Steine der Macht - Band 4
Becker gesprochen hatte. Wie Viola in Bulwer Lyttons Roman „Zanoni“. Erfrischend offen und ehrlich und von einer Art, die heutzutage selten anzutreffen war. Würde Claudia dabei mithelfen, den Untersberg zu aktivieren? Interessanterweise trug sie auch stets den Isais-Ring, den sie damals beim Ritual zur Wintersonnenwende erhalten hatte, an ihrem Finger. Ja, so musste es sein. Claudia war also die Viola, das weibliche Wesen, das mithelfen würde, den Berg zu aktivieren.
Sollte er ihr das alles sagen? Wie würde sie reagieren, möglicherweise könnte sie meinen, dass er verrückt sei. Aber dem war nicht so. Claudia hörte Wolf ruhig zu, als er ihr am Telefon erzählte, was er vermutete.
„Gerne werde ich dir helfen, wenn es in meiner Macht steht“, antwortete die junge Frau in ihrer herzlichen Art.
Wusste sie eigentlich, worauf sie sich dabei einließ? Konnte sie überhaupt ahnen, welche Abenteuer mit der Aktivierung des Untersberges da noch verbunden waren?
„Ich werde dir Bescheid geben, wenn ich Näheres darüber weiß“, verabschiedete sich Wolf. Irgendwie hatte er Angst, diese junge Frau in eine Angelegenheit hineinzuziehen, von der er selbst nicht einmal wusste, was dabei geschehen würde. Insgeheim hoffte er, dass ihm Becker weitere Anweisungen geben würde.
Dann kam der entscheidende Anruf des Illuminaten. Becker wollte sich mit Wolf und auch mit Claudia treffen. Bei dieser Zusammenkunft würde er ihnen letzte wichtige Details kundtun.
Sie trafen sich im Untersbergwald, direkt bei den alten Römersteinbrüchen. Das war eine Stelle, zu der Claudia schon seit jeher eine besondere Beziehung hatte. Immer wieder zog es sie zu diesem mystischen Ort, an dem schon vor fast zweitausend Jahren die Römer den Marmor abbauten.
Becker wartete bereits bei der kleinen Kapelle neben dem alten Brunnen. Man konnte meinen, dass er ein Wanderer war, der im Untersbergwald herumstreifte. Claudia sah Becker das erste Mal, doch ihr schien es, als kannte sie den Illuminaten schon seit Ewigkeiten. Er führte die beiden entlang eines kleinen Bachlaufes am Fuße des Steinbruchs in den Wald, wo ein großer, umgestürzter Baum lag, auf welchem sie sich niederließen. Becker wandte sich zuerst an Wolfs Begleiterin: „Sie, Claudia, wollen also Wolf dabei behilflich sein, den Aktivierungsprozess des Untersberges auszulösen? Sind Sie sich dessen bewusst, dass es sich dabei um eine Angelegenheit mit nachhaltigen Folgen für die ganze Menschheit handelt? Sie wurden bereits vor sehr langer Zeit für Ihre Aufgabe ausgewählt und tragen nicht nur den Ring der Isais an Ihrem Finger, sondern Sie haben auch das Siegel der Isais an Ihrer Schulter.“
Wolf hörte aufmerksam zu, was Becker da zu Claudia sagte. Claudia wäre bereits vor langer Zeit ausgewählt worden? Das verstand er zwar nicht ganz, aber Becker hatte ja noch mehr zu erzählen.
„Sie beide“, meinte der Illuminat zu Claudia gewandt, „sind weitgehend frei von Machtgelüsten und Habgier. Deshalb ist es Ihnen auch möglich, in die große Halle im Untersberg zu gelangen. Dieser Raum wurde vor langer Zeit schon als „Halle der Erkenntnis“ bezeichnet. Dort befindet sich die goldene Kugel. Diese Kugel wird auch das Symbol für das ‚Neue Zeitalter‘ sein. Sie beide müssen, wenn Sie bis zu der Kugel vorgedrungen sind, diese gleichzeitig mit Ihren Händen berühren. Damit aktivieren Sie den Umwälzungsvorgang. Sie werden dort im Berg allerlei interessante Dinge sehen, durch welche Sie sich jedoch nicht ablenken lassen dürfen.“
Erstaunt blickte Claudia den Illuminaten an. Das klang doch alles ähnlich wie in der Gralssage. Auch dort konnten nur ausgewählte Menschen, die reinen Herzens sein mussten, den Gral für sich gewinnen.
Becker richtete sein Wort nun an Wolf: „Erinnern Sie sich, als Sie vor Jahren in Tunesien von dem Imam in Kairouan vor der „Straße der Versuchung“ gewarnt wurden? Da lagen links und rechts des Weges Tausende kleine Kalzitkristalle, die wie Diamanten funkelten. Fast jeder Durchreisende hielt dort an, um seine Taschen mit diesen vermeintlichen Kleinodien zu füllen. Nur wenige konnten der Versuchung widerstehen. Auch im Untersberg, in der Halle der Erkenntnis, ist dies ähnlich. Nur liegen dort keine Kalzitkristalle, sondern dort befinden sich andere Dinge von unschätzbarem Wert. Sie dürfen sich davon nicht ablenken lassen, das gilt auch für Sie“, dabei blickte er Claudia ernst an. „Sie müssen in jedem Fall Ihr Ziel im Auge
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