Steilufer
kleinen Scharmützeln.
Margret hüstelte und hob ihr Glas.
»Es schmeckt wieder alles ganz wunderbar, Georg! Und wir freuen uns immer, wenn du uns bekochst, vor allem bei deiner knapp bemessenen Freizeit! Vielen Dank für die Einladung und auf dein Wohl!«
In einem zauberhaften, alten Kontor in der Beckergrube betrieben Margret und Lars einen Laden mit exquisiten Weinen, Spirituosen, Schokoladen und natürlich dem berühmten Rotspon. Astrid kannte auch Margret schon seit ihrer Kindheit, denn sie war die Tochter der besten Freundin ihrer Mutter – aber trotzdem sehr nett, wie Angermüller zu sagen pflegte. Und Margret, zierlich, blond, nordisch, mit den besten Manieren war durch den jahrelangen Dienst am Kunden in ihrem ererbten Geschäft eine Meisterin der Diplomatie, stets von einer geduldigen Freundlichkeit und die Diskretion in Person. Ihr Mann Lars stand ihr darin in nichts nach. Auch Lars brachte noch einen Trinkspruch auf den Gastgeber aus und am Tisch herrschte wieder genussvolle Eintracht.
Georg Angermüller schob seinen Teller von sich. Nach einer zweiten Portion Tagliatelle mit der opulenten Steinpilzsahnesauce war er mehr als satt und lehnte sich ermattet in seinem Stuhl zurück. Von den Gesprächen ringsum nahm er nur noch einzelne Bruchstücke wahr – Carolas Klatschgeschichten und Martins Seemannsgarn interessierten ihn auch nicht wirklich. Und als Steffen ihm unauffällig ein Zeichen gab, ihm nach draußen zu folgen, war er richtig dankbar, aus dieser ermüdenden Zwangslage gerissen zu werden.
Die Nachtluft im Garten war frisch, aber nicht kalt und Angermüller fühlte sich sogleich wieder hellwach, zumal auch die Eindrücke vom Nachmittag in sein Bewusstsein zurückkehrten.
»Du hast uns heute ja wieder verwöhnt, Schorsch!«
Der Rechtsmediziner klopfte seinem Freund anerkennend auf die Schulter.
»Deine altbekannte Qualität eben! Aber das hätte ich dir auch da drinnen vor Publikum sagen können. Ich wollte dir hier nur kurz mitteilen, was ich über unseren Freund vom Steilufer bisher herausgefunden habe. Viel ist es leider nicht: Wenn die serologischen Untersuchungen keine großen Abweichungen ergeben, würde ich sagen, als man ihn gefunden hat, war er ungefähr seit 30, 35 Stunden tot. Der Todeszeitpunkt liegt also in der Nacht von Donnerstag auf Freitag. Der Junge schien von bester Gesundheit zu sein, trotzdem ist er nur maximal 25 Jahre alt geworden.«
Schmidt-Elm seufzte.
»Der arme Kerl hatte sein ganzes Leben noch vor sich.«
Angermüller brummte zustimmend und sagte dann:
»Ja, und das Einzige, was wir noch für ihn tun können, ist, den oder die Mörder finden. Hast du noch etwas über ihn herausgefunden?«
»Er hat zwei böse Schädelfrakturen. Nach Schlägen mit einem schweren, kantigen Gegenstand ist die Schädeldecke an zwei Stellen gesplittert wie eine Eierschale. Aber er ist nicht unmittelbar daran gestorben. Er ist verblutet. Als man ihn gefesselt und in dem Boot auf die See geschickt hat, hat er ziemlich sicher noch gelebt. So weit erst mal inoffiziell, aber ich nehme an, diese Ergebnisse werden sich morgen erhärtet haben«, schloss Steffen von Schmidt-Elm seine Ausführungen.
»Du hast recht, das ist tatsächlich nicht sehr viel. Trotzdem danke!«, kommentierte Angermüller den Vortrag seines Freundes.
»Bitte, immer gern zu Diensten. Ich hätte da aber noch einen Vorschlag zu machen. Ich habe einen Studienfreund in Bonn, der auch als Anthropologe ausgebildet ist und sich seit einiger Zeit auf die Rekonstruktion von Gesichtern spezialisiert hat.«
Angermüller schlug sich gegen die Stirn.
»Jetzt weiß ichs wieder! Danach wollte ich dich den ganzen Abend schon fragen! Gesichtsrekonstruktion! Entschuldige, dass ich dich unterbrochen habe.«
»Macht nichts. Ja, also, dieser Freund arbeitet oft für das BKA mit einem speziellen Computerprogramm. Normalerweise geht es dabei um skelettierte Leichen. Es wäre für mich kein Problem, ihm auch für unseren Fall die entsprechenden Daten zu liefern, denn ein Gesicht wäre für eure Ermittlungen ja von großem Vorteil.«
»Das kannst du laut sagen! Also, wenn du das in die Wege leiten könntest, wäre das ein großer Schritt vorwärts!«
»Wird gemacht! Kein Problem.«
»Wenns ohne Dienstweg ginge«, Angermüller kratzte sich am Kopf, »wäre es natürlich noch besser und vor allem schneller.«
Steffen nickte.
»Das hatte ich ohnehin vor. Aber ein Weilchen wird es schon brauchen, bis wir ein Ergebnis haben.«
»Wie
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