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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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bestimmten Familie kenntlich machen, denn da gab es eine Gruppe mit grünen Zopfbändern, deren Träger, soweit man das aus der Ähnlichkeit der Gesichtszüge schließen konnte, Brüder sein mußten, und nicht anders war es bei den Rot- oder Blaubezopften. Als die Reiter näher herantrabten, ließ sich dann auch erkennen, daß die aufgestickten Verzierungen auf ihren Kleidern je nach Zugehörigkeit zu einer Sippe bestimmte Motive bevorzugten. Bei den einen waren es Pferde, bei anderen Geier und wieder bei anderen Wölfe oder katzenartige Raubtiere. Schön sah das aus, wie diese gleichsam ins Dekorative veredelte Horde herantrabte, allen voran ein hochgeschossener Junge mit einem zwei Klafter hohen Speer, von dessen Spitze ein gewaltiger, mit Bändern in allerlei Farben geschmückter Roßschweif wehte, und einer der beiden Reiter, die ihm unmittelbar folgten, mußte Döli sein, den man den Lustigen Flöter nannte.
    Lauscher hätte ihn kaum wiedererkannt, wenn er nicht eine schön gedrechselte Flöte in der Hand gehalten hätte. Er hatte sich zu einem etwas korpulenten Mann ausgewachsen, um dessen Mundwinkel ein spöttisches Lächeln zuckte. In seine schon etwas graumelierten Schläfenzöpfe hatte er Bänder von allen möglichen Farben eingeflochten, was ihm nach Lauschers Meinung das Aussehen eines Narren verlieh, doch die Männer, mit denen er ritt, schienen ihn durchaus ernst zu nehmen, besonders jener schmale, dunkelhäutige Reiter neben ihm, in dem Lauscher erst nach einigem Zögern den jüngeren Sohn Belarnis erkannte. Er hatte Arnizzo als einen eher stillen Jungen in Erinnerung, der selten lachte und sich beiseite gehalten hatte, wenn seine beiden älteren Geschwister irgendwelchen Unsinn trieben, aber jetzt erschien er ihm völlig verwandelt, wie er fast übertrieben laut zu Dölis Späßen lachte und eine ähnlich spöttische Miene aufzusetzen versuchte wie sein Freund.
    Bis zu diesem Augenblick war Lauscher dieser farbenfrohe Auftritt wie ein Festzug fröhlicher junger Leute erschienen, doch jetzt rief Döli etwas und zeigte zum anderen Ende des Platzes, wo eine Gruppe von Männern aufgetaucht war, alle – wie auch die Junker – etwa zwischen zwanzig und vierzig Jahren alt, und sofort schien sich über den Bereich zwischen den Häusern eine fast unerträgliche Spannung zu legen. Die Leute, die eben noch draußen im Gespräch beieinander gestanden hatten, verabschiedeten sich hastig, gingen rasch auseinander und verschwanden zum größten Teil in ihren Häusern. Nur ein paar von ihnen blieben auf der Schwelle stehen, zwar bereit, ein sich anbahnendes Spektakel zu begaffen, aber auch schon auf dem Sprung, schnell die Tür hinter sich zu verrammeln.
    Inzwischen waren die Männer der anderen Gruppe auf den Platz hinausgetreten. Sie waren zu Fuß, boten aber in ihrer prächtigen Gewandung ein nicht minder farbiges Bild als die Reiterhorde. Was auf den ersten Blick auffiel, waren die schweren Goldketten, die jeder von ihnen über einem aus verschiedenfarbigem Tuch genähten Wams um die Schultern trug, und auch sonst baumelte allerlei goldener Zierat an ihren Kleidern. Gleichfalls von Gold waren die Gehänge ihrer langen Dolche, an deren Griffen kostbare Steine funkelten. Ihre Zugehörigkeit zur Zunft zeigte sich darin, daß sie jene Lederkappen, wie sie Goldschmiede bei ihrer Arbeit tragen, um das Haar zurückzuhalten, zu einem besonders prächtigen Kopfschmuck ihres Standes herausstaffiert hatten. Da blitzten kunstvoll geschmiedete, mit blutroten Almandinen und anderen Steinen besetzte Agraffen, an denen Büschel von Reiherfedern wie fremdartige Blüten wippten, und während die solcherart mit Kostbarkeiten behängten Zunftgenossen gemessenen Schrittes auf die Junker zugingen, erschien Lauscher das Spottwort von den Goldwänsten gar nicht mehr so unzutreffend, zumal man manchem dieser reichen Bürgersöhne recht deutlich ansehen konnte, daß er sich auch bei Tisch nichts abgehen ließ.
    Auch jener Sohn Belarnis, der als einer der vordersten mit dieser Gruppe ging, war eher breit gebaut, wenn auch keinesfalls beleibt, sondern eben nur kräftig. Azzo hatte sich nie Schläfenzöpfe wachsen lassen, doch sein etwas flachnasiges Gesicht verriet durchaus seine Herkunft, wenn er auch nicht so beutereiterisch aussah wie sein Bruder. Gelacht wurde nicht bei den Goldschmieden; sie schienen eher bemüht, eine würdige Miene zur Schau zu tragen wie Leute, die sich ihrer Bedeutung bewußt sind.
    Belarni hatte diesen Aufzug

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