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Stein der Dämonen

Stein der Dämonen

Titel: Stein der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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sich Sorgen über sein Ausbleiben.
    »Ein ugalischer Krieger berichtete von dir«, antwortete Rochad. »Du wirst ihn nicht kennen. Tarmino, glaube ich, war sein Name.«
    »Wo hält er sich jetzt auf?«
    Der Fischer breitete die Arme aus. »Was weiß ich! Es zog ihn fort von hier, weiter nach Süden.«
    *
    Der Raum war winzig, maß vielleicht drei Schritt im Viereck. Obwohl die Müdigkeit ihn plagte, konnte Mythor nicht einschlafen. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte hinauf zur Decke, wo das Licht einer kleinen Öllampe flackernde Schatten warf.
    In Gedanken vernahm er den Schrei des Bitterwolfs, hörte das Stampfen der Churkuuhl-Yarls, als diese die weite Steppe überquerten. Sosehr er sich auch mühte, er besaß keine Erinnerung an die Geschehnisse, die inzwischen etwa siebzehn Sommer zurücklagen. Aber Mythor hoffte, dass Hark ihn zu jener Stelle hinführen würde, wo die Marn ihn gefunden hatten.
    Das Geräusch leiser Schritte schreckte ihn aus seinen Überlegungen auf. Ein Luftzug bewegte den Vorhang, der diesen Raum abtrennte.
    Mythor richtete sich halb auf, seine Rechte griff nach dem Gläsernen Schwert.
    Lautlos kam er auf die Beine und huschte zum Vorhang. Er hörte hastiges, gepresstes Atmen. Mit einer blitzschnellen Bewegung riss er den schweren Stoff zur Seite. Alton verbreitete einen gedämpften Schimmer, der ihn weiche, mädchenhafte Züge erkennen ließ.
    »Mistra!«
    Sie eilte auf ihn zu. »Ich musste dich sehen, Mythor. Du bist so… so anders als die Männer, die ich kenne. Wenn sie mich ansehen, spüre ich ihr Verlangen, mich zu besitzen. Dein Blick hingegen war voll Verständnis und Güte.«
    »Bei Quyl, du verkennst mich.«
    »Gewiss nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass du nicht fähig bist, Böses zu tun.« Mistra ließ sich auf einem Hocker nieder und sah ihn aus ihren dunklen Augen nachdenklich an. »Ich will dich nicht stören, falls du Schlaf brauchst. Aber bitte, schicke mich nicht fort.«
    »Und dein Vater…«
    »Rochad.« Wie sie es sagte, klang es beinahe verächtlich. »Er ist bei Freunden und lässt den Wein durch seine Kehle laufen. Das tut er oft. Bevor die Morgendämmerung heraufzieht, wird er ganz sicher nicht zurückkommen.«
    »Hör zu, Mädchen«, Mythor streckte sich wieder auf seinem Lager aus und stützte den Kopf auf, »du kannst mir von euch und diesem Land erzählen. Ich glaube, du bist nicht für diese Wildnis geschaffen, obwohl du mit dem Schwert umzugehen verstehst.«
    Sie nickte. »Ich träume oft von einem Reich, in dem alles anders ist, wo Friede herrscht und die Menschen im Überfluss leben. Ich nenne es das Reich des Mondes, denn manchmal, wenn sein goldener Schein auf die Steppe fällt, scheinen meine Träume wahr zu werden. Dann wiegt sich das Gras im Wind wie die rauschenden Wogen des Ozeans, dann kann ich mich frei fühlen und glücklich… Sag mir, Mythor, gibt es dieses Land wirklich?«
    Der Kämpfer der Lichtwelt zögerte. Was Mistra gesagt hatte, berührte ihn auf eigenartige Weise. Durfte er ihre Hoffnungen zerstören?
    »Ich denke«, begann er schließlich, »dein Reich wird Wirklichkeit werden, wenn eines Tages die Schatten von dieser Erde verbannt sind und der Einfluss alles Verderblichen erloschen ist. Vielleicht existiert es auch jetzt schon, irgendwo, weit von uns entfernt. Du kannst es wohl spüren, wenn du daran glaubst, denn die Hoffnung vermag oftmals Berge zu versetzen.«
    Mistra beugte sich zu ihm hinab und hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. »Danke«, sagte sie. »Du gibst mir den Mut zurück, in Zeiten wie diesen auszuharren.«
    Aus irgendeinem Grund, den er selbst nicht ganz verstand, nahm Mythor das Mädchen nicht in seine Arme. Er fühlte, dass sie anders war – anders als so viele, die einem starken Mann gerne die Freuden der Liebe schenkten. Sie schien in einer Welt zu schweben, die nur halb der Wirklichkeit angehörte.
    Lange Zeit saß Mistra nur da und hielt die Augen geschlossen. Auch Mythor brach das Schweigen nicht. Er beobachtete sie nur. An ihr war nicht viel Weibliches, und doch wirkte sie auf ihre Art anziehender als viele andere Frauen. Sie trug ein bis an die Hüften reichendes, weit geschnittenes Gewand aus rotem Wollstoff, das mit einer Kordel gegürtet war. Dazu enganliegende, abgewetzte Lederhosen und weiche Schuhe mit verstärkter Sohle. Also nicht unbedingt die Kleidung, die ein junges Mädchen reizvoll erscheinen ließ.
    »Du wolltest, dass ich dir von diesem Land erzähle«, sagte

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