steigen aus maschine brennt
Schulinternat in Brighton, in dem langen Badezimmer mit den Steinfliesen, in dem vier Wannen standen. Ihm fiel ein, daß das Wasser so weich war, daß man nachher unter die Dusche gehen mußte, um die Seife vom Körper abzubekommen, und ihm fiel ein, daß so viel Schaum auf der Wasseroberfläche schwamm, daß man seine Beine nicht sehen konnte. Ihm fiel ein, daß sie manchmal Kalziumtabletten bekamen, weil der Schularzt immer sagte, weiches Wasser sei nicht gut für die Zähne.
«In Brighton», sagte er, «ist das Wasser nicht...»
Er sprach den Satz nicht zu Ende. Es war ihm etwas in den Sinn gekommen; etwas so Phantastisches und Absurdes, daß er für einen Augenblick versucht war, es der Schwester zu erzählen und mit ihr darüber zu lachen.
Sie sah auf. «Was ist das Wasser nicht?» sagte sie.
«Nichts», antwortete er. «Ich habe geträumt.»
Sie spülte den Waschlappen in der Schüssel aus, wischte die Seife von seinem Bein und trocknete ihn mit einem Handtuch ab.
«Es ist schön, gewaschen zu werden», sagte er. «Ich fühle mich besser.» Er befühlte mit der Hand sein Gesicht. «Rasieren ist auch nötig.»
«Das tun wir morgen», sagte sie. «Vielleicht können Sie es dann schon selbst.»
In dieser Nacht konnte er nicht schlafen. Er lag wach und dachte über die Ju 88 und über das harte Wasser nach. Er konnte an sonst nichts denken. Es waren Jus 88, sagte er sich. Ich weiß es genau. Und doch ist es nicht möglich, denn sie würden am hellichten Tage nicht hier so niedrig herumfliegen. Ich weiß, daß es wahr ist, und doch weiß ich auch, daß es unmöglich ist. Vielleicht bin ich krank. Vielleicht benehme ich mich wie ein Narr und weiß nicht, was ich tue und sage. Vielleicht phantasiere ich. Lange Zeit lag er wach und dachte über diese Dinge nach, und einmal setzte er sich im Bett auf und sagte laut: «Ich werde mir beweisen, daß ich nicht verrückt bin. Ich werde eine kleine Rede halten über etwas Kompliziertes und Intellektuelles. Ich werde darüber sprechen, was man nach dem Kriege mit Deutschland machen soll.» Aber bevor er dazu kam anzufangen, war er eingeschlafen.
Er erwachte, als eben das erste Tageslicht durch den Spalt zwischen den Vorhängen zu sehen war. Das Zimmer war noch dunkel, aber er konnte sehen, daß es draußen schon anfing, hell zu werden. Er lag da und sah nach dem grauen Licht, das durch den Spalt zwischen den Vorhängen schien, und während er so dalag, erinnerte er sich wieder an den letzten Tag. Er erinnerte sich an die Ju 88 und die Härte des Wassers; er erinnerte sich an die große, freundliche Schwester und an den gütigen Arzt, und nun fiel ein Körnchen Zweifel auf den Boden seines Geistes, schlug Wurzel und fing an zu wachsen.
Er sah sich im Zimmer um. Die Schwester hatte am Abend die Rosen mit hinausgenommen. Es war nichts da, außer dem Tisch, einem Päckchen Zigaretten, einer Schachtel Streichhölzer und einem Aschenbecher. Das Zimmer war kahl. Es war nicht mehr warm und freundlich. Es war nicht einmal behaglich. Es war kalt und leer und sehr still.
Langsam wurde das Körnchen Zweifel größer, und mit dem Zweifel kam Angst, eine leichte, tanzende Angst, die warnte, aber nicht schreckte ; die Art von Angst, die einem kommt, nicht weil man sich fürchtet, sondern weil man das Gefühl hat, daß irgend etwas nicht in Ordnung sei. Schnell wuchsen Zweifel und Angst, so daß er unruhig und böse wurde, und als er mit der Hand an seine Stirn faßte, bemerkte er, daß sie naß von Schweiß war. Da wußte er, daß er etwas tun mußte; daß er sich auf irgendeine Art beweisen mußte, ob er recht oder unrecht hatte, und er blickte auf und sah wieder das Fenster und die grünen Vorhänge. Da wo er lag, hatte er das Fenster genau vor sich, aber es war gut und gerne zehn Meter entfernt. Irgendwie mußte er es erreichen und hinaussehen. Der Gedanke wurde zur fixen Idee, und bald konnte er an nichts anderes mehr denken als an das Fenster. Aber wie war das mit seinem Bein? Er schob seine Hand unter die Bettdecke und fühlte nach dem verbundenen Stumpf, der alles war, was auf der rechten Seite übrig war. Er schien in Ordnung zu sein. Er schmerzte nicht. Aber es würde nicht leicht sein.
Er setzte sich auf. Dann schob er die Bettdecke beiseite und setzte sein linkes Bein auf den Fußboden. Langsam, vorsichtig, legte er seinen Körper über, bis er auch beide Hände auf dem Fußboden hatte; dann kniete er vor dem Bett auf dem Teppich. Er sah nach seinem Stumpf. Er war sehr
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