Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
Vom Netzwerk:
abzuseifen, nicht ohne dabei unter gurrenden Lauten der Bewunderung mit den Fingerspitzen durch sein zottiges Fell zu streichen. Während sie seine Brust abwusch, hob sie mit einer verehrungsvollen Geste die Schuppe aus dem krausen Haar und führte sie an ihre Stirn.
    Zum Abschluß des Bades nahm sie einen Holzeimer vom Boden auf und goß Lauscher einen Schwall von derart kaltem Wasser über die Schultern, daß er erschreckt aufschrie. Sie lachte, als sei ihr ein großartiger Scherz gelungen, ließ Lauscher aus dem Zuber steigen, hüllte ihn in ein vorgewärmtes Leinentuch und rieb ihn trocken, bis seine Haut krebsrot angelaufen war. Dann brachte sie ihm ein frisches Hemd mit einer schön gestickten Borte rings um den Halsbund und legte ihm seine Kleider zurecht, die zum Trocknen auf einem Holzgestell neben dem Feuer gehangen hatten.
    Lauscher fühlte sich herrlich erfrischt, als er wenig später fertig angezogen am Tisch saß und die Milchsuppe löffelte, die ihm die Frau vorgesetzt hatte. Während er aß, kam Boschatzka in die Stube, wünschte ihm einen guten Morgen und setzte sich zu ihm. Lauscher dankte ihm für seine Hilfe und fragte, unter welchen Umständen die beiden Fischer ihn aufgefunden hätten.
    »Erst sahen wir nur dein Pferd am Ufer stehen«, sagte Boschatzka. »Es schnoberte an irgend etwas herum, und als wir näher heranpaddelten, sahen wir, daß dort ein Mann lag. Es geschieht selten, daß der Fluß einen Ertrunkenen an Land spült, aber ich habe noch nie gesehen, daß einer so hoch auf das Ufer getragen wurde, bis er völlig auf dem Trockenen lag wie du. Wir dachten erst, die Beutereiter hätten dich im Vorüberreiten erschlagen.«
    »Weißt du, warum es Hunlis Leute so eilig hatten?« fragte Lauscher. »Sie preschten vorbei wie besessen.«
    »Ich weiß es auch nicht«, sagte Boschatzka. »Roschka und ich waren schon den ganzen Morgen flußaufwärts gepaddelt, und als wir dann etwa zu Mittag die wilde Jagd vorüberrasen sahen, und zwar aus der Richtung unseres Dorfes, da dachten wir, es habe wieder einmal einen Überfall gegeben. Deshalb wendeten wir unseren Kahn und fuhren zurück. Unterwegs haben wir dich dann aufgelesen. Aber das Merkwürdigste erfuhren wir erst hier bei unseren Leuten. Sie erzählten, am Vormittag seien Hunlis Reiter flußaufwärts aus der Steppe aufgetaucht und rasch herangeritten. Wahrscheinlich hatten sie im Sinne, wie schon so oft ein paar Sklavinnen zu fangen. Als sie schon fast die ersten Häuser erreicht hatten, fingen sie an, ihr übliches Kriegsgeheul auszustoßen. Im gleichen Augenblick bäumten sich ihre Pferde auf, machten kehrt und rasten davon, als habe sie etwas furchtbar erschreckt. Keiner von uns kann sich das erklären.«
    Lauscher hätte ihm sagen können, was die Pferde der Beutereiter zur Umkehr bewogen hatte, aber er behielt sein Wissen lieber für sich und sagte nur, daß auch er ein solches Verhalten sonderbar finde. Jedenfalls konnte er jetzt sicher sein, daß er den Steppenpferdchen nicht umsonst etwas vorgeflötet hatte. Dabei wurde ihm mit Schrecken bewußt, daß er keine Ahnung hatte, was aus seinen Packtaschen geworden war. Womöglich hatte der Wallach sie beim Schwimmen abgestreift oder der Fluß hatte ihren Inhalt herausgespült und damit auch seine Flöte, mit deren Hilfe er seine Aufgabe in Falkenor zu lösen hoffte. Er fragte Boschatzka, ob er wisse, wo sein Gepäck geblieben sei.
    »Das hängt draußen in der Sonne zum Trocknen«, sagte Boschatzka. »Wir haben nicht gewagt, die Taschen zu öffnen. Ich werde sie dir bringen, damit du nachsehen kannst, ob nichts verlorengegangen ist.« Er verließ die Stube und kam bald mit den Taschen zurück. Lauscher nahm sie ihm ab und trug sie hinüber zum Feuerplatz. Das Leder hatte sich voll Wasser gesogen, und sobald er den Verschluß geöffnet hatte, quoll ihm aufgeweichtes Brot entgegen, und auch das Dörrfleisch sah nicht mehr besonders appetitlich aus. Was er an Kleidern und Wäsche eingepackt hatte, war naß und zerknüllt, aber das Krüglein mit dem Traumsaft war unversehrt und noch fest verschlossen, und auch die Flöte war noch vorhanden. Er zog sie vorsichtig aus dem verklebten Zeug heraus und wischte sie mit einem Hemd trocken. Als er das Rohr auch von innen gesäubert hatte, setzte er es an den Mund und blies zur Probe ein paar Töne.
    Boschatzka war höflich beiseite geblieben, solange Lauscher seine Habseligkeiten sichtete. Jetzt jedoch kam er herüber zum Feuerplatz und fragte: »Bist du

Weitere Kostenlose Bücher