Steh zu dir
kaufte sich nie selbst Schmuck. Aber sie war ziemlich aufgedreht, und Matthieu war erleichtert, dass sie vorerst nur ins Hotel zog. Er wollte noch etwas Zeit mit ihr verbringen, bevor sie nach L. A. zurückkehrte. Er hatte keine Lust, sie schon wieder zu verlieren.
»Wir könnten im Jardin de Bagatelle spazieren gehen«, schlug er vor. Matthieu hatte es kaum ausgesprochen, da erinnerte sich Carole, mit ihm früher schon dort gewesen zu sein. Dort und auch im Jardin du Luxembourg und im Bois de Bologne. Es gab in Paris jede Menge schöner Möglichkeiten für Spaziergänge. »Morgen bin ich wieder zurück. Dann rufe ich dich an. Pass auf dich auf, Carole.«
»Versprochen. Es macht mir ein bisschen Angst, aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Ich fühle mich, als wäre mein Kopf aus Glas.« Sie hatte wie nie zuvor zu spüren bekommen, wie verletzlich der menschliche Körper war. Das wollte sie nicht noch einmal auf die Probe stellen. Deshalb ängstigte es sie ein wenig, nicht länger von den Ärzten umgeben zu sein, die ihr das Leben gerettet hatten. Zumindest eine Krankenschwester in der Nähe zu haben war eine Erleichterung. Außerdem hatte Stevie ein Zimmer direkt neben Caroles Suite bekommen. Sie würde also in der Nähe sein, falls es Probleme gab. Im Grunde war nicht damit zu rechnen, dennoch war Carole aufgeregt.
»Bist du sicher, dass du so bald schon zurückfliegen willst?« Matthieu hatte zwar ein begründetes Interesse daran, dass sie blieb, war aber auch ehrlich besorgt.
»Sie haben gesagt, das sei kein Problem, vorausgesetzt, dass in den nächsten zwei Wochen keine Komplikationen auftreten. Und ich möchte Weihnachten zu Hause bei meinen Kindern sein.«
»Sie könnten mit dir im Ritz feiern«, schlug er hoffnungsvoll vor.
»Das ist nicht dasselbe.« Davon abgesehen war Paris für sie alle negativ besetzt. Es würde eine Weile dauern, bis sich ihre Kinder im Ritz wieder wohl fühlten, ohne daran denken zu müssen, wie sie dort gesessen und um ihre Mutter gebangt hatten. Wieder nach Hause zurückzukehren würde ihnen allen guttun. Vor allem Carole.
»Verstehe. Wenn dir danach ist, würde ich dich gern morgen im Hotel besuchen.«
»Das wäre schön«, versicherte sie ihm. Tatsächlich freute sie sich darauf, ihn wiederzusehen und mit ihm spazieren zu gehen.
Und letztlich war nichts dabei, wie sie fand.
»Dann bis morgen«, sagte er und legte auf. Matthieu fürchtete sich vor dem Tag, an dem sie abreiste, dieses Mal vielleicht für immer.
15
Carole aus dem Krankenhaus herauszubringen war mühsamer, als Stevie gedacht hatte. Morgens wachte Carole unausgeschlafen auf und war fürchterlich nervös, weil sie heute ihren schützenden Kokon verlassen sollte. Zum zweiten Mal in ihrem Leben verwandelte sie sich von der Raupe in den Schmetterling. Stevie half ihr beim Haarewaschen, und zum ersten Mal seit Wochen schminkte sich Carole. Es gelang ihr erstaunlich gut, die Narbe auf der Wange abzudecken. Sie zog Jeans, einen schwarzen Pullover, einen kurzen, zweireihigen Wollmantel und schwarze Wildlederslipper an. Ihre charakteristischen Diamantohrstecker trug sie ebenfalls, und das Haar war in altbekannter Weise zu einem straffen Pferdeschwanz gebunden. Sie sah nicht mehr aus wie irgendeine Krankenhauspatientin im Nachthemd, sondern wie Carole Barber.
Allerdings hatte sie abgenommen und wirkte zerbrechlich. Sie setzte sich in einen Rollstuhl und verabschiedete sich von den Ärzten und Schwestern. Die Krankenschwester, die sie ins Hotel begleitete, zog sich einen Mantel an und schob den Rollstuhl. Die beiden CRS-Wachen gingen rechts und links von Carole. Stevie trug Caroles und ihre eigene Tasche. Zusammen wirkten sie wie ein ziemlich bunter Haufen.
Sie fuhren mit dem Aufzug hinunter. Unten in der Halle kam der Krankenhausleiter herbeigeeilt, um Carole zum Abschied die Hand zu geben und ihr alles Gute zu wünschen.
Draußen wartete eine Mercedes-Limousine, die das Ritz geschickt hatte. Carole, Stevie, die Krankenschwester und beide Wachmänner stiegen rasch ein. Stevie stellte erfreut fest, dass kein Fotograf in Sichtweite war. Mit ein bisschen Glück würden sie genauso unspektakulär durch den Hintereingang in der Rue Cambon ins Hotel gelangen. Carole sah müde aus, dabei waren sie noch nicht einmal angekommen. Aber es war eine Riesenumstellung für sie.
Als die Limousine am Hintereingang hielt, den das Hotel extra für sie öffnete, stieg sie aus, stand für einen Moment auf etwas wackeligen Beinen
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