Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steh zu dir

Steh zu dir

Titel: Steh zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
Vom Netzwerk:
scheiden lassen, das hat er mir versichert, damit wir hätten heiraten können. Aber irgendwie kam nie der richtige Zeitpunkt. Deshalb gingen wir weg«, sagte sie und seufzte. »Ich wollte ihn nicht verlassen. Aber noch weniger wollte ich, dass wir so weiterleben. Das schien mir nicht richtig. Für dich und Chloe nicht, aber auch nicht für mich. Ich wollte nicht auf Dauer die Geliebte sein und ein Leben im Verborgenen führen.«
    »Was wurde aus seiner Frau?«, fragte Anthony mit strenger Stimme.
    »Sie ist letztes Jahr gestorben.«
    »Solltest du dich wieder mit ihm einlassen, bekommt er Ärger. Er wird dich wieder verletzen. Das hat er schon einmal getan.« Er klang mehr wie ein Vater statt wie ein Sohn.
    »Ich fange nichts mit ihm an«, versicherte Carole und versuchte, ihn damit zu beruhigen.
    »Ganz bestimmt nicht? Sei ehrlich, Mom.« Sie liebte den Klang des Wortes »Mom«. Es war immer noch ungewohnt, aber ungeheuer liebevoll. Jedes Mal, wenn eines ihrer Kinder dieses Wort aussprach, überkam sie ein freudiges Gefühl.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dazu kommt. Das alles ist sehr lange her.«
    »Er liebt dich immer noch. Als er in dein Zimmer kam, habe ich es ihm sofort angesehen.«
    »Wenn das so ist, dann liebt er die Carole, die ich einmal war. Wir alle haben uns verändert und sind älter geworden.« Ihre Stimme klang müde. So viel war passiert, seit sie wieder in Frankreich war …
    »Du bist nicht alt. Und ich will einfach nicht, dass dir weh getan wird.«
    »Das will ich auch nicht. Momentan ist eine Beziehung das Letzte, woran ich denke.« Das beruhigte Anthony ein wenig.
    »Gut. Bald bist du wieder zu Hause. Lass dich nur nicht von ihm einwickeln, solange du noch in Paris bist.«
    »Keine Sorge. Du kannst mir ruhig ein bisschen mehr vertrauen«, sagte sie und fühlte sich dabei tatsächlich wie eine Mutter. Wie sehr ihr Sohn sie auch liebte, sie hatte das Recht, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihr eigenes Leben zu führen. Daran musste sie ihn erinnern.
    »Ich traue ihm nicht.«
    »Warum sprechen wir ihn nicht vorerst mangels Beweisen frei? Er war auch damals kein schlechter Mensch. Seine Situation ließ ihm kaum Spielraum und mir als Folge davon auch nicht. Es war dumm von mir, mich überhaupt darauf einzulassen. Aber ich war jung, nicht viel älter als du jetzt. Mir hätte klar sein müssen, wie es endet. Hierzulande hat man eben andere Gepflogenheiten.« Sie lächelte, während Anthony am anderen Ende der Leitung den Kopf schüttelte.
    »Ich finde das ziemlich daneben.«
    »Tja, war es wohl auch«, gab Carole zu.
    Dann wechselten sie das Thema, und er erzählte ihr, dass es in New York schneite. Als er das sagte, hatte sie plötzlich ein Bild vor Augen: Schneeflocken fielen vom Himmel, und sie ging mit ihren Kindern zum Rockefeller Center Schlittschuh laufen. Die beiden waren damals noch klein, es musste kurz vor ihrer Abreise nach Frankreich gewesen sein. Der große Weihnachtsbaum war bereits geschmückt und ihre Welt noch in Ordnung. Jason holte sie dort ab und ging dann mit ihnen etwas Warmes trinken.
    Das mussten die glücklichsten Tage ihres Lebens gewesen sein.
    »Zieh dich warm an!«, sagte Carole, und Anthony lachte.
    »Mach ich, Mom. Pass du auf dich auf. Keine verrückten Sachen, wenn du wieder im Ritz bist, tanzen gehen oder so etwas.« Das konnte sie nicht einordnen.
    »Tanze ich gern?«, fragte sie erstaunt.
    »Wie eine Wahnsinnige. Du bist die beste Tänzerin auf dem Parkett. Wenn ich Weihnachten rüberkomme, werde ich dich daran erinnern. Wir legen ein bisschen Musik auf, oder ich führe dich in einen Club aus.«
    »Das klingt lustig.« Solange sie nicht das Gleichgewicht verlor und hinfiel, dachte sie. Es erschreckte sie, wie viel sie nach wie vor nicht über sich wusste. Aber wenigstens gab es Menschen, die sie an alles erinnerten.
    Sie plauderten noch ein paar Minuten lang und verabschiedeten sich dann. Kurz darauf rief Jason an. Er war im Büro seines Sohnes gewesen, nachdem der mit seiner Mutter telefoniert hatte. Anthony sagte ihm, dass sie sich ziemlich gut angehört habe. Es rührte Carole, dass Jason sie daraufhin anrief.
    »Wie ich höre, schneit es in New York«, sagte sie.
    »Wie verrückt. Allein in der letzten Stunde bestimmt zehn Zentimeter. In den Nachrichten haben sie gesagt, dass bis heute Abend sechzig Zentimeter fallen. Sei froh, dass du nach Kalifornien zurückgehst und nicht hierher. In L. A. soll es heute dreiundzwanzig Grad warm sein.

Weitere Kostenlose Bücher