Steine der Macht (German Edition)
Osiris-Statue zu Hause in der Vitrine stehen und auch ein runder, schwarzer Stein aus der Cheops-Pyramide liegt davor. Der Alte hat das eben gespürt, der hat eben einen Sinn für wahre Größe.“
„Sei nicht so eingebildet! Aber das mit der Größe stimmt eigentlich, wenn man deinen Bauchumfang ansieht“, konterte Linda etwas zynisch.
Am folgenden Abend erreichten sie dann nach einer endlos langen, eintönigen Fahrt über menschenleere Pisten die „Weiße Wüste“. Bei einer Polizeistation am Rande der letzten Oase wartete bereits ein vor Tagen bestellter Geländewagen auf sie. Das Gepäck wurde umgeladen. Mit dem Allradfahrzeug ging es nun tief in dieser einen Mondlandschaft gleichenden Gegend hi-nein. Haushohe, von der Natur geschaffene Skulpturen in gleißendem Weiß und riesigen Pilzen ähnelnd standen da in großer Zahl. Manche der Kalkfelsen glichen Tieren oder menschlichen Köpfen. Pausenlos klickte Wolfs Kamera. Nach etlichen Stunden Fahrt durch dieses Wunderland hielt der Fahrer den Wagen an und begann, das Nachtlager aufzuschlagen. Sie sollten in dieser Wüste unter freiem Himmel schlafen. Der auf-gehende Mond sah riesig und unwirklich aus. Wolf wollte sich die Landschaft in aller Ruhe ansehen.
„Ich weiß, dass Wölfe den Vollmond anheulen“, sagte Linda zu Wolf, der oben auf einem Kalkfelsen, abseits des Lagers, saß und in die hereinbrechende Nacht schaute, „aber du könntest jetzt von deinem Felsen zu uns herunterkommen, Abdul hat das Essen fertig.“
Wolf stieg hinunter zum Lager, er blickte argwöhnisch auf Abdul, der gerade den Topf vom Feuer nahm und auf die am Sand ausgebreitete Matte stellte. „Gott sei Dank, dass es schon dunkel ist und dass wir Hunger haben, da siehst du wenigstens nicht, was du isst, und es schmeckt trotzdem gut.“
„Ich weiß, hast du übrigens den Kunststoffkanister mit der braunen Brühe dort drüben gesehen?“, fragte Linda und wollte damit Wolfs Appetit etwas zügeln. Weniger essen würde ja seiner Linie kaum schaden.
„Ja, warum? Ist das nicht der Reservekanister mit dem Dieseltreibstoff?“, fragend schaute Wolf Linda an.
„Nein, das sieht bloß so aus, das ist das Wasser für den Tee, den wir gerade trinken“, gab sie mit gespielter Gelassenheit zurück. Er verzog keine Miene, der Pfefferminztee war schließlich gut. Das Lagerfeuer gab seinen wärmenden Schein und als er nach dem Essen noch etwas Mineralwasser zu trinken haben wollte, fiel dem ägyptischen Fahrer ein, dass er die Flaschen in der Oase vergessen hatte. Mittlerweile war es stockdunkel geworden, da heranziehende Wolken den Vollmond verdeckten. Abdul wusste angeblich, wo andere Geländewagen standen, und machte sich auf den Weg in die Wüste, um Wasser zu holen. Lampe hatte er keine dabei. Schon nach wenigen Schritten hatte ihn die Dunkelheit verschlungen. Linda wurde es nun doch etwas mulmig zumute. Von Skorpionen und Schlangen hier in der Wüste wurde ja immer wieder berichtet. Hörte man da nicht ein Heulen von irgendwoher? Ja, es sollte Schakale geben, Goldschakale, denen der altägyptische Gott Anubis nachempfunden war. Wolf nahm noch etwas heißen Pfefferminztee vom Feuer, als das schaurige Geräusch abermals zu hören war. Nun rückte Linda, welche ansonsten absolut nicht furchtsam war, doch näher an Wolf heran. Und wieder hörten sie etwas, aber diesmal klang es wie ein Pfeifen und Zischen. In der nächsten Minute wussten sie, was es war. Ein Sandsturm! Binnen kürzester Zeit konnte keiner der beiden mehr die Augen offenhalten. Der Sand war überall. Würde Abdul bei diesem Sturm und in absoluter Dunkelheit überhaupt noch zurückfinden? Der Zündschlüssel des Landrover steckte. Aber wo sollte man den armen Kerl am nächsten Morgen suchen, falls der Sturm bis dahin überhaupt aufgehört hatte?
So rasch als möglich wurde die Ladefläche des Fahrzeugs zu einer Schlafstätte umgebaut. Sie hielten sich jetzt Tücher vor den Mund, denn das Atmen war bei diesem Sandsturm fast nicht mehr möglich.
Linda hatte sich einen Pashmina-Schal um den Kopf geschlungen und war von einer Beduinenfrau kaum mehr zu unterscheiden. Nur an den blitzblauen Augen, welche durch den schmalen Schlitz zu sehen waren, konnte man Linda erkennen.
Der Wind hatte das Feuer ausgeblasen und es war völlig dunkel, als Abdul nach einer Stunde mit sechs Flaschen Mineralwasser wieder beim Fahrzeug auftauchte. Linda saß mit Wolf im Landrover und ein Schluck aus der Whiskyflasche, welche Wolf jedes Mal aus dem
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