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Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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er doch auf die neue Schule und dann muss er wieder hart arbeiten.«
    Die neue Schule, von der Gudrun sprach, war eine Privatschule und die vorerst letzte Möglichkeit für Marco, sein Abitur zu machen. Er sollte nicht nur Englisch, sondern auch Französisch lernen, um danach eine hochkarätige Hotelfachschule in der Schweiz besuchen zu können. Angermüller kannte seinen Neffen zu wenig, um zu wissen, wie viel von diesen Zukunftsplänen auch dem Willen des Jungen entsprach. Er wusste nur, dass Marco schon immer scheinbar widerspruchslos den Wünschen und Vorstellungen seiner Eltern gefolgt war. In gewisser Weise war das auch verständlich: So lange er tat, was sie von ihm erwarteten, litt er keinen Mangel an Taschengeld. Teure Markenkleidung, Computer, Handy und Motorroller waren Selbstverständlichkeiten – warum sollte er diesen Lebensstandard aufs Spiel setzen? Er war nie unfreundlich oder störrisch, als pubertierender Jugendlicher höchstens sehr einsilbig. Angermüller schien es manchmal, dass er überhaupt keine eigene Meinung hatte, dass es nichts gab, was Marco wirklich interessierte. Wer weiß, in welches Vakuum dieser Maik Priewe mit seiner kruden Weltsicht da gestoßen war.
    »Partyservice! Tach, die Damen! Ach, der Schwager Georg ist ja auch schon da! Nix zu tun, unsere Polizei?«
    Peter stapfte mit zwei großen Kühltaschen durch den Sand auf die Strandkörbe zu und wie üblich musste er mit seiner lauten Stimme alles im Umkreis von mindestens 15 Metern auf seine Ankunft aufmerksam machen. Prompt wurde ihm auch aus einigen anderen Strandkörben zugerufen oder gewunken, so wie es sich bei einem Overmann gehörte. Angermüller überhörte die Bemerkung seines Schwagers, die dieser wohl für witzig hielt, wie er überhaupt von sich glaubte, ein Mensch mit Humor zu sein. Angermüller wusste es besser. Peters Humor endete da, wo sich jemand einen Scherz über ihn oder seinesgleichen erlaubte.
    »Wo ist denn unser Junior? Der sollte dir doch helfen, die Getränke und das Essen herzubringen?«, fragte Gudrun ihren Mann.
    »Weiß nicht, wo der wieder steckt! Der kriegt was zu hören.«
    »Aber Peter, lass ihn doch – er hat Ferien.«
    Peter brummelte irgendetwas Unverständliches. Er nahm Georgs Angebot, mit ihm die restlichen Sachen aus dem Auto zu holen, dankbar an und so schleppten sie Getränkekisten, einen Klapptisch und diverse Körbe, die mit Plastikgeschirr, Bechern und anderen Dingen beladen waren, an den Strand. Großpackungen von Buletten, Würstchen und Brötchen, ein Eimer Kartoffelsalat, ein Eimer Nudelsalat, ein großes Stück Gouda, Deligurken, Senf, Ketchup und zum Nachtisch je ein Eimer Schokoladenpudding und Rote Grütze, dazu ein paar Halbliterpackungen Vanillesauce – Peter stapelte sein Picknick aus dem Großmarkt auf dem mitgebrachten Tisch. Zumindest von der Menge her war es beeindruckend.
    »Na, da kommen wir ja genau richtig!« Sigrids Mann Jochen traf mit den drei Kindern ein. »Mensch, das sieht ja wieder gut aus hier, Peter! Wann dürfen wir uns denn aufs Buffet stürzen? Bei mir klappern schon die Schläuche.«
    Jochen, im weißen Polohemd und mit hellblauer Jeans, die er hochgekrempelt hatte, rieb sich den Magen. Er gab immer noch gerne den großen, frechen Jungen, obwohl er mit Ende 50 der weitaus Älteste in der Runde der Töchter und Schwiegersöhne war. Nach der Begrüßung verschwanden die kleine Laura und der 12 Jahre alte Philipp sogleich in Richtung Wasser und Stefanie, mit ihren 15 Jahren schon ganz Dame, zog sich mit gelangweiltem Gesicht und einer Modezeitschrift in einen der Strandkörbe zurück. Die anderen standen schon eine ganze Weile um den Tisch mit dem Picknick herum, tranken den unvermeidlichen Prosecco aus Plastikbechern und beratschlagten, ob sie auf Astrid und die Zwillinge warten sollten mit dem Essen.
    »Hallo!«
    Marco war plötzlich da, leise und unauffällig, mischte sich unter die anderen, schüttelte artig Hände und begrüßte Oma, Onkel und Tante. Georg sah, dass sein Schwager Peter sich aufregen wollte und dass Gudrun begütigend auf ihn einredete. Als sein Sohn dann vor ihm stand, sagte er nur einen kurzen Satz und gab ihm einen Klaps an den Hinterkopf. Marco nickte und grinste schief und die Sache schien erledigt.
    »Marco! Wie geht’s dir?«, versuchte Angermüller mit seinem Neffen ein Gespräch anzufangen, ehrlich erfreut, den Jungen zu sehen. Schließlich war er seinetwegen hierher gekommen und hatte schon fast ein schlechtes Gewissen

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