Steine der Macht - Band 4
drei vor ihnen plötzlich von einer Sekunde auf die andere quasi in Luft auflösten. So einen Vorfall hat es ja vor zwei Jahren schon in der Cheops Pyramide gegeben, als Dr. Hamam noch die Ausgrabungen leitete. Damals durften dort aber daraufhin keine weiteren Untersuchungen mehr durchgeführt werden.
Das Unfassbare aber war diesmal, dass kurz nach dem Verschwinden der drei Leute ein seltsam gekleideter Mann aus dem besagten Gang herauskam. Er trug nur einen Lendenschurz und ein Kopftuch.
Er verstand unsere Sprache nicht. Weder auf Arabisch noch auf einen ägyptischen Dialekt reagierte der etwa dreißigjährige Mann. Und seine Worte, die er hastig ausstieß, konnte wiederum keiner von uns verstehen. Bevor wir uns richtig Gedanken über ihn machen konnten, rannte der Mann, der zudem barfuß war, in einem unglaublichen Tempo davon und verschwand schließlich inmitten der Menschenmassen im Basar von Giza.
Mir wurde rasch klar, dass in diesem Gang so eine Art Zeitportal sein musste. Und zwar funktionierte das nach irgendeinem Schema, welches wir aber nicht verstehen. Die nachfolgenden Forscher konnten schließlich ungehindert passieren. Der Mann mit dem Lendenschurz war demnach aus einer längst vergangenen Zeit durch dieses Portal in unsere Gegenwart gelangt. Schade, dass wir ihn aus den Augen verloren haben. Nach ihm zu suchen hätte aber in der zwanzig Millionen zählenden Stadt keinen Sinn gehabt. Sorgen mache ich mir nur um die drei Forscher, die wahrscheinlich ebenfalls in eine andere Zeit gelangt sind. Ich weiß nicht, ob wir sie jemals wiedersehen werden.“ Dr. Khaled nahm einen Schluck vom Karkadeh, dem ägyptischen Tee aus roten Blüten.
Wolf schaute nachdenklich auf seinen Gesprächspartner und meinte: „Bei uns in Österreich, am Untersberg, gibt es ähnlich Phänomene. Mit Linda habe ich schon mehrere Male ein solches Zeitportal durchschritten. Diese Portale auf dem Berg bringen einem jedoch nicht nur in eine andere Zeit. Nein, man gelangt durch sie auch an einen völlig anderen Ort, was bedeutet, dass es ein Raum-Zeit-Tor, ein sogenanntes Dimensionstor sein müsste. Diese Tore am Untersberg sind gottlob reversibel. Das heißt, wenn man wieder zurück durch das Portal geht, dann kommt man ohne Zeitverlust wieder an der Stelle und in der Zeit heraus, in welcher man hineingegangen ist. Möglicherweise ist das bei Ihnen hier in Giza ebenso? Dann müssten Sie bloß warten, bis Ihre Leute wieder herauskommen.“
„Wenn ihnen dort, wo sie hingelangt sind, nichts zugestoßen ist“, bestätigte Dr. Khaled. „Aber helfen können wir ihnen auch nicht. Ich würde jedenfalls keinem mehr raten, diesen Gang zu betreten.“
„Vielleicht sind Ihre Leute bei uns am Untersberg herausgekommen?“, witzelte Herbert, was ihm jedoch einen finsteren Blick seiner Frau Elisabeth einbrachte.
Dr. Khaled, der diesen Satz von Herbert durchaus ernst zu nehmen schien, erwiderte: „Denkbar wäre das sicherlich, trotzdem bin ich aber der Ansicht, dass dieses Portal, oder um was immer es sich dabei handeln könnte, nur einen Zeitsprung ermöglicht.“
Der Archäologe bestellte sich noch einen Karkadeh, wandte sich zu Wolf und fuhr fort:
„Die zweite Sache, von der ich Ihnen erzählen möchte, ist weniger dramatisch, dafür klingt sie für einen Altertumsforscher wie mich schon beinahe utopisch. Sie haben mir ja in einer E-Mail berichtet, dass Sie von Rassul, dem Gentleman-Grabräuber, blaue Kristall Prismen erhalten haben. Auch unsere Teams haben jetzt in Gräbern, oder genauer gesagt, in sehr alten Gängen unter den Grabanlagen einige dieser Prismen gefunden. Diese Kristalle bestehen, wie auch Sie bereits festgestellt haben, aus blauem Quarz. Blauen Quarz gibt es aber in der Natur nur extrem selten und hier im Umkreis von einigen Tausend Kilometern überhaupt nicht. Das würde in erster Linie die Frage aufwerfen, woher diese Prismen stammen. Die größere Frage liegt aber in deren Herstellung begründet. Ich bin recht gut vertraut mit der Handwerkskunst der alten Ägypter. Diese Leute haben vor Jahrtausenden mit sehr einfachen Werkzeugen Hervorragendes geschaffen. Denken Sie nur an die Goldmaske des Tutanchamun. Nicht zu vergessen die Schmuckstücke und die Grabbeigaben. Die Menschen damals verstanden sich auch auf das Zuschleifen von Edelsteinen, aber was diese Quarzprismen betrifft, so etwas kann niemals aus dieser Zeit stammen. Zumindest können die keinesfalls mit den Werkzeugen dieser Epoche hergestellt worden sein.
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