Steine der Macht 2 - Die Zeitkorridore im Untersberg
Halskette. Wolf gab ihm einen ganzen Taler dafür und fragte: »Kann Er uns noch den Weg zu einem gewissen Herrn Mozart weisen? Der soll hier in der Nähe am Hannibalplatz wohnen.«
»Ja, der Mozart, der ist heuer im Januar zum Hofkapellmeister gekürt worden. Das ist einer der ganz wenigen, die dem Colloredo das Hinterteil zeigen können, ohne eingesperrt zu werden. Mozart hat sogar einen Spitznamen für den Fürsten, ›Mufti H. C.‹ nennt er ihn.« Der Wirt lachte bei diesen Worten. »Der Mozart hat fast den ganzen ersten Stock beim Raab Mitzerl gemietet. Ihr könnt das Gebäude nicht verfehlen. Geht einfach ein Stück flussabwärts und dann die erste Gasse rechts hinauf. Da ist dann der Hannibalplatz. Links steht das neue fürsterzbischöfliche Hoftheater und gegenüber auf der rechten Seite des Platzes ist das Haus, in dem der Hofkapellmeister wohnt. Ihr werdet es bestimmt finden.«
Die beiden verließen die Gaststube vom Lasserwirt und schlenderten gemächlich am Ufer der Salzach entlang. Der Hannibalplatz war wirklich leicht zu finden. Links war der imposante und fast neu aussehende Bau des Theaters.
»Das hat der Colloredo erst vor vier Jahren erbauen lassen«, erklärte Wolf.
»Woher weißt du das? In welchem Jahr befinden wir uns hier eigentlich?«, fragte Linda.
»Der Lasserwirt hat doch gesagt, dass Erzbischof Colloredo gerade seit sieben Jahren im Amt ist. Demnach müsste jetzt das Jahr 1779 sein. General Kammler hat ja übrigens auch davon gesprochen, dass der Zeitkorridor ins Jahr 1779 führen soll.«
Auf der rechten Seite des großen Platzes sahen sie das einstöckige Haus, in dem Mozart wohnen sollte. Sie gingen zu dem Eingang mit dem Rundbogentor. Dort stand eine ältere Frau, so um die sechzig Jahre. Wolf verbeugte sich. »Gott zum Gruß! Seid Ihr die Frau Anna Maria Raab?«
»Ja, Pater, die bin ich. Wen sucht Ihr?«
»Den Hofkapellmeister Wolfgang Amadeus Mozart. Es wurde uns berichtet, dass er in Eurem Hause wohnen soll.«
»Ja, Pater, das ist wahr. Der Mozart ist oben, er komponiert gerade, ich bitte Euch um Christi willen, lasst den Hitzkopf dabei in Ruhe, denn er wird fuchsteufelswild, wenn ihn jemand beim Musikmachen stört.«
»Habt Dank, Frau, und möge der Herr Euch segnen.«
Linda zupfte Wolf am Ärmel seiner Kutte. »Hörst du? Klaviermusik! Von dort oben.« Linda deutete aufgeregt auf ein offenes Fenster im ersten Stock.
Die beiden stellten sich unter das Fenster und lauschten fast andächtig der Musik, welche gut zu hören war. Plötzlich verstummte das Klavierspiel und ein junger Mann beugte sich schimpfend zum Fenster heraus. Der Bursche, mit braunem, glattem Haar und eher von kleiner Gestalt, zirka fünfundzwanzig Jahre alt, schaute grimmig zu den vermeintlichen Mönchen herunter und rief: »Ihr Pfaffenpack, geht zu Eurem Mufti beten, anstatt mir beim Fenster hereinzugaffen.« Nach diesen Worten zeigte er ihnen mit beiden Händen eine lange Nase und streckte seine Zunge heraus.
Linda nahm aus ihrer Kutte eine Mozartkugel heraus und warf sie mit Schwung über den unflätig schimpfenden Mozart in sein Zimmer.
Mozart verschwand vom Fenster und Linda glaubte schon, dass er sich über die mit Marzipan gefüllte Schokoladenkugel freuen würde. Stattdessen erschien er kurz darauf mit einem Nachttopf und schüttete diesen in hohem Bogen beim Fenster herunter und rief: »Verbrunzt Euch, Ihr Krähen, sonst setzt es was!«
Die zwei mussten rasch zur Seite springen, um dem Schwall, welcher da aus dem Fenster kam, auszuweichen.
»Ich glaube, das war’s«, meinte Wolf zu Linda, »Mozart hat zwar sehr gute Musik gemacht, aber Manieren hat der Lümmel keine. Komm, lass uns gehen. Wir könnten uns auch noch das Grabmal vom Paracelsus, von dem der Mönch erzählt hat, ansehen. Das ist nicht weit von hier.«
»Mozart war doch ein absolutes Genie. Seine Musik ist einfach unvergleichlich. Deshalb hab ich mir den Mozart eigentlich auch ganz anders vorgestellt«, seufzte die enttäuschte Linda beim Gehen.
»Das kommt davon, weil man ihn über Jahrhunderte hinweg glorifiziert hat. Heutzutage stellt sich doch jedermann einen freundlichen, lockigen jungen Mann vor.«
Sie gingen in Richtung der Dreifaltigkeitskirche weiter und dann, durch das gleichnamige Gässchen, zurück zur Linzergasse, wo sie nach wenigen Minuten vor der düsteren Sebastiankirche angelangt waren. Gleich hinter dem Eingang war auf der linken Seite das Grab des Paracelsus. Drei rote Kugeln waren im Wappen an der
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