Steh zu dir
gearbeitet?« Jetzt war sie erneut verwirrt. Es gab so vieles, das sie verstehen und in die richtige zeitliche Reihenfolge bringen musste.
»Nein, ich bin hergeflogen, um das Haus für dich aufzulösen. Du kamst für ein paar Tage her, hast mir gesagt, was du behalten und nach L. A. geschickt bekommen möchtest. Der Rest wurde verkauft. Das Haus stammte aus dem 18. Jahrhundert, mit Holztäfelung an den Wänden, Parkettböden und bodentiefen Fenstern mit Blick auf den Garten. In fast allen Zimmern gab es einen Kamin. Ich habe es ein bisschen bedauert, dass du das Haus nicht behalten wolltest.«
»Und warum wollte ich das nicht?«, fragte Carole stirnrunzelnd.
»Du sagtest, es sei zu weit weg. Und du hast damals viel gearbeitet. Zusätzlich zu all den Drehterminen konntest du nicht auch noch zwischen L. A. und Paris pendeln. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck, dass du nicht hierher zurückkehren wolltest.« Mehr verriet Stevie nicht.
»Du hattest stattdessen vor, zwischen den Drehs mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen, vor allem mit Chloe. Anthony war schon immer viel unabhängiger.« Stevie kannte ihn seit seinem elften Lebensjahr. Schon damals hatte er gern Zeit mit seinen Freunden oder allein verbracht und während der Ferien seinen Vater in New York besucht.
»Hatte sie recht mit dem, was sie gestern gesagt hat?«, fragte Carole besorgt. In Wahrheit wollte sie einfach wissen, ob sie eine gute Mutter war. Es war beängstigend, keine Vorstellung davon zu haben.
»Nicht mit allem«, antwortete Stevie fairerweise. »Mit manchem. Du musst sehr viel gearbeitet haben, als sie noch klein war. Als sie auf die Welt kam, warst du achtundzwanzig und auf dem Höhepunkt deiner Karriere.
Damals kannte ich dich noch nicht. Ich kam erst sieben Jahre später dazu. Da war sie schon wütend auf dich. Soweit ich weiß, hast du die Kinder so oft wie möglich mit zu den Drehorten genommen – wenn du nicht gerade in der Steppe gedreht hast. Es gab einen Privatlehrer für die beiden. Aber irgendwann hatte Anthony keine Lust mehr dazu. Dann begann die Highschoolzeit, und du konntest sie nicht ständig aus dem Unterricht nehmen. Vorher hast du das getan, und ihre Lehrer regten sich darüber fürchterlich auf. Aber andernfalls hätte Chloe dir die Hölle heißgemacht.« Darüber hinaus hatte Stevie das Gefühl gehabt, dass Chloe, je älter sie wurde, wie ihre Mom sein wollte. Das war ein weitaus größeres Problem, von dem sie jetzt jedoch nichts sagte. »Es ist bestimmt nicht leicht, das Kind einer Berühmtheit zu sein. Aber es hat mich immer beeindruckt, wie sehr du dich um sie bemüht hast und wie viel Zeit du mit ihnen verbracht hast. Selbst heute verreist du nie, ohne einen Zwischenstopp in London und New York einzulegen, um die Kinder zu besuchen. Ich bin mir nicht sicher, ob Chloe überhaupt merkt, wie ungewöhnlich und anstrengend das ist. Sie rechnet es dir nicht sonderlich hoch an, zumindest nicht die Zeit, die du mit ihr verbracht hast, als sie noch klein war. Und soweit ich weiß, warst du eine tolle Mutter. Aber Chloe wollte einfach immer noch mehr.«
»Warum?«
»Manche Menschen sind einfach so.« Stevie besaß eine Menge Lebenserfahrung. »Aber sie ist jung und wird schon noch dahinterkommen. Letztlich ist sie ein sehr liebes Mädchen. Es regt mich nur auf, wenn sie mit dir so hart ins Gericht geht. Das ist nicht fair.« Stevie lächelte Carole an. »Außerdem verwöhnst du sie sehr. Sie bekommt alles, was sie will. Das weiß ich – schließlich kümmere ich mich um die Bezahlung der Rechnungen.«
»Schande über mich.« Carole schmunzelte. Sie sprach immer besser. Ständig fielen ihr neue Wörter ein, wenn sie auch nicht mit allen etwas verbinden konnte. »Warum tue ich das deiner Meinung nach?«
»Aus schlechtem Gewissen. Aus Großzügigkeit. Du liebst deine Kinder. Es geht dir finanziell sehr gut, und du möchtest sie daran teilhaben lassen. Chloe nutzt das manchmal aus. Aber ich glaube, sie ist einfach davon überzeugt, als Kind um etwas betrogen worden zu sein. Sie hätte wohl gern eine typische Vorstadt-Mom gehabt, die sie den ganzen Tag durch die Gegend kutschiert und nichts zu tun hat, außer sich um ihre Familie zu kümmern. Wenn du in der Stadt warst, hast du sie jeden Tag von der Schule abgeholt. Aber du hast nicht nur Filme gedreht, sondern auch sonst einen vollen Terminplan gehabt.«
»Womit?« Stevie zuzuhören war so, als würde Carole etwas über das Leben eines Fremden erfahren. Sie konnte
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