Steh zu dir
Bislang hatte er nichts erreicht. So hatte er sich dieses Gespräch wahrlich nicht vorgestellt. »Außerdem gefällt es mir in L. A. Ich möchte nicht wieder in Frankreich leben.«
»Warum nicht?«
»Es ist nicht meine Heimat. Ich bin Amerikanerin, und ich möchte in meinem Land leben.«
»Damals hat es dir hier gut gefallen«, beharrte er. Aber das wusste sie selbst nur allzu gut. Deshalb machte ihr diese Beziehung ja Angst. Sie fürchtete sich mehr vor sich selbst als vor ihm. Sie wollte keine falsche Entscheidung treffen.
»Ja, das stimmt. Aber ich war glücklich, wieder nach Hause zu kommen. Erst da wurde mir bewusst, dass ich nicht hierher gehöre. Das war einer der Gründe für unsere Probleme. ›Kulturelle Diskrepanzen hast du es genannt. Deshalb war es für dich auch in Ordnung, mit mir zusammenzuleben und mit einer anderen Frau verheiratet zu sein – selbst wenn wir ein uneheliches Kind gehabt hätten. Aber ich möchte nicht mit jemandem zusammen sein, dessen Ansichten sich so sehr von meinen unterscheiden. Wenn man versucht, jemand anderer zu sein, und an einem Ort lebt, wo man nicht hingehört, kann man nur verletzt werden.« Ihr wurde klar, dass die Wunden, die er ihr zugefügt hatte, so tief waren, dass sie selbst nach fünfzehn Jahren noch brannten. Jetzt wollte sie nur noch nach Hause zurückkehren und dort in Frieden leben.
Matthieu fragte sich, wie es Sean gelungen war, sie zum Heiraten zu überreden.
Sie debattierten während der ganzen Rückfahrt zum Hotel und verabschiedeten sich im Auto. Carole wollte nicht, dass er noch mit in ihre Suite kam. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, dankte ihm für den Abend und stieg schnell aus.
»Wirst du es dir noch einmal überlegen?«, rief er ihr nach.
»Nein. Vor fünfzehn Jahren habe ich darüber nachgedacht. Du nicht. Du hast mich belogen und dich selbst auch, Matthieu. Du hast mich fast drei Jahre lang hingehalten. Was erwartest du jetzt von mir?« Sie sah ihn traurig an, und ihm wurde klar, dass es hoffnungslos war, auch wenn er es nicht glauben mochte.
»Vergib mir. Lass mich dich lieben und den Rest deines Lebens auf dich aufpassen. Ich schwöre, dass ich dich dieses Mal nicht enttäusche.« Sie sah ihm an, dass es ihm ernst war.
»Ich kann auf mich selbst aufpassen«, erwiderte sie leise und warf ihm durch das offene Wagenfenster einen Blick zu. »Ich bin zu erschöpft, um noch einmal ein solches Risiko einzugehen.«
Carole wandte sich ab und eilte die Stufen zum Ritz hinauf, gefolgt von den CRS-Wachen. Matthieu sah ihr nach, bis sie verschwunden war. Dann fuhr er los. Tränen liefen ihm über die Wangen. Er hatte jetzt Gewissheit über etwas, was er die ganze Zeit befürchtet hatte. Er hatte sie verloren.
18
Als Carole Stevie am nächsten Morgen beim Frühstück gegenübersaß, war sie ungewöhnlich still. Stevie verdrückte ein Pilzomelette und mehrere Schokoladen-Croissants.
»Wenn wir wieder nach Hause fliegen, wiege ich mindestens dreihundert Pfund«, beklagte sie sich, während Carole schweigend die Zeitung las. Stevie fragte sich, ob es Carole gut ging. Seit dem Aufstehen hatte sie kaum ein Wort gesprochen.
»Wie war das Essen gestern Abend?«, fragte Stevie schließlich, als Carole die Zeitung weglegte. Carole lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und seufzte.
»Es war nett.«
»Wo seid ihr gewesen?«
»Im L’Orangerie auf der Ile Saint Louis. Da sind wir früher immer hingegangen.« Es war eins von Matthieus Lieblingsrestaurants und wurde auch eines von ihren, neben dem Le Voltaire.
»Geht es dir gut?«
Carole nickte. »Ich bin nur müde. Das viele Laufen verursacht mir Muskelkater.« Sie war jeden Tag mit Matthieu unterwegs. Sie gingen stundenlang spazieren und unterhielten sich dabei.
»Hat er sich wegen des Artikels in der Herald Tribune aufgeregt?«
»Ein bisschen. Aber er wird drüber wegkommen. Schließlich haben sie recht. Eigentlich ist es ein Wunder, dass niemand früher dahintergekommen ist. Obwohl wir immer sehr vorsichtig waren. Für ihn stand damals viel auf dem Spiel – aber für mich auch, das vergisst er anscheinend.«
»Es wird alles im Sande verlaufen«, versicherte Stevie. »Im Nachhinein kann sowieso niemand mehr etwas beweisen.
Es ist zu lange her.« Carole nickte zustimmend.
»Hast du dich denn gut amüsiert?« Carole zuckte erst nur mit den Schultern. Dann sah sie ihre Assistentin über den Tisch hinweg fest an.
»Er hat mir einen Antrag gemacht.«
»Er hat was?«
»Um meine Hand
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