Steine der Macht (German Edition)
Duty Free Shop am Airport besorgte, spülte nicht nur ihre Angst, sondern auch den Sand, den beide mittlerweile im Mund hatten, hinunter.
Nach Mitternacht hörte der Sturm ebenso plötzlich auf, wie er gekommen war. Auch die Wolken hatten sich wieder verzogen. Gespenstische Stille, ein mit Sternen übersätes Firmament und das gleißende Mondlicht verwandelten die soeben noch tosende, finstere Nacht in ein Szenario, welches die zwei noch nie in ihrem Leben gesehen hatten. Es war wie in einem Märchenland, ähnlich einer Winterlandschaft, aber fernab jeder Zivilisation, ja wie auf einem fremden Planeten. Zahllose große, weiße Gebilde ragten in der Wüste empor und warfen im Mondlicht bizarre Schatten. Fast andächtig schauten beide aus dem Fenster des Wagens.
„Beweg dich nicht, halte dich ganz still“, Wolf versuchte, diese Worte in ruhigem Ton zu sagen. Linda, nur halb wach, erschrak aber trotzdem. Mit einer raschen Bewegung öffnete Wolf die Hecklappe des Geländewagens von innen und streifte einen großen schwarzen Skorpion von Lindas Fuß, der in weitem Bogen zum Wagen hinausfiel.
„Das hätte schlimm ausgehen können, wir sind anscheinend die halbe Nacht mit dem Skorpion hier im Wagen gelegen.“ Linda, die das Tier gar nicht bemerkt hatte und sich der Gefahr auch nicht bewusst war, scherzte:
„Der wollte es eben auch warm haben.“
Am nächsten Morgen gab es Frühstück und Abdul war sichtlich erheitert, als Wolf ihm sagte, dass sie sich um ihn Sorgen gemacht hätten.
„Von wegen Sandsturm, das war doch nur ein kleiner Wind gewesen, so etwas gibt’s hier immer“, meinte er. Bei einem richtigen Sturm wäre der Landrover am nächsten Morgen vermutlich nicht mehr zu sehen gewesen. Mit einem „Hamdulillah“, was so viel wie „Gott sei Dank“ bedeutete, goss er den Pfefferminztee in die mit Wüstensand ausgeriebenen Becher.
Nach dem ausgiebigen, arabischen Frühstück wurde das Lager abgebaut und nach einigen Stunden Rückfahrt erreichten sie die Oase Farafra. Ein kleines Dorf, sechshundert Kilometer von Kairo und fast achthundert Kilometer von Luxor entfernt. Die heiße Dusche im einzigen Hotel war eine echte Wohltat nach dieser eisigen, sandigen Nacht. Nach dem Essen wollte Wolf den Künstler Ali Moghny Abdul Bard besuchen. Dieser Mann sollte sehr schöne Kunstwerke aus Stein anfer-tigen, hatte er gelesen.
Kapitel X – Der Künstler Bard
Abdul brachte die beiden mit dem Landrover zum Haus des Bard. Es war ein Gebäude mit vielen Treppen, Kammern, Gängen und überall waren die Exponate des Künstlers ausgestellt. Bard war ein bärtiger, gebildeter Mann in mittleren Jahren und arbeitete wie ein Bildhauer mit Steinen, er malte aber auch Bilder. Seine Exponate waren weit bekannt und er hatte sogar schon Ausstellungen in Europa. Bard suchte sich seine Steine selber in der Wüste und kam aus diesem Grunde in sehr entlegene Teile dieser schon so einsamen Gegend.
Bis in die „Große Sandsee“, die riesige Wüste an der libyschen Grenze, brachten ihn seine Fahrten. Als er sah, dass Wolf und Linda Interesse für seine Werke zeigten, war er offenbar nicht so sehr aufs Verkaufen aus, sondern fing zu erzählen an.
Bard schilderte, wie er seine Steine aussuchte, wo sie zu finden waren und welche Eigenschaften sie hatten. Er sah die Steine als etwas Lebendiges an und schrieb ihnen bestimmte Eigenheiten und Wirkungen zu. Die Kunstwerke, welche er geschaffen hatte, waren wirklich von einer Ausdruckskraft, welche direkt auf die Psyche des Menschen einwirkte. Schnell bemerkte er, dass die zwei ihn zu verstehen schienen, und lud sie mit arabischer Gastfreundschaft zum Abendessen ein. Seine Frau hatte mittlerweile Feuer in einer Art offenen Kamin entfacht und sie setzten sich alle um einen sehr niedrigen, runden Tisch auf dicke Polster am Boden.
Wolf erzählte Bard von seinen Steinen zu Hause. Seit Jahren sammelte er geschliffene Edelsteine und konnte Bard nur bestätigen, dass diese Kristalle, ob Saphir, Rubin und Diamant oder Amethyst und Topas, eine starke Wirkung auf manche Menschen hatten. Bard bemerkte, dass er es mit einem Gleichgesinnten zu tun hatte, und es freute ihn jetzt offensichtlich, dass ihn die beiden besucht hatten.
Wolf fragte ihn, ob er auf seinen Fahrten in die „Große Sandsee“ auch schon das berühmte Wüstenglas gesehen hätte. Bard stand wortlos auf, ging zu einer Truhe und nahm zwei Stücke dieses extrem seltenen Meteoritenglases heraus. Das seien
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