Steife Prise
Achselzucken abtun, und der alte Mann sah, wenn auch kein Quäntchen weniger arrogant, so inzwischen doch recht eingefallen aus.
Rust lächelte Mumm an, was ganz ungewöhnlich war, und sagte: »Sie sehe ich hier ja zum allerersten Mal, Mumm. Kehrt Sybil wieder zu ihren Wurzeln zurück, was!«
»Sie möchte, dass Klein-Sam ein bisschen Landerde an die Stiefel kriegt, Rust.«
»Sehr gut, sehr gut, was! Das tut dem Jungen bestimmt gut und macht einen Mann aus ihm, was!«
Mumm hatte noch nie verstanden, wo diese explosiven Was! herkamen. Was brachte es, ohne jeden erkennbaren Grund einfach »Was!« in die Welt hinauszublöken? Was hatte das eigentlich zu bedeuten? Warum was ? Wie in die Unterhaltung eingerammte Zeltpflöcke standen diese vielen Wasse da – aber wozu waren sie zum Teufel noch mal gut, was?
»Dann sind Sie also nicht von Amts wegen hier unten, was?«
Mumms Verstand ratterte so rasend, dass Rust eigentlich die Zahnrädchen hätte rotieren hören müssen. Er analysierte die Stimmlage, das Aussehen des Mannes, diesen leisen, ach so leisen, aber dennoch wahrnehmbaren Anflug von Hoffnung, dass die Antwort »Nein« lauten würde, und dieser Anflug bescherte ihm den Gedanken, dass es vielleicht keine schlechte Idee sei, ein kleines Kätzchen zwischen die Tauben fallen zu lassen.
Er lachte. »Tja, Rust, Sybil hat mir schon seit Klein-Sams Geburt damit in den Ohren gelegen, einmal hierher zu fahren, und ich finde, dass man einen Befehl von der eigenen Ehefrau durchaus als von Amts wegen bezeichnen sollte, wann!« Mumm sah, wie sich der Mann hinter dem gewaltigen Rollstuhl ein Grinsen verbiss, schon gar, als Rust mit einem verdutzten »Was?« reagierte.
Mumm entschloss sich, kein »Wo« dagegenzusetzen, und erwiderte stattdessen wie nebenbei: »Ach, Sie kennen das ja selbst, Lord Rust. Ein Polizist muss nur lange genug suchen, dann findet er auch ein Verbrechen.«
Lord Rusts Lächeln hielt sich noch, aber es war ein wenig erstarrt, als er sagte: »Sie sollten auf den Rat Ihrer verehrten gnädigen Frau hören, Mumm. Ich glaube nicht, dass Sie hier unten etwas finden werden, für das sich Ihr Einsatz lohnen würde!« Und das Fehlen eines »was« wirkte umso mehr wie ein nachdrückliches Ausrufezeichen.
Mumm war schon immer der Meinung gewesen, dass man auch den einfältigen Teilen des Gehirns etwas zu tun geben musste, damit sie die anderen Teile nicht bei den wichtigeren Aufgaben behinderten. Also schaute er eine volle halbe Stunde seinem ersten Krocket-Spiel zu, ehe ihn ein innerer Alarm daran erinnerte, dass er rechtzeitig auf Gut Käsedick zurück sein wollte, um Klein-Sam etwas vorzulesen – nach Möglichkeit etwas, bei dem nicht auf jeder Seite Kaka vorkam – und den Jungen dann vor dem Abendessen ins Bett zu bringen.
Sein pünktliches Erscheinen verschaffte ihm ein wohlwollendes Nicken von Sybil, die ihm sogleich ein neues Buch zum Vorlesen in die Hand drückte.
Mumm warf einen Blick auf den Einband. Der Titel lautete Eine Welt aus Kaka. Sobald seine Frau außer Sichtweite war, blätterte er es rasch durch. Na schön, dann musste man wohl akzeptieren, dass die Welt sich ein Stück weitergedreht hatte und Märchen heutzutage nicht mehr von kleinen, geflügelten Glitzerwesen erzählten. Während Mumm eine Seite nach der anderen umblätterte, dämmerte ihm, dass die Autorin dieses Buches ziemlich genau wusste, womit man Kinder wie Klein-Sam so sehr zum Lachen brachte, dass ihnen der Bauch wehtat. Bei der Stelle, wo alles fröhlich den Fluss hinabsegelte, hätte sogar er beinahe gelächelt. Dabei waren in die allgegenwärtige Fäkalsprache auch richtig interessante Sachen eingestreut, zum Beispiel über Jauchegruben, Toilettentieftaucher und Latrinenputzer, ein Absatz darüber, wie man mithilfe von Hundekot das allerbeste Leder herstellte, sowie andere Dinge, von denen man nie gedacht hätte, dass man sie einmal wissen müsste, die sich jedoch, einmal gehört, sofort im Gehirn einnisteten.
Allem Anschein war die Autorin des Buches die gleiche, die auch Piesel verfasst hatte. Hätte Klein-Sam sich für das allerbeste Buch, das jemals geschrieben worden war, entscheiden müssen, seine Wahl wäre eindeutig auf Piesel gefallen. Womöglich war seine Begeisterung dafür noch dadurch verstärkt worden, dass ein nur selten auftretender Unfugkobold in Mumm ihn immer dazu verführte, sämtliche erforderlichen Press- und Plätschergeräusche nachzuahmen.
Später, beim Abendessen, fragte ihn Sybil, was er am
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