäche zeigen und sich keine Hilfe holen. Und jemandem mit dem »Beeil dich«-Antreiber fehlt die Erlaubnis, Dinge gelassen und entspannt zu tun. Wie man mit der Check-your-Mind-Methode dahin gelangen kann, sich die fehlende innere Erlaubnis immer mehr selbst zu geben, wollen wir mit dem nächsten Beispiel veranschaulichen:
Beispiel: Herr Gefällig ist ein Mann, auf den stets Verlass ist: Wann immer Not am Mann ist – er springt ein. Das wissen seine Kollegen auch, und aus diesem Grund fühlt er sich auch manchmal ein bisschen |225| ausgenutzt. Aber seine sprichwörtliche Hilfsbereitschaft verbietet ihm, sich gegen Bitten abzugrenzen. An diesem Nachmittag freut sich Herr Gefällig
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