Steh zu dir
ehrenhafte Beziehung. Das sagte er Carole bei Tarte Tatin mit Karamelleis.
»Wir sind ehrenhaft«, betonte Carole. »Sehr sogar – zumindest ich. Ich weiß nicht, was du in letzter Zeit alles angestellt hast, aber ich habe ein tadelloses Witwendasein geführt.«
»Ich auch«, antwortete er spröde. »Seit du von hier weggegangen bist, hatte ich keine Beziehung mehr«, fügte er hinzu.
Sie sah ihm an, dass er die Wahrheit sagte. Er hatte ihr damals schon versichert, dass sie außer seiner Frau die einzige Beziehung in seinem Leben gewesen sei. »Dieser Artikel im Tribune lässt uns unehrlich und durchtrieben erscheinen«, beklagte er sich.
»Nein, tut er nicht. Du bist einer der angesehensten Männer in Frankreich, und ich bin ein bekannter Filmstar. Was erwartest du denn? Dass sie schreiben: Abgehalfterte Schauspielerin und gescheiterter Politiker wurden gesehen, als sie wie zwei alte Langweiler spazieren gingen? Genau das sind wir nämlich.«
»Carole!« Obwohl er über ihre Worte schockiert war, musste er lachen.
»Sie müssen ihre Auflage verkaufen, also machen sie die Geschichte spannender, als sie ist. Dabei haben sie eine Vermutung angestellt und mit ein bisschen Glück ins Schwarze getroffen. Aber solange du oder ich ihnen nichts erzählen, werden sie nie sicher sein können.«
»Aber wir wissen es. Und das genügt.«
»Wofür?«
»Um uns das Leben aufzubauen, dass wir schon vor Jahren hätten führen sollen.«
»Was willst du damit sagen?« Sie sah beunruhigt aus.
Matthieu kam direkt zur Sache. »Willst du mich heiraten, Carole?« Er nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen.
Carole schwieg lange, dann schüttelte sie den Kopf. Das zu tun, kostete sie große Überwindung.
»Nein, Matthieu.« Sie klang sehr überzeugt, und er sah plötzlich sehr enttäuscht aus. Er hatte befürchtet, dass sie so reagieren würde. Es war zu spät.
»Warum nicht?«, fragte er dennoch traurig, weil er hoffte, ihre Meinung vielleicht noch ändern zu können.
»Weil ich nicht verheiratet sein möchte«, antwortete sie müde. »Mir gefällt mein Leben so, wie es ist. Ich war zweimal verheiratet. Das reicht. Mein verstorbener Mann war ein wunderbarer Mensch. Außerdem hatte ich zehn glückliche Jahre mit Jason. Und dich habe ich von ganzem Herzen geliebt und verloren.«
»Du hast mich nicht verloren. Du bist gegangen«, erinnerte er sie. Carole nickte.
»Du gehörtest nie wirklich zu mir«, korrigierte sie sich.
»Du gehörtest deiner Frau. Und Frankreich.«
»Jetzt bin ich Witwer und im Ruhestand«, hob er hervor.
»Aber ich nicht. Verwitwet schon, aber nicht im Ruhestand. Ich möchte noch ein paar Filme drehen, wenn mir anständige Rollen angeboten werden.« Sie begann zunehmend, Gefallen an der Vorstellung zu finden. »Ich möchte reisen können, wann und wohin ich will, ohne dass ständig jemand um mich herum ist oder zu Hause auf mich wartet und sich beklagt. Ich möchte mein eigenes Leben führen und frei sein, das zu tun, was ich will. Ich möchte Zeit mit meinen Kindern verbringen und dieses Buch schreiben – falls ich jemals wieder einen Computer bedienen kann. Ich möchte keine gute Ehefrau mehr sein.«
»Ich liebe dich so, wie du bist.«
»Ich dich auch. Aber ich möchte mich nicht binden. Und am allerwenigstens will ich, dass mir noch einmal das Herz gebrochen wird.« Das wog am schwersten, mehr als irgendwelche anderen Gründe. Sie hatte Angst. Sie wusste, dass sie ihn liebte und dass es gefährlich für sie war. Sie wollte sich nicht für ihn aufgeben.
»Dieses Mal werde ich dir nicht das Herz brechen«, sagte er mit schuldbewusstem Blick.
»Vielleicht doch. Menschen tun einander so etwas oft an. Darum geht es in der Liebe. Ich bin dazu nicht bereit. Ich habe diese Erfahrung bereits gemacht, und sie hat mir nicht gefallen. Das brauche ich nicht noch einmal, schon gar nicht von demselben Mann. Ich bin fünfzig Jahre – zu alt, um mich auf so etwas noch einmal einzulassen.«
»Das ist doch lächerlich! Du bist eine junge Frau. Ständig heiraten irgendwo Menschen, die viel älter sind als wir.«
Verzweifelt versuchte Matthieu, Carole zu überzeugen. Aber er spürte, dass es ihm nicht gelang.
»Die sind mutiger als ich. Drei lange Beziehungen haben mir genügt. Ich möchte das nicht mehr.« Sie klang unerbittlich, und Matthieu wusste, dass es ihr ernst war. Allerdings war er nicht weniger entschlossen, sie umzustimmen.
Sie diskutierten immer noch, als sie bereits das Restaurant verließen.
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