Steine der Macht - Band 4
kannte Wolf diesen Roman. Das war sozusagen sein Einstieg in die Bruderschaft gewesen. Erst durch dieses Werk wurde er dazu inspiriert, den geistigen Weg einzuschlagen. Damals, als Wolf das besagte Buch zum ersten Mal las, kam ihm alles ein wenig übertrieben mystisch vor. Darin wurden Dinge beschrieben, die es eigentlich nicht geben konnte. Aber jetzt, nach mehr als dreißig Jahren und aus heutiger Sicht, sah für Wolf die Sache schon anders aus. Aber was sollte dieser Roman mit der Aktivierung des Untersberges zu tun haben?
„Könnten Sie mir freundlicherweise ein paar Informationen dazu geben, denn ich verstehe den Zusammenhang noch immer nicht?“, fragte Wolf den Illuminaten verwirrt.
„Das ist doch ganz einfach“, antwortete Becker, „es geht darum, dass Sie die Aktivierung alleine nicht schaffen können, selbst wenn Sie doppelt so viele Fähigkeiten besitzen würden. Sie benötigen auch das weibliche Prinzip dazu, denn nur die Dualität in ihrer Vollkommenheit ist in der Lage, solche umwälzenden Prozesse auszulösen.“
Gebannt drückte Wolf das Handy an sein Ohr, nur um ja kein Wort Beckers zu versäumen.
„Denken Sie an Ihre Rosenkreuzerlehren. Die ‚Chymische Hochzeit des Christian Rosenkreutz‘ beschreibt das doch.“
Wolf antwortete erstaunt:
„Ja, aber dieses vor Jahrhunderten entstandene Manifest beschreibt doch eigentlich nur die Entwicklungszustände des Menschen bis zu seiner Vervollkommnung.“
„Sie haben schon recht, aber das ist nicht nur ein geistiges Gleichnis. Um auch in der rauen materiellen Welt etwas entscheidend verändern zu können, bedarf es ebenfalls zweier körperlich manifestierter Prinzipien, die in ihrem Zusammenwirken Großes vollbringen können.“
„Soll das etwa heißen, ich benötige dazu ein weibliches Wesen?“
Einen Moment lang herrschte Stille am Funktelefon, dann antwortete der Illuminat: „Ja, und zwar nicht irgendeines, sondern ein Wesen im Sinne der „Viola“ aus dem Roman Zanoni. Sie, das unbedarfte, einfache Mädchen, das weder von den geistigen Kräften noch von deren Prinzipien etwas wusste, hat mitgeholfen, die größte Kraft des Universums, nämlich die „Allmacht der Liebe“, zu aktivieren. Ich weiß, dass Sie mich jetzt verstehen.“
Wolf fuhr ein kalter Schauer von seinen Wangen ausgehend den Rücken hinunter. So hatte er es noch nie gesehen. Die Gleichnisse auf die materielle Ebene zu übertragen, das hatte ihm bei den Rosenkreuzern noch nie jemand so erklärt wie Becker eben.
„Und wie finde ich so eine „Viola“? Und wenn ich sie gefunden habe, wie weiß ich dann, ob sie es ist, die zur Aktivierung des Berges beitragen kann? Und wie soll das dann geschehen?“
Becker lachte. „Deswegen brauchen Sie sich jetzt keine Sorgen zu machen, Sie werden sie erkennen, denn sie trägt das Siegel der Isais. Es wird alles so verlaufen, wie es bestimmt ist, dessen können Sie gewiss sein. Hauptsache ist, dass Sie das Ziel im Auge behalten. Die Allmacht der Liebe wird mit Ihnen sein. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.“
Mit diesen Worten beendete Becker das Gespräch. Wolf hielt noch eine Weile das Handy fest an sein Ohr gepresst, so als würde ernoch auf weitere Worte Beckers warten. Aber er hatte dessen Erklärung verstanden und er würde sich von seinem Ziel nicht abbringen lassen.
Da fiel ihm ein, dass Becker ja schon vor längerer Zeit einmal zu ihm gesagt hatte, dass Claudia bereits das Zeichen der Isais trage. Was meinte Becker damit? Er hätte ihn danach fragen sollen.
Das könnte bedeuten, dass Claudia diejenige sein musste, die zur Aktivierung des Untersberges beitragen würde. Jetzt konnte Wolf seine Neugier nicht mehr im Zaume halten. Er rief kurzerhand bei ihr an und fragte vorsichtig:
„Claudia, das Isais-Zeichen, der Blitz, welcher sich auf deinem Ring befindet, hast du das schon früher irgendwo gesehen?“
„Ja freilich“, antwortete sie, „ich habe mir ein ganz kleines Tattoo hinten auf die rechte Schulter machen lassen. Einen Isais-Blitz in den Farben Schwarz und Silber.“
Wolf war erstaunt. „Wann war das und weshalb gerade den Isais-Blitz?“, fragte er weiter.
„Das habe ich mir im vorigen Herbst tätowieren lassen. Ich verspürte einfach einen starken Drang, dieses Zeichen etwas versteckt auf der Schulter zu tragen, ich werde es dir bei unserer nächsten Zusammenkunft zeigen“, erwiderte sie in ihrer natürlichen Art.
Nach diesem Telefonat war ihm klar, dass Claudia die Person sein musste, von der
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